OLG Hamm 4 U 137/15
UWG-Verstoß bei fehlenden Pflichtangaben nach der EnEV in Immobilienanzeigen

30.11.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Hamm
04.08.2016
4 U 137/15
BeckRS 2016, 18637

Leitsatz | OLG Hamm 4 U 137/15

Zur Frage, ob und inwieweit die Pflichtangaben für Immobilienanzeigen nach § 16a EnEV als wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG anzusehen sind. 

Sachverhalt | OLG Hamm 4 U 137/15

Kläger ist ein nach § 4 UKlaG eingetragener Umwelt- und Verbraucherschutzverband, der Beklagte arbeitet als Immobilienmakler. Der Beklagte inserierte am 31.01.2015 in einer Zeitung eine Anzeige für eine Wohnung mit der Angabe zur energetischen Beschaffenheit des Objekts „Gas 155,40 kWh/m²a“; außerdem stellte er wenige Tage später eine Anzeige auf seine Homepage, welche abweichende Angaben zur Beschaffenheit enthielt, wie das Ablaufdatum des Bedarfsausweises des Gebäudes und das Baujahr 1991. Der Kläger mahnte den Beklagten ab und rügte das Fehlen der in § 16a EnEV aufgeführten Angaben zur Art des Energieausweises und zum Baujahr der Immobilie im Zeitungsinserat. Der Beklagte wies die Abmahnung mit der Begründung zurück, zur Zeit des Zeitungsinserats habe kein Energieausweis für das Objekt existiert. Die unvollständigen energiebezogenen Angaben beruhten auf einem Fehler beim Erstellen der Anzeige, ein Mitarbeiter habe versehentlich Daten eines anderen Objekts nicht gelöscht. Der Kläger wies darauf hin, dass Energieausweise für Immobilien für eine Dauer von 10 Jahren ausgestellt würden und da der Energieausweis des Objekts laut Internetauftritt des Maklers bis zum 15.05.2024 gültig sei, sei als Ausstellungsdatum der 15.05.2014 anzunehmen, er habe also zum Zeitpunkt des Zeitungsinserats bereits existiert. Das Landgericht entschied zugunsten des Maklers, da dieser nicht Normenadressat der Regelung des §16a EnEV sei. In seiner Berufung gegen dieses Urteil vertritt der Kläger die Ansicht, dass § 16a EnEV richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass derjenige, der die Immobilienanzeige aufgebe, zur Angabe der Energiekennwerte verpflichtet sei. Außerdem ergäbe sich eine Verantwortlichkeit des Maklers auch aus § 26 Abs. 2 EnEV, da der Makler im Auftrag des Verkäufers tätig werde. Überdies habe der Beklagte unlauter gehandelt nach § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG, da es sich bei den Pflichtangaben gemäß § 16a Abs. 1 Nr. 1 – Nr. 5 EnEV um wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG handele. Aus den Grundsätzen der wettbewerbsrechtlichen Täterschaft und Teilnahme bzw. unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht ergebe sich eine Haftung des Beklagten. Schließlich entspreche die Schaltung der Anzeige ohne Erteilung aller von § 16a EnEV geforderten Angaben nicht der unternehmerischen Sorgfalt im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG. 

Entscheidung | OLG Hamm 4 U 137/15

Das OLG Hamm widersprach der Ansicht des Landgerichts und sah den Unterlassungsanspruch des Klägers zumindest nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG als begründet an, sodass die Frage eines Verstoßes gegen § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 4, Abs. 2 EnEV keiner Entscheidung bedarf. Der Beklagte habe dadurch, dass er in der Zeitungsanzeige nicht die Art des Energieausweises und das im Energieausweis genannte Baujahr des Objekts angegeben hat, gegen § 3 Abs. 2, § 5a Abs. 2 UWG a.F. verstoßen, da es sich bei Informationen bezüglich der Art des Energieausweises und bei dem dort genannten Baujahr um wesentliche Informationen i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG a.F. handele. Hinsichtlich eines Entschlusses zur Anmietung der betreffenden Wohnung sei es für den durchschnittlichen Verbraucher von erheblichem Interesse, Informationen zur Art des Energieausweises und zu dem im Energieausweis genannten Baujahr des Objekts zu erhalten.  Diese Informationen habe der Beklagte den Verbrauchern vorenthalten, da der Senat davon ausgeht, dass bei Schaltung der Zeitungsanzeige ein Energieausweis für das beworbene Objekt existierte und dass die Angaben daraus dem Beklagten bekannt waren.

In seiner Entscheidung setzte sich das OLG Hamm auch mit der am 10.12.2015 eingetretenen Neufassung des § 5a Abs. 2 UWG auseinander, und beurteilte die beanstandete Zeitungsanzeige sowohl nach der alten Fassung als auch der neuen Fassung als unlauter und damit nach § 3 Abs. 1 UWG als unzulässig.

Praxishinweis | OLG Hamm 4 U 137/15

Verkäufer, Vermieter oder Verpächter handeln wettbewerbswidrig, wenn sie beim Veröffentlichen einer Immobilienanzeige, die gemäß § 16a Energieeinsparverordnung (EnEV) erforderlichen Pflichtangaben nicht mit aufführt; aber auch Maklern kann untersagt werden, Anzeigen für Mietwohnungen ohne die Angaben zur Art des Energieausweises und zu dem im Energieausweis genannten Baujahr zu veröffentlichen oder Verkaufsanzeigen ohne die Angabe zum wesentlichen Energieträger . Zwar folgt ein Wettbewerbsverstoß der Makler nicht unmittelbar aus der ungenügenden Befriedigung des Informationsbedürfnisses nach § 16a EnEV, da Makler möglicherweise nicht zu den Normenadressaten dieser Norm gehören. Die Wettbewerbswidrigkeit folgt vielmehr aus § 5a Abs. 2 UWG, weil die Anzeigen den Verbrauchern eine wesentliche Information vorenthalten, die diese benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können und deren Vorenthalten geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.