BGH V ZR 201/20
Wohnungseigentum: Rechtsfolgen der Ausgliederung eines zum Verwalter bestellten einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft

22.11.2021

Leitsatz | BGH V ZR 201/20

Bei der Ausgliederung eines zum Verwalter bestellten einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft gehen die Organstellung und der Verwaltervertrag in aller Regel im Wege der Rechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über; allein der Umstand, dass eine natürliche Person zum Verwalter bestellt wurde, gibt dem Verwalteramt und -vertrag nicht ein höchstpersönliches Gepräge.

Sachverhalt | BGH V ZR 201/20

Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die S P wurde im November 2014 bis zum 30.06.2018 zur Verwalterin bestellt. Sie führt ein im Handelsregister eingetragenes einzelkaufmännisches Unternehmen, welches sie am 31.08.2017 zur Neugründung der K GmbH ausgliedert, dessen Geschäftsführer Frau P und eine weitere Person sind. Auf der Eigentümerversammlung am 18.05.2018 verlängerten die Wohnungseigentümer des Verwaltervertrag und die Verwalterbestellung der K GmbH bis zum 30.06.2021.

Der Kläger hatte diesen Beschluss angefochten, woraufhin das AG Berlin-Schöneberg diesen für ungültig erklärt. Die Berufung der Beklagten bleibt erfolglos. Die Beklagten wenden sich mit der Revision gegen die Ungültigerklärung des Beschlusses.

Entscheidung | BGH V ZR 201/20

Die zulässige Revision ist begründet. Der Beschluss ist nicht ungültig.

Zutreffend sei die Annahme, dass es bei der Neubestellung eines Verwalters regelmäßig geboten sei, Alternativangebote einzuholen. Hingegen sei dies bei einer Wiederbestellung nur geboten, wenn sich seit der Erstbestellung des wieder zu bestellenden Verwalters der Sachverhalt verändert habe. Rechtsfehlerhaft sei, dass in der Beschlussfassung eine Neubestellung zu sehen ist und mithin eine Einholung von Alternativangeboten erforderlich gewesen ist.

Es sei zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Ausgliederung wirksam war und das gesamte Hausverwaltungsunternehmen der ehemaligen Verwalterin erfasst. Es sei umstritten, ob im Falle einer Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kaptalgesellschaft die Verwalterstellung und der Verwaltervertrag auf Letztere übergehen. Während eine Ansicht einen solchen Übergang wegen des Verlustes des Vertrauensverhältnisses zu der zum Verwalter bestellten natürlichen Person verneint, folgt der Senat der gegenteiligen Ansicht: Bei der Ausgliederung eines zum Verwalter bestellten einzelkaufmännischen Unternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft gehen die Organstellung und der Verwaltervertrag in aller Regel im Wege der Rechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über.

Anzuwenden sei das Umwandlungsgesetz. Vom grundsätzlichen Übergang des von der Ausgliederung umfassten Vermögens des einzelkaufmännischen Unternehmens einschließlich der Verbindlichkeiten sind die höchstpersönlichen Rechte und Pflichten ausgenommen. Daher komme es darauf an, ob das Verwalteramt und der Verwaltervertrag aus umwandlungsrechtlicher Sicht als höchstpersönliche Rechtsverhältnisse anzusehen sind.

Dagegen spreche schon die Tatsache, dass die Regelungen der §§ 152 ff., 123 ff. bei der Annahme eines höchstpersönlichen Geschäfts für weite Tätigkeitsbereiche leerlaufen würden. Auch rechtfertige die Stellung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht die generelle Annahme eines höchstpersönlichen Rechtsverhältnisses. Zwar komme es den Eigentümern darauf an, einen fachkundigen Verwalter zu bestellen. Jedoch müsse dieser die Aufgaben nicht zwingend höchstpersönlich erledigen. Eine andere Bewertung erfolge auch nicht dadurch, dass die Eigentümer nach der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft nicht mehr verhindern können, dass Wechsel in der Geschäftsführung und im Gesellschafterbestand vollzogen werden. Ihnen bleibt vielmehr stets das Recht zu dessen Abberufung und zur außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrags.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes könne die Höchstpersönlichkeit des Rechtsverhältnisses auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend erfolgen, dass bei der Bereitstellung einer natürlichen Person zum Verwalter im Zweifel von einem Ausschluss der Rechtsnachfolge auf eine Kapitalgesellschaft auszugehen werde. Fraglich sei schon, ob ein vertraglicher Ausschluss des Übergangs des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögens überhaupt möglich ist. Darüber hinaus fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke in dem Verwaltervertrag, die Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung wäre. Ein Ausschluss widerspräche sowohl dem Willen des Verwalters als auch dem Willen der Wohnungseigentümer.

Alternativangebote müssen zur Vorbereitung einer Wiederbestellung der bisherigen Verwaltung nur eingeholt werden, wenn sich bei der Amtsführung des Verwalters relevante Veränderungen wie Qualitätsdefizite oder eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Verwaltung und Wohnungseigentümern ergäben, oder wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass dieselben Leistungen von anderen Verwaltungen spürbar kostengünstiger zu erhalten wären. Solche Anhaltspunkte sind bei dem Wechsel des Rechtsträgers wie im vorliegenden Fall nicht anzunehmen.

Insgesamt kann also der Beschluss nicht als ungültig angesehen werden, weil keine Alternativangebote eingeholt wurden. Eine solche Einholung war nicht erforderlich. Der Beschluss ist gültig und die Revision hat Erfolg.

Praxishinweis | BGH V ZR 201/20

Sollte die Verlängerung des Verwaltervertrages gewollt sein, obwohl es einen Rechtsträgerwechsel gegeben hat, so ist dies problemlos möglich. Dabei ist zu beachten, dass eine Einholung von Alternativangeboten nur erforderlich ist, wenn sich der Sachverhalt ändert. Eine solche Änderung ist beispielsweise bei einem Qualitätsverlust bezüglich der Verwaltung durch den Wechsel anzunehmen. Ein Qualitätsverlust liegt in der Regel nicht vor, wenn wie im vorliegenden Fall, die Geschäftsführerin der neuen GmbH die gleiche natürliche Person ist wie die ausgegliederten Unternehmen.