Abschluss und Abwicklung des Bauträgervertrags während der Corona-Krise

10.05.2020

 

Angesichts der Hochkonjunktur der Immobilienwirtschaft bis März 2020 erfreuten sich auch Bauträgerverträge einer großen Beliebtheit. Die Krise wirft mit Rücksicht auf bereits abgeschlossene, aber auch auf noch abzuschließende Bauträgerverträge Fragen auf.

Welche Verträge sind betroffen?

Als Bauträgerverträge werden solche Vereinbarungen bezeichnet, die eine Kombination aus Kauf- und Werkvertrag sind und zum Gegenstand den Verkauf eines noch nicht errichteten Neubaus oder eines zu sanierenden Neubaus haben. Gegenstand ist entweder das gesamte Gebäude oder aber – häufiger – eine zu errichtende oder zu sanierende Wohnungseigentumseinheit (→ Wohnungseigentümerversammlung). Die Regelungen zum Bauträgervertrag werden auch entsprechend angewandt, wenn der Veräußerer nicht das Gebäude mit errichtet, aber zum Beispiel die Erschließung herstellt. Auch hier geht es um das gleiche Ziel, das der Gesetzgeber in der sog. Makler- und Bauträgerverordnung verfolgt: Es sollen Vorleistungen des Käufers vermieden werden. Darüber hinaus werden die Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung und auch zum Bauträgervertrag als solchem entsprechend angewandt, wenn der Vertrag einerseits die Veräußerung der Immobilie und andererseits die Errichtung / Sanierung der Immobilie durch einen anderen Beteiligten (Bauunternehmen) zum Gegenstand hat.


Auswirkungen der Corona-Krise auf die Vertragsgestaltung

In der Pandemiesituation können sich vor allem die folgenden Probleme ergeben, denen man bei der Vertragsgestaltung wie folgt begegnen kann:

Entgegennahme von Zahlungen durch den Bauträger / Allgemeine Fälligkeit

Nach § 3 Abs. 1 MaBV darf ein Bauträger Leistungen / Zahlungen des Käufers nur entgegennehmen, wenn sog. allgemeine Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört zunächst, dass der Vertrag rechtswirksam ist, was nicht selten von der Erteilung behördlicher Genehmigungen, z.B. nach dem Grundstücksverkehrsgesetz, selten auch nach der Grundstücksverkehrsordnung, von einer sanierungsbehördlichen Genehmigung oder anderen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen abhängig ist. Durch die Pandemie bedingt haben sich die Laufzeiten bei den Behörden teilweise verzögert. Darüber hinaus muss für den Erwerber im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen sein. Es ist nach einhelliger Auffassung nicht ausreichend, wenn nur der Eintragungsantrag für die Vormerkung gestellt ist und der Notar bescheinigt, dass der Eintragung nichts im Wege steht (→ Rangbescheinigung). Darüber hinaus muss die Baugenehmigung vorliegen und die Freistellung des Objektes unter den Voraussetzungen der MaBV gesichert sein. Liegen diese allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen nicht vor, so darf auch bei fortgeschrittenem Bautenstand keine Zahlung entgegengenommen werden. Hier bietet § 7 MaBV allerdings eine Hilfe, auf die man in der Vergangenheit häufig verzichtet hat: Stellt der Bauträger eine Bankbürgschaft zur Absicherung der Rückzahlungsansprüche, so darf er abweichend von § 3 MaBV Zahlungen entgegennehmen. Es empfiehlt sich also, für künftige Vertragsabschlüsse diese Option mit aufzunehmen und es ist zu überprüfen, ob dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Laufzeiten bei den Behörden oder auch beim Grundbuchamt sich verzögern, im Nachhinein durch einen Nachtrag in den Bauträgervertrag noch die Möglichkeit aufzunehmen ist, dass die allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen auch durch die Vorlage einer Bürgschaft nach § 7 MaBV kompensiert werden können. Die Bürgschaft kann allerdings nach allgemeiner Auffassung nicht den fehlenden Baufortschritt kompensieren. Kann also der Bauträger den Bau nicht so wie geplant vorantreiben, darf er Gelder des Käufers nicht vor Eintritt des entsprechenden Baufortschritts entgegennehmen. Die Bereitstellung einer Bürgschaft nützt hier nichts.

Einhaltung der Fertigstellungsfrist und Anforderungen an Dokumentation bei Berufen auf höhere Gewalt

Bauträgerverträge müssen eine → Fertigstellungsfrist enthalten. Die derzeitige Pandemiesituation kann auch nach Auffassung des Bundesinnenministers dazu führen, dass man von höherer Gewalt sprechen kann (→ Force Majeure, höhere Gewalt). Als höhere Gewalt werden Ereignisse bezeichnet, die auf Naturereignissen, Krieg, besonderen behördlichen Anordnungen, auf Seuchen oder Pandemien beruhen. Das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat verweist im Erlass v. 23.03.2020 darauf hin, dass die derzeitige Situation dazu führen kann, dass Beteiligte vorübergehend von ihrer Leistungspflicht befreit sind bzw. sich Leistungspflichten / Herstellungsfristen verlängern können. Es ist allerdings zu beachten, dass stets derjenige, der sich auf ein derartiges Ereignis beruft, genau darzulegen hat, aus welchen Gründen gerade dieses Ereignis (COVID-19-Pandemie / Corona-Virus) dazu geführt hat, dass man seine Leistungspflicht nicht oder nicht in der vereinbarten Frist erbringen kann. Dies setzt eine umfangreiche Dokumentation aufseiten des Bauträgers voraus. Er muss bspw. genau darlegen, welche Arbeitnehmer ihm nicht zur Verfügung gestanden haben, weil sie pandemiebedingt ausgefallen sind. Konnte der Subunternehmer nur mit einem Teil seiner Arbeitskräfte arbeiten, ist dies genau zu überlegen und darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass Ersatz nicht beschaffbar war. Gleiches gilt für Materialien. So kann der Bauträger nicht etwa darauf hinweisen, dass die in der Baubeschreibung vorgesehene Fliese aus Italien nicht lieferbar war. Er muss dann ggf. eine Ersatzfliese verwenden. Die Anforderungen an die Dokumentation sollte der Bauträger nicht unterschätzen. Eines ist klar: ein allgemeiner Hinweis darauf, dass eine Pandemiesituation herrscht, rechtfertigt die Verlängerung der Fertigstellungsfrist nicht. Auch ein Hinweis im Bauträgervertrag, dass aufgrund der derzeitigen Situation mit einer Verlängerung der Fertigstellungsfristen zu rechnen sei, hilft wenig. Auch wenn dieser Hinweis in der Urkunde enthalten ist, muss der Bauträger den vorgenannten Nachweis erbringen. Viele Bauträger reagieren auf die Krise in der Weise, dass sie von vornherein bei den Fertigstellungsfristen sog. „Puffer“ einbauen, es sich aber vorbehalten, früher liefern zu können. Gegen ein derartiges Vorgehen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass der Erwerber rechtzeitig von seiner Zahlungspflicht / Abnahmepflicht informiert wird.


Abnahme des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums

Es wird bisher wenig diskutiert, wie eigentlich angesichts der Pandemiesituation die Abnahme des Sonder- und insbesondere des Gemeinschaftseigentums vonstattengehen soll. Bei der Abnahme Sondereigentums wird häufig assistierend ein Sachverständiger mit hinzugezogen, die Anwesenheit eines oder beider Erwerber dürfte keine Probleme auslösen. Anders ist dies allerdings bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Hier wurde in der Praxis bisher in aller Regel zunächst eine sog. technische Vorabnahme durch einen Sachverständigen durchgeführt und dann zu einem gemeinsamen Abnahmetermin eingeladen. Würde sich diese Einladung nun angesichts der Größe des Objekts auf eine Vielzahl von Erwerbern beziehen, so liegt nach fast allen einschlägigen Pandemieverordnungen eine unzulässige Ansammlung vor. Darüber hinaus muss der Bauträger berücksichtigen, dass angesichts der Pandemiesituation dem Erwerber die Teilnahme nicht möglich sein könnte. Bei kleineren Wohnungseigentumsanlagen kann hier über eine Vollmacht, die sich möglicherweise mehrere Erwerber gegenseitig geben oder die sie ihrerseits auf einen Dritten ausstellen (Sachverständigen), Abhilfe geleistet werden können. Bei größeren Anlagen dürfte die Vollmachtslösung ausscheiden. Hier wird derzeit in der Praxis überlegt, mit jedem der Erwerber neben der Abnahme seines Sondereigentums auch noch die Abnahme des Gemeinschaftseigentums vorzunehmen und diese Abnahme dem Erwerber dadurch zu erleichtern, dass ihm ein sog. technischer Abnahmebericht eines Sachverständigen vorab zugestellt wird. Angesichts des Umstandes, dass die Ausgangsbeschränkungen in allen Bundesländern aufgehoben wurden, ist dem Erwerber ein derartiges Verfahren auch zuzumuten. Erwerber können wohl nicht dadurch, dass sie sich auf die Pandemiesituation berufen, die Abnahme verweigern und auf einen Zeitraum verschieben, der nach Beendigung der Krise liegt.