KG 13 UF 18/20
Unternehmensnachfolge auf Minderjährige / Betreute

28.09.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
05.03.2020
13 UF 18/20
NZG 2020, 548

Leitsatz | KG 13 UF 18/20

  1. Das FamG kann die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Rechtsgeschäfts eines Elternteils für das minderjährige Kind, mit dem das Kind einen Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingeht, auch auf die persönliche Eignung des (Fremd-)Geschäftsführers der Gesellschaft erstrecken, wenn die Verantwortung für die Vermögenslage des Kindes in der Gesellschaft maßgeblich vom Wirken des Geschäftsführers abhängt.
  2. Wenn die Zweifel an der persönlichen Eignung des Fremdgeschäftsführers der Gesellschaft allein mit dessen strafgerichtlichen Verurteilung begründet werden, kann die Genehmigung des Rechtsgeschäfts jedenfalls dann nicht versagt werden, wenn die strafgerichtliche Verurteilung länger als der in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG genannte Zeitpunkt zurückliegt und auch nicht wegen der dort aufgeführten Taten erfolgt ist.

(amtl. Leitsätze)

Sachverhalt | KG 13 UF 18/20

Die minderjährige Antragstellerin war eine von drei Erbinnen ihres verstorbenen Vaters. Dessen Nachlass stand zu 50 Prozent seiner zweiten Ehefrau zu und im Übrigen der Antragstellerin sowie ihrer Halbschwester. Er bestand im Wesentlichen aus mehreren vermieteten Immobilien. Zur Verwaltung des ungeteilten Nachlasses gründeten die Halbschwestern eine GbR, in die ihr Anteil am Nachlass eingebracht werden sollte um ihn zu erhalten und zu bewirtschaften.

Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass der einzige Bruder des Verstorbenen zum Geschäftsführer und Vertreter der Gesellschaft berufen wird.

Das Familiengericht genehmigte die von der Mutter der Antragstellerin abgegebenen Erklärungen im Hinblick auf die Gesellschaftsgründung mit Ausnahme derjenigen Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, nach der der Onkel zum Geschäftsführer der GbR berufen wurde.

Hierzu führte das Gericht an, dass dessen persönliche Eignung nicht gegeben sei. Grund war, dass er 2012 wegen Vorteilsgewährung gem. § 333 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein.

Entscheidung | KG 13 UF 18/20

Das Kammergericht erachtete die Beschwerde für zulässig und begründet.

Zwar sei es richtig, dass der Gesellschaftsvertrag nach § 1643 Abs. 1 BGB und § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB der Genehmigung bedürfe. Maßstab für die Erteilung sei allerdings allein das Interesse des Kindes und dessen Wohl. Beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrags habe das Familiengericht außer der vertraglichen Stellung des Kindes in der Gesellschaft und neben vermögensrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich auch die Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Vermögensverhältnisse sowie ihrer charakterlichen und fachlichen Eignung zu beurteilen. Denn die Verantwortung für die Vermögenslage des Kindes in der Gesellschaft liege vorwiegend bei den geschäftsführenden Gesellschaftern. Was danach also für den geschäftsführenden Gesellschafter gelte, müsse sinngemäß auch für den (Fremd-) Geschäftsführer gelten.

Im Hinblick hierauf sei die Ermessensentscheidung des Familiengerichts fehlerhaft, da es die charakterliche und fachliche Eignung des Geschäftsführers für den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts überspannt habe und andererseits nicht auch die ideellen Gesichtspunkte bei der Prüfung des Gesamtinteresses in die Abwägung eingestellt habe.

Zum einen erscheine die Auffassung der Erstinstanz, aufgrund der Verurteilung aus dem Jahr 2012 sei der Onkel auch heute noch charakterlich ungeeignet, unzutreffend. Denn aus § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG ergebe sich, dass Geschäftsführer einer GmbH nicht sein kann, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten aus dem dort aufgeführten Katalog verurteilt worden ist und das Urteil weniger als fünf Jahre rechtskräftig ist. Vorliegend liege jedoch weder eine Katalogstraftat vor, noch sei die Fünf-Jahres-Grenze unterschritten. Es sei auch unzutreffend, an die charakterliche Eignung eines Geschäftsführers einer Gesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft im Sinne von § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB betreibe, strengere Anforderungen zu stellen als vom Gesetz in anderen, vergleichbaren Fällen ausdrücklich vorgesehen werde.

Zum anderen habe die Erstinstanz weitere, auch ideelle Gesichtspunkte bei der Abwägung aller für das Gesamtinteresse maßgeblichen Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen: hierzu zähle die Tatsache, dass der Onkel anders als ein Fremdgeschäftsführer keine Vergütung einfordern und lediglich Ersatz seiner Auslagen verlangen wollte, was zu finanziellen Vorteilen für das Kind führte. Es hätte ferner berücksichtigt werden müssen, dass der Onkel Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Immobilienverwaltung verfügte, was ebenfalls im Interesse des Kindes sei. Besonderes Gewicht habe der Gesichtspunkt, dass es sich bei der Gesellschaft um eine reine Familiengesellschaft handelte und es deshalb nachvollziehbar sei, wenn auch die Geschäftsführung im Kreis der Familie verbliebe.

Praxishinweis | KG 13 UF 18/20

Aus den Entscheidungsgründen wird nicht deutlich, inwiefern sich die dort stets aufgeführte Fremdgeschäftsführung mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft einer GbR vertragen soll. Hiernach kann grundsätzlich nur Gesellschaftern – und gerade keinen Dritten – die Geschäftsführungsbefugnis zustehen. Im Übrigen verdeutlicht das Urteil trotz Restriktion in der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 GmbHG die Tendenz der Rechtsprechung, die Kriterien für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit eines Rechtsgeschäfts weiter auszubauen. Für die Praxis könnte das ein erster Hinweis darauf sein, dass auch (Neu-)Bestellungen von Fremdgeschäftsführern und Bevollmächtigten der familiengerichtlichen Genehmigung bedürfen und diese deren fachlichen und charakterlichen Eignung unterliegt. Inwiefern auf eine Genehmigung im Vorfeld durch Vertragsgestaltung bereits hingewirkt werden könnte – bleibt aufgrund des bisher schmalen und vagen Kriterienkatalogs jedoch fraglich.