Kürzung der Steuererleichterungen des GrEStG geplant: Übergangsregelung für Nachbehaltensfristen

Das Bundesfinanzministerium hatte mit einem Diskussionsentwurf Reformbestrebungen der Grunderwerbsteuer an die Länder unterbreitet. Konkrete Gesetzgebungsvorschläge existieren jedoch noch nicht. An versteckter Stelle auf Seite 263 von insgesamt 287 Seiten des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) ist jedoch eine Erwähnung des GrEStG zu finden, die zu einem faktischen Leerlauf der Steuervergünstigungen führen wird.

Durch die Abschaffung der Gesamthand laufen die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs. 2 GrEStG faktisch leer. Hintergrund ist, dass diese auf die Gesamthand rekurrieren. Dieser Bezug wird jedoch mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ab dem 1. Januar 2024 obsolet. Die bisherigen § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs. 2 GrEStG würden damit, so der Entwurf, faktisch ins Leere laufen.

Wie die Steuervergünstigungen und Ergänzungstatbestände künftig ausgestaltet werden, ist bisher unklar, weil Gespräche mit den Ländern derzeit noch laufen. Erste Vorschläge hatte das Bundesministerium der Finanzen jedoch in einem Diskussionsentwurf unterbreitet. Unseren Beitrag hierzu finden Sie hier. Neben dem dort postulierten Modell einer umfassenden Reform mit einer Streichung der Vergünstigungen der §§ 5, 6 GrEStG und einem Weiterlaufen der Haltefristfälle wären auch noch weitere Lösungsmöglichkeiten denkbar. Der Gesetzgeber könnte zum einen keine Anpassung vornehmen. Dies würde jedoch bestehende Rechtsunsicherheiten für den Bürger weiter verschärfen. Überdies könnte der Gesetzgeber den Begriff „Gesamthand“ gegen den Begriff „Personengesellschaft“ tauschen. Gegen diesen Begriff bestehen jedoch umfassende verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere eine Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf Kapitalgesellschaften sowie Bedenken im Hinblick auf eine Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht (Desens, GmbHR 2023, 772, 777). Zuletzt könnte der Gesetzgeber Begünstigungen der §§ 5, 6, 7 GrEStG auch auf Kapitalgesellschaften ausweiten. Auch hiergegen bestehen jedoch im Hinblick auf das EU-Beihilferecht umfassende bedenken (Desens, GmbHR 2023, 772, 780).

Für größere Rechtssicherheit für laufende Nachbehaltensfristen bis zum 31.12.2023 soll daher in § 23 ein neuer Absatz 25 eingefügt werden. Er stellt klar, dass allein der weitgehende Entfall des Gesamthandsvermögens nicht zu einer Verletzung laufender Nachbehaltensfristen führt. Sie gelten weiter. Mindert der Anteil am Gesellschaftsvermögen innerhalb der Nachbehaltensfrist, werden diese verletzt.
Diese Überlegungen im Regierungsentwurf rufen zu Recht heftige Kritik hervor.

Sie stellen eine (versteckte) Steuererhöhung dar, die den Mittelstand massiv belasten wird. Die Regelungen der §§ 5, 6, 7 GrEStG laufen durch das MoPeG nicht leer! Seit weit über 20 Jahren ist die eigene Rechtspersönlichkeit der GbR und noch viel länger die der Personenhandelsgesellschaften anerkannt. Das Gesamthandsprinzip hatte praktisch keine Bedeutung mehr! Im Vorfeld des MoPeG wurde im Rahmen des dortigen Regierungsentwurfs (BT-Drs. 59/21, S. 114) keine Auswirkung auf das Steuerrecht angekündigt. Im Hinblick auf steuerrechtliche Angleichungen an das MoPeG erscheint dies umso überraschender, als das MoPeG bewusst eine steuerrechtliche Öffnungsklausel beinhaltet, von der das Bundesfinanzministerium laut seinem, bis dato unveröffentlichten, aber dem Verfasser bekannten, Referentenentwurf zu den steuerlichen Auswirkungen des MoPeG ausdrücklich unter Bezug auf eine Neufassung des § 39 AO, dass das Gesamthandsprinzip bei der Besteuerung nach dem Einkommen weiterhin zu beachten sei, Stellung nimmt.

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 23. Juni 2015, 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11 bezogen auf die Ersatzbemessungsgrundlage ausdrücklich festgestellt, dass die Unterschiede zur Personen- und Kapitalgesellschaft eine unterschiedliche Betrachtung im Rahmen des GewStG rechtfertigen.

Dennoch kommt das Gesetzgebungsvorhaben für das Steuerrecht nicht überraschend. Die Reform der Grunderwerbsteuer war bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition 2021 vorgesehen. Dort heißt es konkret:

„Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung nutzen wir das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals)“ (MEHR FORTSCHRITT WAGEN, BÜNDNIS FÜR FREIHEIT, GERECHTIGKEIT UND NACHHALTIGKEIT Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP 2021, S. 165).

Ausdrücklich nicht erwähnt – und laut Koalitionsvertrag zur Gegenfinanzierung auch gar nicht erforderlich – war hingegen eine Streichung der Steuervergünstigungen, weswegen diese Regelung zu Recht als überraschend bezeichnet werden darf. Wie weitreichend die Auswirkungen der Kürzung sein werden, verdeutlicht ein Blick auf die vorherigen Regelungen: Entfielen die §§ 5, 6, 7 GrEStG ersatzlos, würde praktische jede Übertragung von Unternehmensanteilen, sofern zufällig Immobilien als Betriebsvermögen betroffen wären, steuerpflichtig. Auch jede Anteilsübertragung einer WEG würde der Grundsteuerpflicht unterfallen. Das kann zu Recht als äußerst weitreichend bezeichnet werden. Es besteht die Frage, ob dem Bundesfinanzministerium nicht ein gesundes Mittelmaß zwischen dem anerkennungswürdigen Ziel einer Schließung steuerlicher Schlupflöcher und einer Entlastung des Mittelstandes anzuraten wäre.

Insbesondere ist selbst unter Berücksichtigung einer Lenkungsfunktion der Steuer und bestehender Praktikabilitätserwägungen nicht ohne weitere Begründung ersichtlich, warum vor dem Hintergrund der Schließung vorgeblicher steuerlicher Schlupflöcher dagegen bestehende Steuererleichterungen für Übertragungen innerhalb eines Konzerns beibehalten werden sollen.

Wie Steuervergünstigungen und Ergänzungstatbestände künftig ausgestaltet werden und ob weitere Teile des Diskussionsentwurfs so kommen werden, bleibt abzuwarten. Einigkeit und Zustimmung besteht sicherlich bei der Möglichkeit bzgl. selbstgenutzter Eigenheime natürlicher Personen, Raum für niedrige Steuersätze zu eröffnen. Bereits der zweite Diskussionspunkt, die Neufassung des § 1a GrEStG, dürfte auf Widerstand stoßen. Die Widerstände gegen eine ersatzlose Streichung der §§ 5, 6, 7 GrEStG dürften aber derartig heftig ausfallen, dass bezweifelt werden darf, ob diese kommt.

 

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