"Die GmbH-Gründung 10 Jahre nach dem MoMiG - Eine Bestandsaufnahme"

Abstract

"Eines der Ziele des MoMiG war es, die GmbH-Gründung zu vereinfachen, unnötige Gründungshemmnisse zu beseitigen und das Eintragungsverfahren zu beschleunigen. 10 Jahre später haben sich die meisten der Regelungen in der Praxis bewährt. Teilweise muss man konstatieren, dass Regelungen, wie z.B. die mit § 9c GmbHG normierte eingeschränkte Prüfungspflicht des Handelsregisters bei der Sachgründung, keine Bedeutung in der Praxis erlangt haben."

 

Fazit

"Mit dem MoMiG hat der Gesetzgeber die Gründung der GmbH in vielen Bereichen vereinfacht und es darf festgestellt werden, dass sich die Registereintragungen in Verbindung mit dem Gesetz über das elektronische Handelsregister (EHUG) in ganz Deutschland enorm beschleunigt haben. In der Regel ist eine GmbH, wenn der Antrag des Notars bei Gericht eingeht, innerhalb von wenigen Tagen eingetragen.

Die jetzigen Regierungsparteien haben sich allerdings im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Gründung der Gesellschaft zu beschleunigen und sog. One-Stop-Gründungen zu ermöglichen. Die sog. Online-Gründung war schon zu Zeiten des MoMiG ein Thema und ist es jetzt auch angesichts der Forderungen der EU im Rahmen des Company Law Package wiederum. Es soll im Zeitalter der Digitalisierung und insoweit EU/EWR-weit eine Online-Gründung ermöglicht werden. Der in diesem Paket befindliche Richtlinienentwurf zur Änderung der Richtlinie 2017/1132/EU über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts regelt den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht. Es ist zu begrüßen, dass dem Gründer, der sich über seine unternehmerischen Interessen im Klaren ist, diese wohl überlegt hat, juristisch beraten ist und keine dubiosen Interessen verfolgt, keine unnötigen Steine in den Weg gelegt werden. Gründungsverfahren, bei denen z.B. der Gründer online über den Notar gründet, sind dann unproblematisch, wenn die Identifizierung des Gründers in gleicher Qualität erfolgt, wie dies heute der Fall ist. Es ist allerdings bedenklich, dass derartige digitalisierte Online-Gründungen gefordert werden, ohne dass die Identifizierungsproblematik rechtssicher geklärt ist. Wäre es z.B. möglich, dass derjenige, der über den Notar gründen will, sich authentifizieren lässt und dann bei der Gründung wiederum per elektronischem Personalausweis sowie z.B. im Rahmen einer Videokonferenz identifiziert und ihre Geschäftsfähigkeit festgestellt werden kann, so sprechen – vorausgesetzt, die technischen Voraussetzungen sind vollständig geklärt – gegen diese Verfahren keine Aspekte, sondern sie würden den Beteiligten, die den Gang zum Notar, Belehrung und Beratung nicht persönlich entgegennehmen wollen, das Verfahren erleichtern.

Die Diskussion zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts darf nicht, wie dies derzeit überraschenderweise geschieht, losgelöst von den Forderungen nach verschärfter Transparenz und den Forderungen, Geldwäsche wirkungsvoller zu begegnen, geführt werden. Verfahren allerdings, die lediglich darin bestehen, dass sich ein Beteiligter z.B. Zugangsdaten bei einer berechtigten Stelle gegen Identifizierung aushändigen lässt und sie dann selber oder durch Dritte benutzen kann und noch nicht einmal sichergestellt ist, dass sie nach seinem Tod oder bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit nicht von Dritten weiterbenutzt werden, sind in keiner Weise geeignet, den derzeitigen Standard zu sichern. Gleiches gilt für Überlegungen, bei denen die Beteiligten nur ihre Ausweise einscannen und übermitteln müssen. Es ist überraschend, mit wie wenig Tiefe diese Diskussion geführt wird. Erheblichen Bedenken begegnen Gründungsszenarien, bei denen der Gründer keine natürliche Person ist, sondern eine juristische, oder sich bei der Gründung vertreten lässt. Soll dann z.B. bei juristischen Personen aus anderen Ländern der EU/des EWR, bei denen es sich nicht selten um verschachtelte Konstruktionen mit mehreren Briefkastengesellschaften handelt, nur anhand von gescannten Unterlagen geprüft werden, ob diese existieren und richtig vertreten sind? Soll eine Prüfung gänzlich unterbleiben? Auch die Sachgründung als höchst komplexer Gründungsvorgang muss von der Online-Gründung ausgeschlossen sein. Ohne die vorgelagerte notarielle Kontrolle der Existenz und Vertretungsberechtigung der Handelnden sowie des Sachgründungsvorgangs wird Missbrauch geradezu gefördert und die Handelsregister werden massiv belastet. Die Filter- und Entlastungsfunktion der Notare darf hier nicht unterschätzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass diese Problematik dem Gesetzgeber, aber auch der EU verstärkt näher gebracht werden kann und technische Wege entwickelt werden, die unter zwingender Einschaltung eines beratenden Dritten dazu führen, dass ein rechtssicheres Gründungsverfahren sichergestellt wird.

Der Einsatz von Mustern/Templates bei der Gründung von Mehrmanngesellschaften ist abzulehnen. Die sich später ergebenden Rechtsstreitigkeiten würden die Gerichte und die Volkswirtschaft belasten. Im Weiteren muss die Identifizierung und Filterfunktion sowie die materielle Richtigkeitsgewähr, die die notarielle Mitwirkung bietet, auch für alle weiteren Maßnahmen im Lebenszyklus der Gesellschaft gewährleistet sein und nicht nur – wie es die derzeitige Fassung des Richtlinienentwurfs annehmen lassen könnte – nur bei der Gründung (vgl. Art. 13f Abs. 2–4 und Art. 13i Abs. 1 RL-Entwurf)."

 

 

Quelle: 

Autor: Prof. Dr. Heribert Heckschen
Fundstelle: GmbHR 2018, 1093

 

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