OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/20, 3 Wx 61/20
Wirksamkeit der Bestellung des Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker

10.01.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
09.04.2021
I-3 Wx 61/20, 3 Wx 61/20
ZEV 2021, 512

Leitsatz | OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/20, 3 Wx 61/20

  1. Reichen Eheleute, deren Erbvertrag der Notar beurkundet hat, bei diesem einen privatschriftlichen „Nachtrag“ ein, in dem sie den Notar als Testamentsvollstrecker einsetzen, ohne dass er die im Nachtrag enthaltenen Erklärungen oder die Übergabe des Nachtrags als letztwillige Verfügung beurkundet, so stehen der Wirksamkeit der Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker §§ 7, 27 BeurkG i.V.m. § 125 BGB nicht entgegen. (Rn.16)
  2. Die Verwahrung des „Nachtrags“ zusammen mit der Haupturkunde oder Anheftung an diese führt nicht dazu, dass nunmehr eine einheitliche Urkunde vorliegt und die Urkundstätigkeit des Notars sich dann auch auf den an die Haupturkunde angeklebten oder angehefteten und in ihr verwahrten privatschriftlichen „Nachtrag“ erstreckt. (Rn.21)
  3. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts bzw. die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Frage des Vorliegens einer Urkundstätigkeit oder eines Umgehungstatbestands bei der Bestellung des Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker erfordert. (Rn.23)

Sachverhalt | OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/20, 3 Wx 61/20

Die Beteiligte zu 1 hatte am 15. Oktober gemeinsam mit dem Erblasser einen notariellen Erbvertrag errichtet, den sie von dem Beteiligten zu 4 haben beurkunden lassen. Der Erbvertrag hob alle früheren Verfügungen von Todes wegen auf und regelte die Erbfolge neu. Noch am selben Tag setzten die Eheleute einen handschriftlichen, von beiden unterschriebenen Nachtrag auf, in dem sie die Testamentsvollstreckung anordnen und den Beteiligten zu 4 zum Testamentsvollstrecker ernennen. Daraufhin beantragt der Beteiligte zu 4 die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Das Nachlassgericht lehnt diesen Antrag mit Beschluss vom 26.11.2019 ab, da die Benennung des Beurkundungsnotars wegen eines Verstoßes gegen § 7 BeurkG, § 125 BGB unwirksam sei. Der Beteiligte zu 4 habe durch Verbindung des Erbvertrages mit der handschriftlichen Erklärung über die Anordnung der Testamentsvollstreckung und Benennung des Testamentsvollstreckers eine einheitliche Urkunde unter einheitlichem Aktenzeichen geschaffen, welche in amtliche Verwahrung genommen worden sei.

In der Beschwerde des Beteiligten zu 4 weist dieser die Behauptung zurück, er habe den notariellen Erbvertrag mit dem handschriftlichen Nachtrag fest verbunden. Vielmehr habe er, nachdem die Eheleute das Notariat verlassen hätten, einen Anruf erhalten und den beiden am Telefon den Text einer Testamentsvollstreckerbestimmung diktiert, welche später im Notariat abgegeben wurde. Eine feste Verbindung beider Dokumente lasse sich den Original-Urkunden nicht entnehmen. Letztlich käme es auf eine solche Verbindung im Ergebnis nicht an, da die Unwirksamkeit einer Testamentsvollstreckerbestimmung voraussetzt, dass die Willenserklärung Bestandteil der Urkundstätigkeit des Notars geworden sei. Indem die Eheleute den Nachtrag erst später im Notariat abgegeben haben, erstrecke sich die Beweiswirkung der öffentlichen Urkunde schon nicht auf den Vorgang der Übergabe (§ 2232 S. 1 2. Alt. BGB).

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es ist weiterhin der Ansicht, der Beteiligte zu 4 habe den Erbvertrag und den Nachtrag geöst und durch Schnur und notarielles Prägesiegel physisch verbunden (§ 44 BeurkG) und zu einer einheitlichen Urkunde gemacht.

Entscheidung | OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/20, 3 Wx 61/20

Das OLG Düsseldorf sieht die Beschwerde des Beteiligten zu 4 als begründet an. Dieser sei wirksam gemäß § 2368 Abs. 1 BGB durch den Nachtrag zum Testamentsvollstrecker ernannt worden, weshalb ihm das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen sei.

Der Nachtrag verstoße nicht gegen §§ 7, 27 BeurkG i.V.m. § 125 BGB. Ein solcher wäre gegeben, wenn der Notar an der Beurkundung einer letztwilligen Verfügung mitgewirkt hätte, die ihn als Testamentsvollstrecker des Erblassers ernennt. Jedoch habe der Beteiligte zu 4 weder eine mündliche Erklärung des Erblassers betreffend die Ernennung zum Testamentsvollstrecker beurkundet (§ 2232 BGB), noch wurde ihm ein offenes oder verschlossenes Schriftstück übergeben, welches er dann beurkundet habe (§ 2276 Abs. 1 S. 2 BGB, § 30 BeurkG).

Auch frühere Rechtsprechungen haben in einer nachträglichen Ernennung als Testamentsvollstrecker außerhalb der notariellen Beurkundung keinen Verstoß gegen §§ 7, 27 BeurkG gesehen.
Es sei nicht schon deshalb Urkundstätigkeit entfaltet worden, weil der Nachtrag in der Überschrift Bezug auf den Erbvertrag nimmt. Vielmehr enthalte der Erbvertrag gerade keine Bezugnahme auf eine zu erwartende privatschriftliche Erklärung. Insoweit sei der Notar nicht tätig geworden.

Darüber hinaus erfüllt die physische Zusammenführung nicht die Voraussetzungen des § 44 BeurkG, welcher eine Sollvorschrift für die Verbindung einheitlicher Urkunden darstelle. Abzustellen sei im vorliegenden Fall auf § 18 Abs. 2 DONot, welcher es zum Zwecke der Aufbewahrung ermöglicht, dass Nachträge mit der Haupturkunde verwahrt oder dieser angeheftet werden, ohne dadurch eine einheitliche Urkunde entstehen zu lassen.

Es liegt keine unwirksame Ernennung zum Testamentsvollstrecker vor. Die Beschwerde ist begründet.

Praxishinweis | OLG Düsseldorf I-3 Wx 61/20, 3 Wx 61/20

Sollte ein Notar einen Erbvertrag beurkunden und vom selben Erblasser zum Testamentsvollstrecker benannt worden sein, sei darauf zu achten, dass sich seine Urkundstätigkeit nicht auch auf die Ernennung erstreckt. Die Beurkundung sollte mithin ohne jeglichen Hinweis auf eine weitere privatschriftliche Erklärung beendet werden, um jegliche Verbindungen der Beurkundung des Erbvertrags mit dem späteren Nachtrag verhindern zu können. Grundsätzlich sei es jedoch möglich, dass die Beurkundung eines Erbvertrags und die Aufgabe des Testamentsvollstreckers in einer Person zusammenfallen.