Internationales Güterrecht – die Europäischen Güterrechtsverordnungen

Welches Ehegüterrecht anwendbar ist, ist nicht nur für die Gestaltung eines Ehevertrages relevant. Relevant ist es ebenfalls beim Immobilienerwerb, z.B. bei der Frage, ob Alleineigentum erworben werden kann oder der Ehegatte dem Rechtsgeschäft zustimmen muss. Das internationale Ehegüterrecht gibt auf alle diese Fragen Antwort.

Vorrangig regelt das Güterrecht das Verhältnis der Vermögenszuordnung zwischen den Ehegatten. Es kann aber auch in das Sachenstatut hineinwirken. So ist in zahlreichen Rechtsordnungen wie Russland, Thailand oder China, die Errungenschaftsgemeinschaft der gesetzliche Güterstand (BeckNotar-HdB/Süß, H Rn. 168). Dabei entsteht ein Sondervermögen, das sich aus dem Gesamtgut zusammensetzt, an dem beide Ehegatten dinglich beteiligt sind. Daneben tritt das Sondergut (OLG München MittBayNot 2014, 556, 557; BeckNotar-HdB/Süß, H Rn. 166). Im Gegensatz zur Gütergemeinschaft wird bei der Errungenschaftsgemeinschaft nur das während der Ehe erworbene Vermögen gemeinschaftliches Vermögen (WürzburgerNotar-Hdb/Hertel, Teil 7 Kap. 2 Rn. 41).

Seit dem 29.1.2019 gelten in Deutschland und 17 weiteren Mitgliedstaaten der EU die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO (EU) 2016/1103) und die Europäische Partnerschaftsverordnung (EuPartVO (EU) 2016/1104). Sie sind für Ehegatten und Lebenspartner, die nach diesem Datum die Ehe/Lebenspartnerschaft eingegangen sind oder eine Rechtswahl des auf ihren Güterstand bzw. des auf die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Partnerschaft anzuwendenden Rechts getroffen haben, anwendbar. Die neuen Verordnungen führen zu einem Paradigmenwechsel im internationalen Güterrecht (vgl. DNotI-Report 2016, 109).

Für alle vorher geschlossenen Ehen gelten (aus deutscher Sicht) die bisherigen Regelungen weiter. Die Verordnungen finden auch im Verhältnis zu Drittstaaten Anwendung.

 

I. Anwendungsbereich erweitert 

Der Begriff des ehelichen Güterstands wird in der Verordnung weiter gefasst. Umfasst sind nun „sämtliche vermögensrechtliche Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder der Auflösung der Ehe gelten“. Damit fällt auch die Eigentumsvermutung nach § 1362 BGB in den Anwendungsbereich der neuen Güterrechtsverordnungen (Weber, DNotZ 2016, 659, 665; Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1974).

 

II. Anknüpfung des Güterstatuts an Lebensmittelpunkt oder gewöhnlichen Aufenthalt

Künftig unterliegt der eheliche Güterstand auf erster Stufe dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Maßgeblich ist dabei der Lebensmittelpunkt (Weber, DNotZ 2016, 659, 670). Auf zweiter Stufe wird an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten angeknüpft, sofern eine solche im Zeitpunkt der Eheschließung besteht. Der gewöhnliche Aufenthaltsort geht der Staatsangehörigkeit also vor. Nachrangig kommt es auf die engste Verbindung an. Anknüpfungspunkte dafür sind z.B. eine gemeinsame Herkunft, Religion, Kultur, Sprache oder die berufliche Tätigkeit der Ehegatten. Für die Rechtssicherheit und zum Schutz der Ehegatten vor einem unbewussten Wechsel des Güterstatuts kommt es nur bei einer späteren Rechtswahl zu einem Wandel des Güterstatuts. Nach einer Neuregelung kann ausnahmsweise, auf Antrag eines Ehegatten, auch an den jetzigen gewöhnlichen Aufenthalt für den Güterstand angeknüpft werden, wenn dieser über einen erheblich längeren Zeitraum bestand und die Ehegatten auf das Recht des Staates vertraut haben.

 

III. Rechtswahl

Die EuGüVO ermöglicht den Eheleuten eine voraussehbare und rechtssichere Gestaltung ihrer Vermögensverhältnisse. Die Rechtswahl kann dabei bereits vor der Eheschließung erfolgen (Döbereiner, in: Dutta/Weber, Europ. Güterrechtsv., 2017, S. 63; MüKoBGB/Looschelders, EuGüVO Rn. 70). Auch nach Eheschließung können die Ehegatten das anwendbare Güterrecht durch eine Rechtswahl ändern. Ebenso kann eine getroffene Rechtswahl (selbst rückwirkend) geändert bzw. aufgehoben werden.

1. Beschränkte Rechtswahl für Grundstücke nicht mehr möglich

Wählbar ist das Recht des Staates, in dem die künftigen Ehegatten oder einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben/hat oder das Recht eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten oder künftigen Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. Die Rechtswahl kann nur einheitlich für das gesamte Vermögen getroffen werden. Dies stellt eine erhebliche Änderung dar. Es ist jetzt nicht mehr möglich, eine beschränkte Rechtswahl z.B. nur für Grundstücke zu treffen. Die gegenständlich beschränkte Rechtswahl ist selbst für Ehegatten ausgeschlossen, die vor dem 29.01.19 die Ehe eingegangen sind. Sie ist nun generell unzulässig (Hertel, BeckFormularbuch Zivil-, Wirtschafts- und Unternehmensr. Dt.-Eng., 2018, F. I. 2, Anm. 3).

2. Schriftform nötig

Die Rechtswahl muss in Schriftform gefasst werden. Sieht ein Mitgliedstaat erweiterte Formvorschriften vor (z.B. in Deutschland das Beurkundungserfordernis nach § 1410 BGB), sind diese allerdings zwingend zu beachten.

3. Materielle Wirksamkeit der Rechtswahl

Die materielle Wirksamkeit der Rechtswahl hängt vom gewählten Recht ab. Wurde deutsches Ehegüterrecht gewählt, entscheidet somit das deutsche Recht über die Wirksamkeit der Rechtswahl. Macht ein Ehegatte geltend, er habe der Vereinbarung nicht zugestimmt, kann auch das Recht des Staates Anwendung finden, in dem der Ehegatte im Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

 

IV. Eheverträge über die Grenzen hinaus

Wichtig ist, dass die Eheverträge auch im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr anknüpfen.

1. Formvorschriften

Die formellen Anforderungen haben sich erheblich verschärft und ziehen weitreichende Folgen für die Gestaltungspraxis nach sich. Der Ehevertrag bedarf mindestens der Schriftform und ist von beiden Ehegatten zu unterzeichnen. Gelangt man zur Anwendung des deutschen Rechts, ist nach § 1410 BGB der Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit zur Niederschrift des Notars zu schließen. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sollte künftig von der Beurkundung mit Vertretern der Ehegatten abgesehen werden.

2. Möglicher Vertragsinhalt

Die materielle Wirksamkeit des Ehevertrages richtet sich ausschließlich nach dem anzuwendenden Güterrecht. Welcher Inhalt im Ehevertrag möglich ist und welche Güterstände vereinbart werden können, samt der hierfür geltenden Schranken, bestimmt das Güterrechtsstatut.

 

V. Besonderheiten der EuPartVO

Zwar entspricht die EuPartVO in weiten Teilen der EuGüVO, dennoch enthält sie z.T. bedeutende Abweichungen.

1. Anwendungsbereich

Die Verordnung unterscheidet nicht zwischen verschieden- und gleichgeschlechtlichen Partnern. Somit sind auch gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaften erfasst, was z.B. für den französischen PACS gilt. Die Eintragung der Lebenspartnerschaft muss verbindlich sein. Ob eine Partnerschaft anzuerkennen ist, richtet sich nach dem Recht der nationalen Gesetzgeber.

2. Unterschiede zwischen den Verordnungen

Im Gegensatz zur EuGüVO gilt für den Güterstand einer eingetragenen Partnerschaft das Recht des Staates, nach dessen Recht die Partnerschaft registriert worden ist. Wurde die Partnerschaft in mehreren Staaten registriert, dürfte es auf die Erstregistrierung ankommen (Döbereiner, notar 2018, 244, 259). Zudem muss das durch Rechtswahl gewählte Recht der Partner güterrechtliche Wirkungen an die eingetragene Partnerschaft knüpfen.

 

VI. Fazit

Verschiedene Rechtsordnungen gestalten das materielle Güterrecht teilweise sehr unterschiedlich aus. Folglich kommt auch dem internationalen Güterrecht eine erhebliche Bedeutung zu. Ist dieses einheitlich geregelt, wie es nun die europäischen Güterrechtsverordnungen vorsehen, so ermöglicht es internationalen Paaren eine rechtssichere Vermögensplanung. Die nun in Kraft getretene EuGüVO bringt für die Praxis mindestens drei gravierende Veränderungen mit sich: Als wesentliche Veränderung stellt sich zunächst der Ausschluss der Vertretungsmöglichkeit bei Eheverträgen mit grenzüberschreitenden Sachverhalten dar. Zum anderen ist die beschränkte Rechtswahl für neu geschlossene, aber auch für vor dem 29.01.2019 geschlossene Ehen nicht mehr möglich. Schließlich gibt es verschärfte Formanforderungen bei der Rechtswahl. Dadurch ist vor allem bei Eheverträgen mit Ehegatten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in anderen Mitgliedsstaaten haben, Vorsicht geboten.

Der Güterstand ist u.a. relevant für folgende Bereiche: Grundstückskaufvertrag, Bauträgervertrag, GmbH gründen, Umstrukturierung. Um die Rechtssicherheit für den Abschluss von Eheverträgen und die Wirksamkeit einer Rechtswahl zu gewährleisten, beraten wir Sie gern.

 

« Zum Fachgebiet "Ehevertrag"

« Zur Startseite