OLG Celle 14 U 100/21
Zur Kostentragung von sog. Hausanschlusskosten im Rahmen eines Pauschalpreisvertrages über den Kauf und die Errichtung eines Hauses

24.01.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Celle
26.11.2021
14 U 100/21
IBRRS 2021, 3779

Leitsatz | OLG Celle 14 U 100/21

Hausanschlusskosten, die dem Bauunternehmer/Verkäufer eines zu errichtenden Hauses während der Bauphase dafür entstanden sind, dass er gegenüber dem Versorgungsträger seinerseits die Errichtung der Hausanschlüsse veranlasst hat, kann der Bauunternehmer/Verkäufer im Rahmen eines Pauschalpreisvertrages grundsätzlich nicht nachträglich auf den Erwerber/ Käufer abwälzen, wenn dem zugrundeliegenden Vertrag eine solche nachträgliche Übernahmeverpflichtung nicht zu entnehmen ist. Der Erwerber darf nach dem allgemeinen Verständnis davon ausgehen, dass der Unternehmer/ Verkäufer derartige Kosten im Vorfeld kalkuliert und bei der Bildung des Pauschalpreises berücksichtigt hat, sodass etwaige Hausanschlusskosten mit der Zahlung des Pauschalpreises mitabgegolten sind.

Sachverhalt | OLG Celle 14 U 100/21

Die Klägerin ist die ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks und der Beklagte ist Käufer des Grundstücks. In dem Bauträgervertrag (im Folgenden: Notarvertrag) schuldet die Klägerin die Fertigstellung eines Reihenhauses. Die Klägerin fordert nachträglich von dem Beklagten die Erstattung der Hausanschlusskosten. Sie ist der Meinung, dass die Hausanschlusskosten nicht von ihrer Leistungspflicht umfasst und folglich in dem vereinbarten Pauschalpreis nicht enthalten seien.

Die Klage der Klägerin vor dem LG Hildesheim wurde abgewiesen. Die Klägerin legt Berufung ein.

Entscheidung | OLG Celle 14 U 100/21

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsgericht überprüft die Entscheidung auf eine Rechtsverletzung und ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die vom LG Hildesheim festgestellten Tatsachen gebunden.

Die Klägerin habe die Kosten für die ihr entstandenen Hausanschlusskosten für Strom, Wasser und Fernwärme selbst zu tragen. Ob der im Notarvertrag verwendete Begriff der „Erschließungskosten“ öffentlich- oder privatrechtlich auszulegen und zu verstehen ist könne dahinstehen, da sich schon aus anderen Umständen ergibt, dass die Klägerin die für die streitbefangenen Hausanschlüsse angefallenen Kosten selbst zu tragen hat.

Zunächst ergebe sich die Kostentragungspflicht der Klägerin bereits aus dem Umstand, dass sie die Anschlussnehmerin gegenüber der Versorgungsträgerin, welche die Anschlüsse erstellt hat, ist. Anschlussnehmer in diesem Sinne sei derjenige, auf dessen Veranlassung ein mit der Verteilungsanlage des Versorgungsunternehmens verbundene Hausanschluss erstellt oder verändert wird. Die Klägerin habe die Anschlüsse bei der E bestellt und damit veranlasst. Dadurch habe sie ein eigenes Geschäft besorgt und damit ihre eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Versorgungsträger erfüllt. Auch sei die Zahlungspflicht aus dem Anschlussvertrag weder durch vertragliche Vereinbarung noch kraft Gesetzes auf den Beklagten übergegangen. Vielmehr seien die Hausanschlusskosten mangels gegenteiliger Vereinbarung der Parteien als von den Herstellungskosten des Gebäudes umfasst anzusehen.

Zudem ergebe sich schon aus dem Bauvertrag, dass die Klägerin für die Hausanschlusskosten selbst aufkommen muss. Der Umfang der Leistungspflichten sei durch Auslegung aller Umstände zu ermitteln. Der Bauträger sei dabei verpflichtet, das vertraglich vorgesehene Objekt herzustellen, wozu er alle notwendigen Bauleistungen, Planungsleistungen und wirtschaftlichen Leistungen zu erbringen habe, die zur Erstellung des Objekts erforderlich sind. Im vorliegenden Fall konnten die Beklagten somit ein fertiggestelltes Reihenhaus erwarten, welches an die entsprechenden Versorgungsnetze angeschlossen ist – ohne nachträglichen Aufpreis für die Hausanschlusskosten.

Darüber hinaus könne die Klägerin, die dem Notarvertrag zugrundeliegende Funktionalbaubeschreibung nicht mit Erfolg heranziehen. Eine solche Funktionalbaubeschreibung enthalte keinen ausführlichen Leistungskatalog und definiere die zu erbringende Leistung allgemein. § 3 des Notarvertrages stelle eine solche Funktionalbaubeschreibung dar und sei nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Danach lasse sich dem Wortlaut („Die Versorgung mit Heizung und Warmwasser erfolgt über einen Fernwärmeanschluss (…)“) bereits entnehmen, dass ein solcher Wasser- und Fernwärmeanschluss bei Übergabe funktionstüchtig vorhanden ist. Hinsichtlich der Stromversorgung sei hingegen unklar, ob auch der Hausanschluss für den Strom erfasst oder nicht erfasst sein soll. Im Rahmen einer Bestellung eines „fertigen Hauses“ könne allerdings von einem Haus ausgegangen werden, welches über jegliche zum Bewohnen notwendige Funktionen verfügt. Davon umfasst sei auch der Stromhausanschluss, weshalb auch dieser von der Leistungspflicht der Klägerin umfasst sei.

Die Klägerin war mithin zur Zahlung der Hausanschlusskosten verpflichtet. Das Landgericht habe zu Recht angenommen, ein Anspruch auf Erstattung jener Kosten bestehe weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag noch der ungerechtfertigten Bereicherung.

Praxishinweis | OLG Celle 14 U 100/21

Bei einem Bauträgervertrag und vor allem bei einem solchen, der einen Pauschalpreis zugrunde legt, sollte grundsätzlich alles explizit vom Pauschalpreis ausgenommen werden, was nicht vom Leistungsumfang umfasst sein soll. Ist die Erstellung eines bezugsfertigen Hauses geschuldet, so ist der Bauträgervertrag dahingehend auszulegen, dass das Haus auch an die entsprechenden Versorgungsnetze angeschlossen ist. Die Kosten sind dann vom Bauträger selbst zu tragen und können nachträglich nicht vom Käufer zurückverlangt werden.