OLG Oldenburg 12 W 53/19
Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils auf Minderjährigen

28.02.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Oldenburg
17.09.2019
12 W 53/19
ZIP 2019, 2055

Leitsatz | OLG Oldenburg 12 W 53/19

Die auf die Eintragung im Handelsregister aufschiebend bedingte unentgeltliche Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils auf einen Minderjährigen ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf, soweit der Zweck der Gesellschaft auf eine Erwerbstätigkeit gerichtet ist, der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB.

(amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | OLG Oldenburg 12 W 53/19

Der einzige Kommanditist einer KG, deren Unternehmensgegenstand die Erbringung von Dienstleistungen aller Art ist, insbesondere die Vermögensverwaltung sowie Vermietung und Leasing von Immobilien und Mobilien, hatte mit notariellem Übertragungsvertrag im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Teile seiner Kommanditbeteiligung an seine vier Kinder, darunter auch ein minderjähriges Kind, übertragen. Die Abtretung der Gesellschaftsanteile erfolgte dabei unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Übernehmer als Kommanditisten im Handelsregister. Das Registergericht hat die Eintragung abgelehnt.

Entscheidung | OLG Oldenburg 12 W 53/19

Die Entscheidung des OLG geht dahin, dass die Eintragung des minderjährigen Kindes als Kommanditist von der Genehmigung des Beitritts durch einen Ergänzungspfleger abhängig sei, die ihrerseits einer Genehmigung durch das Familiengericht bedürfe.

Die Übertragung sei deshalb von einem Ergänzungspfleger zu genehmigen, da sowohl die Eltern als gesetzliche Vertreter als auch das minderjährige Kind selbst gehindert seien, die Annahme der Übertragung zu erklären.

Die Hinderung ergebe sich daraus, dass die Übertragung eines Gesellschaftsanteils einer Personengesellschaft als Grundlagengeschäft der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfe, somit auch der Geschwister des minderjährigen Kindes als Neugesellschafter. Da der Vater auch nach der Übertragung eines Teils seiner Kommanditbeteiligung weiter Gesellschafter bleibe, greife insoweit bereits § 181 BGB. Für beide Elternteile gelte überdies das Vertretungsverbot nach §§ 1629 II, 1795 I Nr. 1 BGB, da sie als Eltern (auch) mit den anderen Kindern in gerader Linie verwandt seien.

Die Genehmigung der somit ohne Vertretungsmacht abgegebenen Erklärung für das minderjährige Kind könne dieses auch nicht selbst abgeben, da die Übertragung eines Kommanditanteils für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und damit nach §§ 107, 108 BGB genehmigungsbedürftig sei. Da die Eltern als gesetzliche Vertreter die Genehmigung wegen der Beschränkungen der §§ 181, 1629 II, 1795 I Nr. 1 BGB nicht wirksam erklären können, bedürfe es der Genehmigung des Ergänzungspflegers.

Die Frage, ob die unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils bei voll eingezahlter Kommanditeinlage nicht nur lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wenn dieser nur unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung in das Handelsregister und damit unter Ausschluss der Haftung nach § 176 II HGB übertragen wird, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten.

Das OLG nimmt den Standpunkt ein, dass mit der Übertragung der Rechtsstellung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft der Empfänger ein Bündel von wechselseitigen Rechten und Pflichten erwirbt, sodass der Erwerb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei. Hierzu gehöre die Verpflichtung zur Förderung des vereinbarten Gesellschaftszweck, § 705 BGB in Verbindung mit § 105 III, 161 II HGB, die sich nicht in der Beitragsleistung erschöpfe. Dagegen könne der rechtliche Nachteil nicht mit einer Gefahr einer wiederauflebenden Kommanditistenhaftung nach § 172 IV HGB begründet werden, da eine solche Haftung zusätzliche Handlungen voraussetze und nicht unmittelbare Folge des Erwerbs der Kommanditistenstellung sei.

Die Erklärung der Genehmigung durch den Ergänzungspfleger bedarf darüber hinaus nach §§ 1915 I, 1822 Nr. 3 BGB der Genehmigung des Familiengerichts. Insoweit sei der Erwerb eines bestehenden Kommanditanteils mit dem Neuabschluss eines Gesellschaftsvertrags im Sinne von § 1822 Nr. 3 BGB gleichzustellen, da die Übertragung – anders etwa als bei einer Kapitalgesellschaft, bei der die Gesellschaftsanteile frei verfügbar seien – der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfe, mithin den Neuabschluss des Gesellschaftervertrages bedeute. Dieser Neuabschluss des Gesellschaftsvertrages werde auch zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen. Ein solches sei dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit mit dem Willen der Gewinnerzielung ausgeübt wird und auf gewisse Dauer angelegt ist. Das sei hier angesichts der Nutzung des erheblichen Vermögens zur gewerblichen Nutzung in Form von Vermietung und Leasing der Fall.

Praxishinweis | OLG Oldenburg 12 W 53/19

Die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die unentgeltliche Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung in das Handelsregister, nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, bleibt damit uneinheitlich. Leider hat die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde nicht zu einer Entscheidung des BGH geführt; der Beschluss des OLG ist zwischenzeitlich rechtskräftig geworden.