OLG Schleswig 3 Wx 12/19
Verstoß gegen gemeinschaftliches Testament bei Austausch der Person des Testamentsvollstreckers

17.05.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Schleswig
04.11.2019
3 Wx 12/19
ZEV 2020, 158

Leitsatz | OLG Schleswig 3 Wx 12/19

  1. Die nachträglich einseitig verfügte Auswechslung des Testamentsvollstreckers durch den überlebenden Ehegatten verstößt jedenfalls dann gegen das zugrunde liegende gemeinschaftliche Testament, wenn dort eine unentgeltliche Testamentsvollstreckung vorgesehen war und der überlebende Ehegatte nunmehr einen Testamentsvollstrecker einsetzt, dem eine Vergütung zustehen soll. (n. amtl. Ls.)
  2. Wirksam ist hingegen die ersatzweise Anordnung des Wegfalls der Testamentsvollstreckung durch den überlebenden Ehegatten. (n. amtl. Ls.)

Sachverhalt | OLG Schleswig 3 Wx 12/19

Die Erblasserin E und ihr vorverstorbener Ehemann M errichteten 2001 ein notarielles gemeinschaftliches Testament, in dem sie ihre drei Kinder, die Beteiligten zu 1-3, zu je 1/3 als Erben nach dem Tode eines jeden von ihnen einsetzten. B 1 erhielt aus dem Vermögen jedes Elternteils je ein Vorausvermächtnis. Sämtliche Bestimmungen des Testaments sollten, soweit nicht anders bestimmt und soweit gesetzlich zulässig, wechselbezüglich sein. In dem Testament wurde außerdem die Testamentsvollstreckung angeordnet und B 3 als Testamentsvollstrecker benannt. Dieser sollte sich unentgeltlich um die Erfüllung der Vorausvermächtnisse und die Auseinandersetzung des Nachlasses kümmern.

In einem 2007 geschlossenen Erbvertrag vereinbarten die Eltern mit B 3 ein Vermächtnis zu seinen Gunsten.

2015 errichtete E ein notarielles Testament, in dem sie die Einsetzung ihres Sohnes B 3 zum Testamentsvollstrecker im gemeinschaftlichen Testament widerrief und stattdessen B 4 als neue Testamentsvollstreckerin bestimmte. Ersatzweise sollte das Nachlassgericht einen nicht Familienangehörigen als Testamentsvollstrecker bestimmen. Auch die Rechtsanwältin C sollte hiervon ausgeschlossen sein. E ordnete eine Testamentsvollstreckervergütung nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins an. Für den Fall, dass die Auswechslung der Person des Testamentsvollstreckers unwirksam sein sollte, sollte die Anordnung der Testamentsvollstreckung vollumfänglich als aufgehoben gelten. Dieses Testament wiederholte E im Kern in einem handschriftlichen Testament von 2017.

B 4 nahm in der Folge das Amt der Testamentsvollstreckerin an und beantragte die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Dem traten B 2 und 3 entgegen und beriefen sich hierbei auf die Unwirksamkeit ihrer Ernennung.

Entscheidung | OLG Schleswig 3 Wx 12/19

Die Beschwerde des B 2 gegen die durch das Nachlassgericht angekündigte Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnis hatte Erfolg.

 

Die Berufung der B 4 zur Testamentsvollstreckerin im Ergänzungstestament von 2015 sei wegen Verstoßes gegen die Schlusserbeneinsetzung im gemeinschaftlichen Testament unwirksam. Einwände gegen die Eignung der B 4 zur ordnungsgemäßen Amtsführung und die erhobenen Vorwürfe der Parteilichkeit seien hierbei unbeachtlich.

 

Aufgrund der Wechselbezüglichkeit des Testaments war die Schlusserbeinsetzung für die Ehegatten bindend. Ein Widerruf kam nur zu Lebzeiten des anderen Ehegatten nach § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB iVm. § 2296 BGB in Betracht. Das Recht zum Widerruf erlosch gem. § 2271 Abs. 2 BGB mit dem Tode des anderen Ehegatten.

 

Der Austausch der Person des Testamentsvollstreckers durch die nach dem Tode des M einseitig getroffene letztwillige Verfügung der E stellte insofern eine unzulässige Beeinträchtigung der Schlusserbeinsetzung der Kinder im gemeinschaftlichen Testament dar. Die Beeinträchtigung der Schlusserben ergebe sich aus der mit dem Austausch der Person verbundenen Vergütungsregelung, denn in dem gemeinschaftlichen Testament war ausdrücklich verfügt worden, dass der ursprünglich als Testamentsvollstrecker benannte B 3 seine Aufgabe unentgeltlich ausüben sollte. Die Verfügung der E aus dem Jahr 2015 sah hingegen eine Vergütung nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins vor.

 

Zwar wäre die Auswechslung der Person des Testamentsvollstreckers für sich betrachtet unschädlich, weil auch gemeinschaftlich getroffene Regelungen zur Testamentsvollstreckung niemals wechselbezüglich seien und deshalb frei widerrufen werden können. Unzulässig sei aber, eine damit einhergehende Beeinträchtigung der wechselbezüglichen Schlusserbeneinsetzung.

 

Mit der Vergütungsanordnung wird ein Anspruch des Testamentsvollstreckers gegen den Nachlass begründet. Hierin liege nicht etwa eine rechtlich unbedenkliche rein wirtschaftliche Beeinträchtigung der Schlusserben. Denn neben der rein wirtschaftlichen Beeinträchtigung sei davon auszugehen, dass eine dem Recht des vertragsmäßig Bedachten widersprechende Verfügung stets auch dessen Recht beeinträchtige (vgl. NJW 1958, 498, 499).

 

Aufgrund der gesamtschuldnerischen Pflicht der Erben zur Erfüllung des Vergütungsanspruchs seien diese nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich belastet.

 

Das Gericht stellte weiter klar, dass die Beeinträchtigung der Erben nicht zwingend zur Unwirksamkeit der geänderten Regelung der Testamentsvollstreckung führt. Beeinträchtigende Verfügungen sind zulässig, soweit sie dem überlebenden Ehegatten gestattet sind. Es kommt letztlich auf die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments an.

 

Aufgrund der ausdrücklich angeordneten Unentgeltlichkeit der Testamentsvollstreckung und mangels Wegfalls des ursprünglich vorgesehenen Testamentsvollstreckers ergab sich jedoch auch im Wege der Auslegung keine Änderungsbefugnis der E.

 

Insoweit war damit auch das letzte Testament der E von 2017 unwirksam.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Praxishinweis | OLG Schleswig 3 Wx 12/19

Bei der Gestaltung gemeinschaftlicher Testamente sollten daher stets die beschränkten Änderungsmöglichkeiten des Letztversterbenden berücksichtigt und falls gewünscht entsprechende Änderungsbefugnisse möglichst klar zum Ausdruck gebracht werden.

Statt der Einräumung weitgehender Änderungsbefugnisse ist gegebenenfalls auch der Verzicht auf ein gemeinschaftliches Testament in Betracht zu ziehen.