KG Berlin 22 W 66/19
Zur Löschung der Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers nach Feststellung der Nichtigkeit des zugrunde liegenden Beschlusses wegen fehlerhafter Einziehung

30.12.2020

Leitsatz | KG Berlin 22 W 66/19

Ist die Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers in das Handelsregister auf der Grundlage einer Prüfung nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG getroffen worden, kommt die Löschung dieser Eintragung nach § 395 FamFG nicht allein deshalb in Betracht, weil später die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Beschlusses wegen einer fehlerhaften Einziehung festgestellt wird.

Sachverhalt | KG Berlin 22 W 66/19

Die beteiligte GmbH ist in der Abteilung B des Handelsregisters des AG Charlottenburg eingetragen. Als Geschäftsführer ist der Kläger eingetragen. Mit Eintragung vom 04.06.2015 ist die Beendigung der Geschäftsführerstellung sowie die neue Bestellung des H als Geschäftsführer eingetragen worden.

In einem vom Beschwerdeführer angestrebten zivilrechtlichen, rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit ist festgestellt worden, dass die der Eintragung vom 04.06.2015 zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse und die Einziehung seiner Geschäftsanteile nichtig seien.

Mehrere Anregungen die Eintragung vom 04.06.2015 als unzulässig nach § 395 FamFG zu löschen, wie das AG mit Beschluss vom 16.09.2019 zurück. Nach Auffassung des AG sei das zivilrechtliche urteil nicht maßgeblich, da es für eine Löschung nach § 395 FamFG die Eintragung zum Zeitpunkt der Löschungsentscheidung unzulässig sein müsste. Allerdings sei der Kläger hilfsweise auch mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 02.02.2018 ordnungsgemäß abberufen worden.

Hiergegen richtet sich der Beschwerdeführer mit seinem als sofortiger Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel und bringt vor, dass durch die nichtigen Gesellschafterbeschlüsse nicht die richtigen Personen bei der am 02.02.2018 erfolgten hilfsweisen Abberufung mitgewirkt hätten.

Entscheidung | KG Berlin 22 W 66/19

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Für die Löschung nach § 395 FamFG ist erforderlich, dass im Zeitpunkt der Löschungsentscheidung die Eintragung unzulässig ist. Bei rechtsbekundenden Eintragungen, zu der auch die Löschung einer Eintragung (auch Löschung einer Löschung) gehört, muss entsprechend die Unrichtigkeit auch im Zeitpunkt der Löschungsentscheidung vorliegen. Im konkreten Fall ist der Beschwerdeführer durch die wirksame hilfsweise Abberufung vom 02.02.2018 im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer der beteiligten GmbH.

Der Beschluss ist durch die Gesellschafter, die in der zum damaligen Zeitpunkt aufgenommenen Gesellschafterliste als Gesellschafter ausgewiesen sind, gefasst worden. Der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG steht es nach Auffassung des KG nicht entgegen, dass mit Blick auf die (unwirksame) Einziehung die Gesellschafterliste geändert worden ist. Entsprechend ist auf Grundlage der Gesellschafterliste der Beschluss der hilfsweisen Abberufung durch die richtigen Personen gefasst worden. Die Wirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG entfalle nicht rückwirkend durch die spätere Feststellung, dass die Einziehung unwirksam sei. Die rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit ist erst nach dem 19.06.2019 ergangen.

Nur ergänzend und vorsorglich führt das KG aus, dass offenbleiben könne, ob die Löschung der Eintragung auch aus einem ausübenden Ermessen heraus hätte unterbleiben können. Sinn und Zweck des § 395 FamFG sei die Löschung derjenigen Eintragungen, deren Fortbestehen Schädigungen von Beteiligten zur Folge hätte oder öffentlichen Interessen widersprächen. Hier konkret wäre aufgrund der Auflösung der beteiligten GmbH im Zuge eines Insolvenzverfahrens die Schädigungswirkung nicht gegeben.

Praxishinweis | KG Berlin 22 W 66/19

Besonders interessant ist, dass das KG aus der Rechtsprechung des BGH zur Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG bei zur nachträglichen Feststellung der Wirksamkeit der Einziehung bei zunächst nicht geänderter Gesellschafterliste trotz vorheriger Einziehung, im Umkehrschluss annimmt, dass bei aufgrund unwirksamer Einziehung geänderten Gesellschafterliste die Legitimationswirkung ebenfalls gelten müsste.

In der Praxis ist zwingend anzuraten, etwaige unwirksame Beschlüsse entsprechend frühzeitig feststellen zu lassen, um die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG zu unterbinden.