BFH II B 39/20 (AdV)
Schenkungsteuerfreibetrag für Urenkel

10.03.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
27.07.2020
II B 39/20 (AdV)
ZEV 2020, 785

Leitsatz | BFH II B 39/20 (AdV)

Urenkeln steht jedenfalls dann lediglich der Freibetrag iHv 100.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind. 

(amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | BFH II B 39/20 (AdV)

Die Urgroßmutter schenkte ihren beiden Urenkeln jeweils einen Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück. Das Finanzamt (FA) setzte gegenüber den Antragstellern jeweils Schenkungsteuer fest. Es berücksichtigte dabei einen Freibetrag iHv 100.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG.

Die Einsprüche, mit denen die Antragsteller den Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG iHv jeweils 200.000 € begehrten, wies das FA zurück. Dagegen haben die Antragsteller Klage erhoben und stellten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den sowohl das FA als auch das FG ablehnten. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide. In § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG seien die Enkelkinder, nicht aber die Urenkelkinder gemeint.

Mit ihrer durch das FG zugelassenen Beschwerde machen die Antragsteller ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide geltend. Die Freibeträge für Abkömmlinge seien in § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG geregelt, auch wenn Urenkel nicht eigens erwähnt seien. Die Antragsteller beantragten, den höheren Freibetrag iHv 200.000 zu berücksichtigen. Das FA beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidung | BFH II B 39/20 (AdV)

Das Gericht kann die Vollziehung eines Verwaltungsakts aussetzen, soweit ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen. Die summarische Prüfung ergebe im vorliegenden Falle, dass die zulässige Beschwerde unbegründet ist und keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen.

Der Wortlaut des § 16 Abs. 1 ErbStG sei eindeutig. Der Begriff „Kinder“ iSd § 16 ErbStG meine nicht Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge, sondern Kinder. Der Gesetzgeber setze den Begriff zielgenau ein. Dies gelte auch für die in § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG doppelte Verwendung des Wortes. Erfasst seien insofern einzig Enkel, nicht jedoch Urenkel.

Soweit die Antragssteller meinen, die Gleichstellung aller Abkömmlinge in § 15 Abs. 1 ErbStG müsse zu einer Gleichstellung in § 16 Abs. I ErbStG führen, stehe dem entgegen, dass § 16 Abs. 1 ErbStG ausdrücklich zwischen Erwerbergruppen differenziere, trotz gleicher Steuergruppe. Aus der Behandlung von Urenkeln im Falle vorverstorbener Eltern und Großenkeln lasse sich eine Gleichstellung nicht herleiten, da sie im vorliegenden Falle nicht vorverstorben seien. Ebenso spreche der Sinn und Zweck der Freibeträge, der von Verfassungs wegen zu sichernde Erhalt des Familienvermögens, dagegen. Ein solcher Verlust drohe nicht, sofern die Eltern und Großeltern noch am Leben seien. Danach können die Antragsteller als Urenkel lediglich einen Freibetrag von 100.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG beanspruchen.

Praxishinweis | BFH II B 39/20 (AdV)

Der BFH hat seinen Beschluss sehr ausführlich und dogmatisch begründet. Die Kinder der Kinder sind lediglich die Enkelkinder, nicht auch die Urenkel. Es gilt der Freibetrag von 100.000 €. Forderte das BVerfG 1995 jedoch, dass Grundbesitz ungeschmälert Familienangehörigen verbleiben müsse, könnten die derzeitigen Freibeträge vor dem Hintergrund steigender Immobilienpreise dem nicht gerecht werden. Es bleibt daher abzuwarten, wie das FG Düsseldorf in der Hauptsache entscheiden wird.