26.08.2020
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
EuGH
27.02.2020
C-405/18
IStR 2020, 267
(amtliche Leitsätze)
Die Klägerin (AURES Holdings) gründete sich in den Niederlanden, dort war sie steueransässig. Für das Steuerjahr 2017 erlitt sie einen Verlust von über 2,7 Mio €. Am 01.01.2008 gründete die Klägerin eine Zweigniederlassung in der Tschechischen Republik, am 01.01.2009 verlegte sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz und ihre Steueransässigkeit dorthin.
Die Klägerin beantragte bei den tschechischen Steuerbehörden, von der für das Steuerjahr 2012 geschuldete Körperschaftssteuer den ihr im Steuerjahr 2007 in den Niederlanden entstandenen Verlust abziehen zu dürfen. Dem entsprach das tschechische Finanzamt nicht und beschied die Körperschaftssteuer für 2012 ohne Verlustabzug.
Das Oberste Verwaltungsgericht hielt es für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits für erforderlich, auf die Niederlassungsfreiheit einzugehen und beschloss, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Der EuGH erkannte für Recht, dass die Niederlassungsfreiheit auch in Steuerfragen gilt und eine Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat gegründet wurde, sich auch auf Art. 49 AEUV berufen kann, wenn sie in diesem Mitgliedsstaat Verluste macht, bevor sie ihren Verwaltungssitz und ihre Steueransässigkeit auf einen anderen Mitgliedsstaat überträgt und diese Verluste dort geltend macht. Der Anwendungsbereich der Vorschrift sei eröffnet.
Zur Geltendmachung alter Verluste stellte das Gericht zunächst fest, dass es sich hierbei um einen Steuervorteil handelt, der zu einer Ungleichbehandlung für Inländer führen kann. Im Hinblick auf die Rechtfertigung jedoch erkannte der EuGH das legitime Ziel der tschechischen Regelung, durch die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten die Gefahr eines doppelten Verlustabzugs zu vermeiden. Somit sei die Niederlassungsfreiheit durch die tschechische Regelung nicht verletzt worden.
Nicht hingegen käme es auf die Vergleichbarkeit mit den Umständen an, die dem Urteil des Gerichts vom 12.06.2018 – C 650/ 16 (Rs. Bevola und Jens W. Trock) zugrunde lagen. Dort war ein Eingriff in die Niederlassungsfreiheit bei der Übernahme finaler Verluste bejaht worden. Vorliegend handele es sich jedoch weder um eine Betriebsstätte, noch um einen Fall der Wegzugsbesteuerung.
Soweit ersichtlich beschäftigte sich der EuGH in diesem Urteil erstmalig mit der Frage, ob und inwiefern ein steuerlicher Verlusttransfer zwischen den Mitgliedstaaten nach Verlegung des Verwaltungssitzes möglich ist. Obwohl hierbei die Niederlassungsfreiheit betroffen sein kann, verdeutlichte das Gericht gleichzeitig, dass diese keine steuerneutrale Sitzverlegung garantiert. Im Gegenteil: ein Aufnahmemitgliedstaat ist nicht wegen der Niederlassungsfreiheit allein dazu verpflichtet, Verluste die außerhalb seiner Steuerhoheit entstanden sind, zu berücksichtigen.