OLG München 20 U 2998/16
Verzicht auf Rückforderungsanspruch stellt keine Schenkung im Rechtssinne dar

15.11.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
23.11.2016
20 U 2998/16
BeckRS 2016, 20927

Leitsatz | OLG München 20 U 2998/16

Ist in einem Grundstücksübergabevertrag eine bedingte und durch Vormerkung gesicherte Rückübertragungsverpflichtung des Erwerbers für den Fall vorgesehen, dass er ohne Zustimmung des Veräußerers über den Grundbesitz verfügt, einem Insolvenzverfahren unterliegt oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Vertragsbesitz eingeleitet werden, und haben die Beteiligten später diesen Rückübertragungsanspruch aufgehoben und die Löschung der Vormerkung beantragt und bewilligt, so stellt dieser spätere Verzicht auf das Rückforderungsrecht nach § 517 Alt. 2 BGB keine Schenkung im Rechtssinne dar. 

Sachverhalt | OLG München 20 U 2998/16

Im vorliegenden Fall hat die Mutter des Klägers diesem mit Übergabevertrag einen 2/3-Miteigentumsanteil an einem Wohnhaus als Schenkung überlassen, gegen Einräumung eines Wohn- und Nutzungsrechts und unter Auflagen - festgehalten in der zusätzlichen Vereinbarung eines bedingten Rückübertragungsanspruchs, zu dessen Sicherung eine Vormerkung zugunsten der Schenkerin ins Grundbuch eingetragen wurde.

Nachdem die Parteien des Überlassungsvertrags den Rückübertragungsanspruch aufgehoben und die Löschung der Vormerkung beantragt und bewilligt hatten, verkaufte der Kläger das Anwesen.
Daraufhin forderte der Beklagte vom Kläger eine Zahlung mit der Begründung, dass die Löschung der Rückübertragungsvormerkung eine Schenkung darstelle. Er macht geltend, dass die Schenkerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes sozialhilferechtliche Aufwendungen vom Beklagten als Sozialhilfeträger in Anspruch nehmen muss, und, nach erfolgter Aufhebung des Rückübertragungsanspruchs, nunmehr einen Herausgabeanspruch gegen den Beschenkten hat, vgl. § 528 BGB, welchen der Beklagte gemäß § 93 Abs. 1 SGB XII zur Abgeltung seiner Aufwendungen auf sich überleitet.

Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Bescheide hat der Kläger die geforderte Summe bezahlt.

Entscheidung | OLG München 20 U 2998/16

Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung der von ihm nach erfolglosem Widerspruch gegen die Bescheide des Beklagten bezahlten Summe. Der Beklagte hat den Geldbetrag durch Leistung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt.

Als richtig wird angesehen, dass die Vormerkung werthaltig gewesen ist, da sie den Verkehrswert des Grundstücks negativ beeinträchtigt hat.

Die tatsächliche Ausübung des Rückübertragungsanspruchs hing allein vom künftigen Verhalten des Klägers ab. Dessen Verhalten gab allerdings keinen Anlass zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Ausübung des Rückforderungsrechts. Dies ist entgegen der Sichtweise des Beklagten für die Endgültigkeit des Erwerbs nicht unerheblich, sondern bedeutet, dass die Berechtigte das Recht noch nicht endgültig erworben hatte. Ebenso ist dieses Recht noch nicht bereits mit der Eintragung der Vormerkung endgültig erworben worden.

Im Ergebnis hatte die Schenkende den Rückforderungsanspruch bis zum Abschluss des Erlassvertrages noch nicht endgültig erworben.

Somit sind die vertragliche Aufhebung des Rückübertragungsanspruchs und die Löschung der diesbezüglichen Vormerkung rechtlich nicht als Schenkung anzusehen, sondern entsprechen vielmehr der gesetzlichen Bestimmung des § 517 Alt. 2 BGB.


Praxishinweis | OLG München 20 U 2998/16

In der vorhandenen Literatur besteht Einigkeit über die rechtliche Beurteilung der hier zu entscheidenden Konstellation.

Auch wenn auf das Grundverhältnis der Parteien abgestellt wird, gelangt das OLG zum selben Ergebnis. Dieses war im Schwerpunkt unentgeltlich. Mit dem Verzicht samt Löschungsbewilligung war keine weitere Leistung der Mutter verbunden, unstreitig unberührt geblieben sind insbesondere Eigentumsübertragung und Nutzungsrechte.

Erkennbar für den Beklagten hat der Kläger nur unter dem Druck der mit Bescheid erfolgten Zahlungsaufforderung geleistet. Deshalb hindert § 814 BGB die Rückforderung nicht.