Die Online-Gründung der GmbH in der Praxis (DiRUG)

Im aktuellen Heft der NZG (NZG 2021, 1093) ist ein Aufsatz von Heribert Heckschen und Ralf Knaier erschienen, der die Neuerungen für die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts behandelt. Zunächst wird dargestellt, wie sich die Digitalisierung schon bei den Handelsregistern und den Notaren, die hier Vorreiter sind, auswirkt. Der Beitrag stellt auch ausführlich dar, in welchem Umfang bisher schon elektronischer Rechtsverkehr stattfindet und durch den Notar die Daten aufbereitet werden, die dann letztlich in 95 % der Fälle von den Handelsregistern bestätigt und eingetragen werden.

Die Europäische Union hat es sich zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts weiter voranzutreiben. Aufgrund dessen trat 2019 die Digitalisierungsrichtlinie in Kraft, die nun zum 01. August 2022 in Deutschland umgesetzt wird.

Neben das Präsenzverfahren zur Gründung einer GmbH tritt jetzt die Online-Gründung. Dieses Verfahren ist allerdings nur für die Gründung der GmbH und der UG (haftungsbeschränkt) eröffnet, nicht aber für andere Rechtsformen, wie bspw. die Aktiengesellschaft, Personen(handels)gesellschaften etc.

Das neue Verfahren ermöglicht nur die Bargründung einer GmbH / UG (haftungsbeschränkt). Jegliche Formen der Sachgründung sind nicht erfasst. Würde also bspw. die Bargründung mit einer Sachgründung kombiniert werden, weil einer der Gesellschafter eine Sacheinlage zu erbringen hat, ist dies nur möglich durch eine Kombination von Online-Verfahren und Präsenz-Verfahren.

Im Rahmen der Online-Gründung kann neben dem Errichtungsakt und der Feststellung der Satzung auch bspw. die Bestellung der Geschäftsführer mit erledigt werden, die Gesellschafterliste online unterzeichnet werden sowie die Übernahme des Kapitals erklärt werden.

Umstritten ist, ob eine Bargründung mit Sachagio in diesem Verfahren zulässig ist. Klar ist jedoch, dass eine Online-Beurkundung unwirksam wäre, wenn die Einbringung des Sachagios ihrerseits die notarielle Beurkundung erfordert, weil z.B. das Sachagio in Geschäftsanteilen an einer GmbH oder in Immobilien besteht. Teilweise wird in der Literatur jetzt gefordert, dass nur ein sog. kooperatives, in der Satzung festgelegtes Agio im Rahmen des Online-Verfahrens mit beurkundet werden kann, während ein rein schuldrechtliches Agio für die Beurkundung in diesem Online-Verfahren nicht zulässig wäre.

Nach ganz h.M. können Beteiligungsverträge nicht im Online-Verfahren mit beurkundet werden. Auch anderweitige Gründungsvorgänge, wie z.B. nach dem Umwandlungsgesetz, durch Verschmelzung / Spaltung zur Neugründung oder durch einen Formwechsel, eine Anwachsung, die zum Entstehen einer Gesellschaft führt, sind ebenso unzulässig wie eine grenzüberschreitende Sitzverlegung im Online-Verfahren.
Werden im Gründungsverfahren noch Änderungen vorgenommen, die sofort wirksam werden sollen, ist dies auch online möglich, wie z.B. die Veränderung des Kapitals, die Veränderung der Personen, die am Gründungsvorgang teilnehmen oder sogar der Weg von der GmbH in die UG (haftungsbeschränkt) im Rahmen des Gründungsverfahrens. Unzulässig wäre es allerdings, wenn sich derartige Änderungen erst aufschiebend bedingt mit der Eintragung der GmbH ins Handelsregister ergeben sollen. Für solche Änderungen ist ausschließlich das Präsenzverfahren vorgesehen.

An dieser Online-Gründung können sowohl natürliche als auch juristische Personen des inländischen und ausländischen Rechts teilnehmen. Die Zahl der Personen ist nicht beschränkt. Allerdings ergibt sich für natürliche Personen eine Begrenzung dadurch, dass diese sich sowohl bei der Eröffnung des Verfahrens als auch während der Beurkundung durch einen eID-fähigen Ausweis legitimieren müssen. Dies ist derzeit nur einem Teil der EU-/EWR-Bürger möglich, während ausländische Staatsangehörige anderer Länder allenfalls dann beteiligungsfähig sind, wenn sie in Deutschland einen Aufenthaltstitel haben und über einen entsprechenden eID-fähigen Aufenthaltsausweis verfügen.

Auch juristische Personen können sich am Gründungsvorgang beteiligen. Hier ergeben sich erhebliche Probleme bei der Prüfung, ob die juristische Person tatsächlich existiert und wer sie vertritt.
Die Teilnahme von Bevollmächtigten ist zulässig, wirft aber ebenfalls erhebliche Probleme auf, weil unumstritten ist, dass die Vollmacht, ggf. mit Apostille oder Legalisation, im Original oder in Ausfertigung dem Notar in Papierform vorliegen muss.

Zuständig für das Online-Verfahren ist der Notar, in dessen Amtsbezirk sich der Sitz der Gesellschaft befindet oder aber einer der Gesellschafter seinen Wohnsitz hat. Nur ganz ausnahmsweise darf der Notar darüber hinaus tätig werden, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den Beteiligten besteht. Die Verletzung der Zuständigkeitsregelungen löst allerdings keine Unwirksamkeit des Gründungsvorgangs aus.

Ralf Knaier und Heribert Heckschen stellen in ihrem Beitrag auch ausführlich dar, wie das technische Verfahren bewerkstelligt wird. Hier hat die Bundesnotarkammer eine Videoplattform entwickelt, die ausschließlich für dieses Verfahren zulässig ist. Notare dürfen also eine derartige Online-Beurkundung nur über die Nutzung dieser Plattform durchführen. Zunächst müssen sich die Beteiligten registrieren und schon bei diesem Vorgang ihren Ausweis einscannen lassen. Es kann dann vor der Beurkundung auch im digitalen Weg kommuniziert werden. Beim Beurkundungsvorgang selber identifizieren sich die Beteiligten zunächst über ihren Ausweis und dann im Rahmen der Videobeurkundung durch die Inaugenscheinnahme durch den Notar. Die Beteiligten müssen während der Online-Beurkundung sowohl sichtbar als auch hörbar sein. Würden sie insoweit die Kamera ausstellen oder die Tonfunktion auf stumm schalten, müsste die Beurkundung sofort unterbrochen oder ggf. abgebrochen werden. Am Ende wird die Urkunde elektronisch unterzeichnet, wobei die Unterzeichnung durch den Notar entscheidend ist, der sodann die Daten auch elektronisch weitergibt.

Das gesamte Verfahren ist eine Option für die Beteiligten und es wird ab dem 01. August 2022 spannend werden, in welchem Umfang dieses Verfahren in der Praxis Bedeutung gewinnen wird.

 

Quelle:

Heckschen/Knaier, NZG 2021, 1093

 

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