BGH V ZB 42/19
Umfang der Auskunftspflicht eines Notars gegenüber Urkundsbeteiligten und deren Rechtsnachfolgern

06.05.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
08.07.2021
V ZB 42/19
ZEV 2021, 714

Leitsatz | BGH V ZB 42/19

§ 51 BeurkG verpflichtet den Notar weder dazu, einem Urkundsbeteiligten oder seinem Rechtsnachfolger Auskunft darüber zu erteilen, ob er oder sein Rechtsvorgänger überhaupt an der Errichtung von Niederschriften beteiligt waren, die in dem Notariat errichtet wurden oder verwahrt werden, noch dazu, ihnen alle Niederschriften zu benennen, an denen diese beteiligt waren. Der Notar ist auch nicht verpflichtet, einem pauschalen Antrag auf Erteilung von Abschriften aller Niederschriften zu entsprechen, die Erklärungen des Urkundsbeteiligten oder seines Rechtsvorgängers enthalten.

Sachverhalt | BGH V ZB 42/19

Der Erblasser ist am 07.01.2016 verstorben und wurde vom Freistaat Bayern beerbt. Über seinen Nachlass wurde am 12.02.2018 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Der Antragsteller wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verlangte am 19.04.2018 die Fertigung von nicht beglaubigten Zweitschriften sämtlicher Urkunden, die sich im Besitz des Notars befinden und den Erblasser als Urkundsbeteiligten ausweisen, soweit die Urkunden im Zusammenhang mit dem privaten und/ oder geschäftlichen Vermögen des Erblassers stehen. Der Notar verlangte eine Konkretisierung der geforderten Unterlagen. Der Antragsteller erwidert, die Witwe des Erblassers habe sämtliche zur Bestimmung der Vermögenswerte des Erblassers erforderlichen Unterlagen vernichtet. Daraufhin teilte ihm der Notar am 25.06.2018 mit, dass die beantragten Abschriften nicht erteilt werden müssten.

Der Antragsteller legt hiergegen Beschwerde ein und fordert die Anfertigung und Aushändigung der geforderten Unterlagen. Der Beschwerde wurde nicht abgeholfen und vom LG zurückgewiesen. Dagegen legt er Rechtsbeschwerde ein.

Entscheidung | BGH V ZB 42/19

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Der Anspruch auf Erteilung von Abschriften bedeute keine Verpflichtung des Notars, dem Antragsteller Abschriften aller Urkunden mit dem Erblasser als Urkundsbeteiligten zu erteilen. Außerdem schulde der Notar keine Auskunft darüber, ob der Erblasser an Urkunden beteiligt war. Vielmehr beziehe sich der Anspruch aus § 51 Abs. 1 und 3 BeurkG auf einzelne Urkunden, welche so konkret und genau wie möglich bezeichnet werden müssen.

Grundsätzlich sei der Notar zur Fertigung einer Abschrift gegenüber jedem verpflichtet, von dem oder für den bei Errichtung einer Niederschrift eine Willenserklärung abgegeben worden ist. Der Anspruch nach § 51 Abs. 1 Hs. 2 BeurkG stehe neben dem Urkundsbeteiligten selbst auch seinem Rechtsnachfolger zu, wovon auch der Insolvenzverwalter umfasst sein soll. Die Verpflichtung des Notars zur Erteilung von Abschriften gehe insbesondere als spezialgesetzliche Regelung der allgemeinen Verpflichtung des Notars zur Verschwiegenheit vor. Dies bedeute jedoch keine schrankenlose Auskunftspflicht. Der Notar sei nicht verpflichtet Auskunft darüber zu erteilen, ob der Urkundsbeteiligte überhaupt an der Errichtung von Niederschriften beteiligt war, die im Notariat errichtet und verwahrt wurden. Außerdem sei der Notar nicht verpflichtet pauschal Abschriften aller Niederschriften zu erteilen.

Der Gesetzgeber habe sich ausdrücklich dagegen entschieden, Ansprüche auf Auskunft oder Erteilung von Abschriften für andere Personen einzuführen, damit das Vertrauen des rechtssuchenden Publikums in die Verschwiegenheit der Notare nicht enttäuscht werde. Um die gewollten Abschriften zu erhalten, sei der Urkundsbeteiligte oder sein Rechtsnachfolger verpflichtet einen Antrag zu stellen, der die Niederschriften hinreichend bestimmt bezeichnet. Dazu müsse zunächst aufgezeigt werden können, dass vor dem Notar überhaupt eine Niederschrift errichtet wurde und diese muss so genau bezeichnet werden, dass der Notar sie auffinden kann. Eine andere Beurteilung rechtfertige auch der Umstand nicht, dass der Antragsteller sein Amt ohne die Auskunft des Notars nicht ausfüllen könne. Der Gesetzgeber habe sich für eine enge Auslegung der Vorschrift entschieden. Mithin sei die Beschwerde des Antragstellers unbegründet. Der Antragsteller habe nicht einmal dargelegt, was ihn vermuten lässt, der Erblasser sei an Niederschriften bei dem Notar überhaupt beteiligt gewesen. Außerdem wurden im Antrag keine konkreten Niederschriften genannt.

Praxishinweis | BGH V ZB 42/19

Ein Notar ist gegenüber einem Urkundsbeteiligten und deren Rechtsnachfolger nicht schrankenlos zur Auskunft bzw. zur Erteilung von Abschriften verpflichtet. Als Anhaltspunkt kann sich der Notar merken, dass er keine Auskunft bzw. Abschrift schuldet, wenn er die Urkunde mithilfe der Bestimmung/ Bezeichnung des Antragstellers nicht auffinden kann. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Insolvenzverwalter als Rechtsnachfolger ohne die Informationserteilung die Vermögenswerte des Erblassers (Urkundsbeteiligten) nicht bestimmen kann.