Neues Diskussionspapier zur Reform der Grunderwerbsteuer

Erleichterung für Hausbesitzer bei Selbstnutzung und eine Gleichstellung von Share Deals und Asset Deals. Diese Eckpunkte sieht ein neues Diskussionspapier zur Novellierung der Grunderwerbsteuer aus dem Bundesfinanzministerium (im Folgenden GrEStNG-E) vor, das Bundesfinanzminister Christian Lindner Anfang Juli zur Diskussion an die Länder übersandt hatte.

Die umfangreichen Novellierungen waren aufgrund des MoPeG und der weitgehenden Reform der Personengesellschaften erforderlich, dass ab dem 01.01.2024 gilt. Hintergrund ist, dass aufgrund des Wegfalls der gesamthänderischen Vermögensbindung durch das MoPeG der sachliche Grund für die an die Gesamthand anknüpfende Steuervergünstigen der §§ 5, 6, 7 Abs. 2 GrEStG entfällt (GrEStNG-E, S. 15). Daher sind umfangreiche Anpassungen erforderlich. Daher soll auch der folgende Entwurf zum 01.01.2024 in Kraft treten. Über die Reformvorschläge hatte zunächst die FAZ online am 05.07.2021 berichtet. Teile des Diskussionsentwurfs beruhen dabei auf dem Modernisierungsmodell des Grunderwerbsteuerrecht des Arbeitskreis Grundsteuer des Instituts für Steuerrecht an der Universität Leipzig (ausführlich erläutert in Arbeitsgruppe Grunderwerbsteuer, DStR 2023, 729). Der folgende Beitrag fasst die den Ländern vorgeschlagenen Regelungen zusammen:

 

I.    Umfangreiche Vergünstigungen für den Selbstbehalt

Bisher unterschied das Grunderwerbsteuerrecht beim Erwerb von Grundstücken nicht zwischen dem Erwerb zur Selbstnutzung und zum Fremdnutzung vor. Der Diskussionsentwurf sieht nun vor, dass die Bundesländer natürlichen Personen, einen ermäßigten Steuersatz anbieten können, wenn diese eine erworbene Immobilie zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Dieser könne ein- oder mehrmals angeboten werden und je nach Ausgestaltung auch einer Steuerbefreiung gleichkommen. § 11 Abs. 2 Satz 1 GrEStG-E räumt den Ländern die Möglichkeit ein, einen ermäßigten Steuersatz einzuführen. Die Länder sollen, um eine Zersplitterung zu vermeiden, je nur einen einheitlichen Steuersatz festsetzen können. Weitere Voraussetzung ist, dass die natürliche Person im Zeitpunkt des Erwerbs die Selbstnutzung des Grundstücks beabsichtigt. Nicht entgegen steht hingegen eine Nutzung durch weitere natürliche Personen, wie etwa Kinder oder sonstige nahe Angehörige. Darüber hinaus können die Länder die Bestimmungen über die Selbstnutzung um zusätzliche Voraussetzungen erweitern (GrEStNG-E, S. 25).

 

II.    Gleichstellung von Grundstückserwerb und dem Erwerb von (Anteilen an) Grundstücksgesellschaften

Daneben sieht der Entwurf umfangreiche Reformen bei der Besteuerung von Share Deals vor. Diese haben das Ziel die in der Praxis verbreitete Gestaltung von Beteiligungsgrenzen zur Vermeidung einer Besteuerung bei Share Deals. Diese verbreitete Praxis konnte auch mit der Reform vom 01.07.2021 nicht vollends eingedämmt werden (Arbeitskreis Grunderwerbsteuer, DStR 2023, 729 f.).

Die Ergänzungstatbestände werden hierzu angepasst, um eine Vermeidung der Grunderwerbssteuer gerade bei der Besteuerung hochpreislicher Immobilientransaktionen zu erschweren (GrEStNG-E, S. 15). Zudem regelt der Ergänzungstatbestand nunmehr die Zurechnung von Grundstücken. Gesetzgeberisches Ziel ist die Vermeidung mehrfacher Besteuerungen und die Schaffung von Rechtsklarheit (GrEStNG-E, S. 15).

Vorgesehen ist zunächst, dass Share Deals einheitlich und unabhängig von der Rechtsform besteuert werden. Hierzu wird ein neuer § 1a GrEStG-E geschaffen. Aufgehoben werden sollen hingegen die § 1 Abs. 2a bis 3a und § 16 Abs. 4 GrEStG die Doppelbelastungen in „Signing/Closing“-Fällen regelten (GrEStNG-E, S. 18).

Hierzu wird § 1a GrEStG neu gefasst und tritt neben den Haupttatbestand des § 1 GrEStG. Sie stehen zueinander funktionsgleich (GrEStNG-E, S. 18). § 1 Abs. 4 GrEStG-E regelt überdies ergänzend, dass bei zeitlich versetzter Erfüllung mehrerer Tatbestände in Bezug auf ein Grundstück, die Erwerbe jeweils getrennt zu besteuern sind.

§ 1a GrEStG-E setzt den Erwerb von Grundstücksgesellschaften und der Erwerb eines Grundstücks wesentlich gleich, was wesentlich mit den Erwartungen am Markt übereinstimmt. Share Deals zum wirtschaftlich realen Erwerb eines Grundstücks sollen eingegrenzt werden (GrEStNG-E, S. 18 - 19).

§ 1a Abs. 1 Nr. 1 GrEStG-E führt den Begriff des Rechtsgeschäfts aus. Hierunter ist ein Geschäft zu verstehen, das einen Anspruch auf Übereignung eines Anteils oder mehrerer Anteile an einer Grundstücksgesellschaft oder einer vermittelnden Gesellschaft begründet, wenn sich bei Erfüllung des Anspruchs die Gesamtheit der Anteile einer Grundstücksgesellschaft unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer Person als Erwerber oder einer Mehrheit von Personen als Erwerbergruppe vereinigen würden. Gemeint ist ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft, das einen Anspruch auf die Übereignung eines Anteils oder mehrerer Anteile an einer Grundstücksgesellschaft oder einer vermittelnden Gesellschaft begründet. Besteuert wird der Rechtsvorgang nach dem Stichtagsprinzip, auf die spätere Erfüllung des Anspruchs kommt es nicht an (GrEStNG-E, S. 19).

§ 1a Abs. 1 Nr. 1 GrEStG-E soll überdies auch den Übergang des Eigentums eines Anteils oder mehrerer Anteile an einer Grundstücksgesellschaft oder einer vermittelnden Gesellschaft erfassen, wenn sich durch den Übergang des Eigentums die Gesamtheit der Anteile an einer Grundstücksgesellschaft unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer Person als Erwerber oder einer Mehrheit von Personen als Erwerbergruppe erstmals vereinigen und wenn ihm kein Rechtsgeschäft gem. § 1a Abs. 1 Nr. 1 GrEStG-E vorausgegangen ist. Übergang meint sowohl den dinglichen als auch den Übergang von Gesetzes wegen. Zur Vermeidung von Besteuerungslücken erfolgt überdies eine Gleichstellung mit der Einräumung einer Rechtsposition, die es einem anderen wirtschaftlich oder rechtlich ermöglicht, einen Anteil oder mehrere Anteile an einer Grundstücksgesellschaft oder an einer vermittelnden Gesellschaft auf eigene Rechnung zu verwerten (GrEStNG-E, S. 19).

§ 1a Abs. 2 GrEStG-E enthält weitere Begriffsdefinitionen so etwa der Begriff der Person in Satz 1, der im Gleichlauf mit § 14a AO neben natürlichen Personen insbesondere auch Personenvereinigungen umfasst (GrEStNG-E, S. 19). § 1a Abs. 2 S. 2 und S. 3 GrEStG-E definieren den maßgeblichen Erwerber und die Erwerbergruppe. Bei Beteiligungsketten ist nur der oberste Erwerber in der Beteiligungskette maßgebend. Sind an einem Erwerbsvorgang ein Erwerber und eine Erwerbergruppe beteiligt, ist allein auf den Erwerber abzustellen (GrEStNG-E, S. 20).

§ 1a Abs. 2 Satz 4 GrEStG regelt das Verhältnis, wenn sowohl ein Erwerber als auch eine Erwerbergruppe nach den Sätzen 2 und 3 einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1a Absatz 1 Nummer 1 oder 2 GrEStG verwirklichen. In diesem Fall ist der Erwerber vor der Erwerbergruppe maßgeblich (GrEStNG-E, S. 20).

§ 1a Abs. 3 S. 1 GrEStG-E definiert die Grundstücksgesellschaft als eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, der im Zeitpunkt eines Erwerbsvorgangs nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG ein Grundstück zuzurechnen ist. In den Sätzen 2 bis 4 wird die Grundstückszurechnung definiert. Enthalten sind Regelungen zur Frage der Doppelzurechnung. Gemeint ist damit die Frage, welcher Gesellschaft im Fall von etwa Konzerngestaltungen der Erwerbsvorgang zuzurechnen ist. Der Entwurf sieht hier vor, dass jene Gesellschaft, die das Grundstück letztmalig im Sinne des § 1 Abs. 1 GrEStG oder die Verwertungsbefugnis gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG am Grundstück hat, als Erwerber gilt. Bei einer Verwertungszurechnung erfolgt somit eine Doppelzurechnung, weil auch der zivilrechtliche Eigentümer weiterhin über das Grundstück tatsächlich verfügen kann. Eine Zurechnung entfällt aber, bei einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 GrEStG durch eine andere Person, wobei auf den Zeitpunkt des steuerauslösenden Moments als maßgeblichen Zeitpunkt abzustellen ist (GrEStNG-E, S. 20).

Die § 1a Abs. 4 und Abs. 5 GrEStG-E enthalten weitere Begriffsdefinitionen der vermittelnden und des Anteils an einer Personen- und Kapitalgesellschaft.

§ 1a Abs. 6 GrEStG-E gibt Auskunft über den Umfang einer prozentualen Beteiligung an einer grundbesitzenden Gesellschaft. Eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1a Abs. 1 GrEStG liegt entsprechend dem Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer grundsätzlich bei einer Beteiligung von 100 % am Vermögen oder Kapital der Personen- oder Kapitalgesellschaft vor. Bei mittelbaren Beteiligungen wird die Beteiligungsquote durch Multiplikation der Beteiligungsquoten der einzelnen Stufen ermittelt. Mehrere Beteiligungsstufen werden zusammengerechnet.

§ 1a Abs. 7 GrEStG-E definiert die Erwerbergemeinschaft als eine Personenmehrheit, d.h. mindestens zwei Personen, im Sinne des § 1a Abs. 1 Satz 2 GrEStG voraus, die mindestens zwei Rechtsgeschäfte, die auf die Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden oder vermittelnden Gesellschaft oder auf entsprechende Eigentumsübertragungen gerichtet sind, miteinander abgestimmt haben. Die Vereinigung mehrerer Personen führt zur Vereinigung aller Anteile in ihrer Hand. Eine Mitgliedschaft scheidet aus, wenn bei der letzten vorangegangenen Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1a Abs. 1 GrEStG-E und vor den abgestimmten Rechtsgeschäften eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft vorlag. Das gilt nicht, wenn die Beteiligung veräußert wurde. Das schließt ausdrücklich bisher nicht von der quotalen Besteuerung erfasste Fälle, etwa sog. Co-Investor-Fälle mit ein. Die Beteiligung erhöht sich durch die aufeinander abgestimmten Rechtsgeschäfte oder aufeinander abgestimmten Eigentumsübertragungen nicht (GrEStNG-E, S. 21).

Die Abstimmung von Rechtsgeschäften wird in den Sätzen 3 bis 6 konkretisiert. Sie soll vorliegen, wenn diese vor ihrem Abschluss gemeinsam geplant wurden, einer Planung zugestimmt wurde oder eine gemeinsame Beherrschung der grundbesitzenden Gesellschaft angestrebt wird. Satz 3 stellt klar, dass alle Rechtsgeschäfte aufeinander abgestimmt sein müssen. Eine Abstimmung durch den Veräußerer oder einen Bevollmächtigten genügt. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich alle Mitglieder einer Erwerbergruppe untereinander abgestimmt haben (Satz 4). Satz 5 regelt Fällen einer Abstimmung, Satz 6 regelt, dass in der Regel von einer Abstimmung auszugehen ist, wenn die Anteilsübertragungen in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies soll hingegen wegen der Anonymität des Börsenhandels regelmäßig nicht bei Aktienhandel gelten. Hierdurch soll eine Beschränkung auf die besteuerungswürdige Erwerbergruppe gewährleistet und ungerechtfertigte Doppel- oder Mehrfachbelastungen vermieden werden (GrEStNG-E, S. 22).

§ 1a Abs. 8 GrEStG-E regelt die Fälle, in denen Anteile an einer Grundstücksgesellschaft oder an einer zwischengeschalteten Gesellschaft bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Anteile außer Ansatz bleiben.

§ 1a Abs. 8 Nr. 1 GrEStG-E berücksichtigt in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass Anteile, die von einer Kapitalgesellschaft selbst gehalten werden, außer Betracht bleiben, weil die Gesellschaft begrifflich keine von ihr selbst verschiedene Person sein kann. In diesen Fällen beherrscht der Erwerber oder die Erwerbergruppe das Vermögen der Gesellschaft in gleicher Weise, wie wenn die Gesellschaft selbst keine Anteile halten würde.

Eine weitere Ausnahme tätigt § 1a Abs. 8 Nr. 2 GrEStG-E für das dienende Interesse. Hierunter sind Anteile, die im Interesse eines Erwerbers oder mindestens eines Mitglieds einer Gruppe von Erwerbern gehalten oder erworben werden, zu verstehen. Ein Anteilseigner kann nur dann Anteile im dienenden Interesse halten, wenn er selbst weder Erwerber noch Mitglied einer Erwerbergruppe ist. Damit soll eine Besteuerung in den Fällen sichergestellt werden, in denen ein Erwerber oder eine Gruppe von Erwerbern weniger als 100 % der Anteile auf sich vereinigt, die übrigen Anteile aber in seinem oder ihrem Interesse gehalten werden, so dass er oder sie wirtschaftlich ähnlich gestellt ist, wie wenn er oder sie sämtliche Anteile auf sich vereinigt hätte. Dies kann, muss aber nicht zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer geschehen sein. Entscheidend ist die Möglichkeit der Herrschaft über das Grundstück. § 1a Abs. 8 Nr. 12 S. 2 GrEStG-E enthält Regelbeispiele für das Vorliegen eines dienenden Interesses.

Der neue § 1b GrEStG-E ergänzt § 1a GrEStG-E und trifft Regelungen für Sondervermögen, er legt fest, dass auch ein Sondervermögen Grundstücksgesellschaft sein kann.

Überdies sieht der neu gefasste § 5 GrEStG umfassende Konzernerleichterungen vor.

§ 5 Abs. 1 GrEStG nimmt Erwerbsvorgänge von der Steuer aus, bei denen sich der bestimmende Einfluss einer Person über das Grundstück nicht verändert. § 5 Abs. 2 GrEStG gewährt Steuerbefreiungen für Übergänge von mehreren Grundstückseigentümern oder einem Alleineigentümer auf ihre bzw. seine Gesellschaft. Zuletzt nimmt § 5 Abs. 3 GrEStG solche Übergänge von Grundstücken teilweise von der Steuer aus, bei denen ein Grundstück einer Gesellschaft in das Miteigentum der Gesellschafter bzw. eines Gesellschafters übergeht.

Die §§ 6, 6a GrEStG und § 5 GrEStG a. F. werden gestrichen und im Falle des § 5 GrEStG vollständig neu gefasst. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass durch das MoPeG wegen des Wegfalls des Gesamthandsbegriffs die bisher in den Vorschriften erfassten Erwerbsvorgänge von bzw. auf eine Gesamthand ins Leere gehen würden (GrEStNG-E, S. 23-24).

Steuerschuldner sind der Erwerber bzw. die maßgeblichen Erwerber der maßgeblichen Erwerbergruppe, wobei Grundstücksgesellschaften persönlich haften. § 13a GrEStG sieht überdies eine dingliche Haftung des Grundstücks vor. Wird der Erwerbsvorgang unvollständig oder nicht fristgemäß angezeigt, kann die Grundstücksgesellschaft als Haftungsschuldner herangezogen werden (GrEStNG-E, S. 25-26). Die Anzeigepflicht ist in § 19 Abs. 1 GrEStG geregelt (GrEStNG-E, S. 26-27). Des Weiteren sieht der Diskussionsentwurf weitere regulatorische Folgeanpassungen, Übergangsregelungen und eine Anpassung des Finanzausgleichsgesetzes vor.

 

» Zum Fachgebiet "Grunderwerbsteuer"

» Zur Startseite