OLG Bamberg 1 U 494/20
Trotz groben Missverhältnisses keine Sittenwidrigkeit bei fehlender verwerflicher Gesinnung

02.01.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Bamberg
22.06.2021
1 U 494/20
BeckRS 2021, 44011

Leitsatz | OLG Bamberg 1 U 494/20

Trotz eines auffälligen Missverhältnisses fehlt es an der Sittenwidrigkeit und am wucherähnlichen Rechtsgeschäft gem. § 138 I BGB, wenn der besonders niedrige Kaufpreis nach anwaltlicher Beratung angenommen wird.

Sachverhalt | OLG Bamberg 1 U 494/20

Die B-Bank betreibt eine Zwangsversteigerung gegen die Immobilie der V. Die Immobilie weist nach einem eingeholten Verkehrswertgutachten einen Wert von 510.000 € aus. Um die Zwangsvollstreckung abzuwenden bietet K der V zwei Optionen an. Einmal ein Kauf zu 379.000 € ohne Rückkaufoption oder ein Kauf zu 269.000 € mit Rückkaufoption und Weiternutzung durch V für 18 Monate. Dabei erhöht sich der Rückkaufspreis sukzessiv nach der Nutzungsdauer. V wählt nach anwaltlicher Beratung die zweite Option und lässt danach die Rückkaufsfrist ungenutzt verstreichen. Danach macht V die Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags geltend und behauptet, dass der Wert der Immobilie deutlich über dem in dem Verkehrsgutachten angegebenen Betrag liegt.

Entscheidung | OLG Bamberg 1 U 494/20

Das OLG sieht die Voraussetzungen des § 138 I BGB als nicht gegeben. Selbst wenn man ein grobes Missverhältnis beim Kaufpreis unterstellt, so fehlt es mithin an der verwerflichen Gesinnung. Denn die Verkäuferin hat das Missverhältnis erkannt und nach anwaltlicher Beratung auch angenommen.

Praxishinweis | OLG Bamberg 1 U 494/20

Sollte dem Notar ein grobes Missverhältnis auffallen, so sind die Beteiligten entsprechend zu belehren. Sollten Umstände die Diskrepanz rechtfertigen, sind diese zu dokumentieren.