BFH II R 9/17
Schenkungsteuer bei disquotaler Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer KG

14.12.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
05.02.2020
II R 9/17
DStR 2020, 1721

Leitsatz | BFH II R 9/17

  1. Führt ein Gesellschafter dem Gesellschaftsvermögen einer KG im Wege einer Einlage ohne entsprechende Gegenleistung einen Vermögenswert zu, der hinsichtlich der Höhe über den aufgrund seiner Beteiligung an der KG geschuldeten Anteil hinausgeht (disquotale Einlage), kann eine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an einen anderen Gesellschafter vorliegen. Der andere Gesellschafter wird dadurch bereichert, dass sich seine über die KG gehaltene Beteiligung am Gesamthandsvermögen entsprechend erhöht.
  2. Die Zuwendung erfolgt freigebig, wenn der einbringende Gesellschafter von dem anderen Gesellschafter keine entsprechende Gegenleistung erhält.
  3. Eine freigebige Zuwendung des einbringenden Gesellschafters wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Einlage im Verhältnis zur KG gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, weil sie den Gemeinschaftszweck fördert.

Sachverhalt | BFH II R 9/17

(Auf das Wesentliche gekürzt)

Die Klägerin (und Revisionsklägerin) ist neben Ihren drei Kindern Kommanditistin einer KG. Neben den gesellschafterbezogenen Einlagenkonten wird ein zusätzliches nicht gesellschafterbezogenes Rücklagenkonto geführt. Der Ehemann (iF „E“) trat als weiterer Kommanditist in die KG ein. Nach Eintritt des E hält die Klägerin nun 56% Beteiligung. Mit zwei zusätzlichen freiwilligen Bareinlagen (aufgrund Gesellschaftsbeschluss vom 29.06.2012 und aufgrund freiwilligen Entschlusses am 25.09.2012) des E, verbucht auf dem Rücklagenkonto, sollte die Liquidität der KG zum Zwecke eines Grundstückserwerbs gesteigert werden.

Die Beklagte (FA) beschied daraufhin am 27.03.2014 Schenkungssteuer in Höhe X Euro gegen die Klägerin. Die Beklagte sah in der auf freiwilliger Zuzahlung basierender Wertsteigerung der 56 % Beteiligung der Klägerin eine freiwillige Zuwendung. Der Wert der freiwilligen Zuwendung läge in Höhe von 56 % der durch E geleisteten Zuzahlung. Im Bescheid brachte sie den ehelichen Freibetrag gemäß § 16 ErbStG in Höhe von 500.000 € bereits in Abzug.

Die Klägerin sieht eine Verletzung der § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1 d), § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Insbesondere sei die KG und nicht die Klägerin als Beschenkte anzusehen.

Entscheidung | BFH II R 9/17

Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen. In der freiwilligen Zahlung liegt eine anteilige Zuwendung des E an die Klägerin.

Der Schenkungsteuer unterliegen alle freigiebigen Zuwendungen unter Lebenden, wobei objektiv eine unentgeltliche Bereicherung des Bedachten in Form einer Vermögensverschiebung auf Kosten des Zuwendenden durch Leistung und subjektiv der Wille zur Freigiebigkeit beim Zuwendenden vorliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2; § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Bei einer Einlage eines Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen einer KG, die in der Höhe seine Verpflichtung zur Einlage überschreitet (disquotale Einlage), liegt eine freigiebige Zuwendung an den oder die anderen Gesellschafter immer dann vor, wenn sich der Wert der Beteiligung des anderen Gesellschafters erhöht, weil der disquotal einbringende Gesellschafter keine dem Wert entsprechende Gegenleistung erhält.

Die schenkungsteuerrechtliche Prüfung erfolgt eigenständig und somit losgelöst von der Beteiligung am zivilrechtlichen Schenkungsvorgang. Bei Beteiligung einer Gesamthandsgemeinschaft ist folglich zu prüfen, ob die Gesamthänder als bereichert anzusehen sind. Der Auslegung des Beschenkten im Schenkungsteuerrecht weicht insoweit vom rein zivilrechtlichen Begriff des Beschenkten ab. Entsprechend sind nach Auffassung des BFH bei einer disquotalen Quote die Gesellschafter der bedachten Personengesellschaft (hier KG) vermögensmäßig bereichert. Zu begründen sei dies, über eine durch die KG vermittelte Vermögensverschiebung zwischen einbringendem Gesellschafter, der über seine Verpflichtung zur Einbringung Vermögenswerte leistet und übrigen Gesellschaftern, deren Vermögen aufgrund der Beteiligung an der KG wächst.

Der Ansicht der Klägerin, die neue Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit einer GbR stünde einer derartigen schenkungsteuerrechtlich eigenständigen Prüfung entgegen, folgt der BFH nicht. Zunächst ist die KG zwar ipso iure rechtsfähig und damit Trägerin von Rechten und Pflichten (§§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB). Unter Beachtung von § 718 f. BGB ergibt sich allerdings, dass die Gesellschafter am Vermögen der KG gesamthänderisch beteiligt und somit schenkungsteuerrechtlich als bereichert anzusehen sind. Die Regelung der §§ 718 f. BGB setzen gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter und Gesellschaftsvermögen mithin gleich. Auswirkungen auf diese feststehenden Grundsätze hat die Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der GbR nur dahingehend gehabt, dass die Beteiligung der Gesamthänder am Gesamthandsvermögen nicht mehr direkt, sondern über die Beteiligung an der GbR an dessen Vermögen besteht. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass dieser Beteiligung ein entsprechender Wert zukommt. Dieser Wert spiegelt sich maßgeblich in den gegen die Gesellschaft möglichen Ansprüche z.B. auf Gewinnauszahlung, Abfindung oder Auseinandersetzungsguthaben aber auch in der Möglichkeit der eigenständigen Pfändung des Anteils des einzelnen Gesellschafters an der Gesellschaft und somit mittelbar am Gesellschaftsvermögen wieder (§ 725 Abs. 1 BGB iVm § 859 Abs. 1 ZPO). Auch die Regelungen zur Grunderwerbsteuer blicken auf den einzelnen Gesellschafter, auch wenn der zivilrechtliche Rechtsträger eine Personengesellschaft ist. So wird bei Übertragung auf eine Personengesellschaft, mit Beteiligung der Veräußerer im gleichen Verhältnis wie am vorherigen Bruchteilseigentum, von der Erhebung der Steuer abgesehen (§ 5 Abs. 1 GrEStG).

Umfassend aber für die konkrete Entscheidung zur KG von nachstehender Relevanz äußert sich der BFH zur Auswirkung der Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der GbR. Im Wesentlichen kann dies verkürzt dargestellt werden. Unerheblich für diese Entscheidung zur registerfähigen juristischen Person der KG aber dennoch klarstellend erläutert der BFH, dass trotz der Entscheidung zur Teilrechtsfähigkeit der GbR diese eben nicht in allen Belangen mit registerfähigen Personengesellschaften gleichgestellt. Die GbR ist im Innenverhältnis zu den Gesellschaftern kein vollkommen verselbstständigtes Rechtssubjekt. Vom Grundsatz des Trennungsprinzips gäbe es Ausnahmen. Dies zeige sich insbesondere darin, dass die Entscheidung des BGH keine Beschneidung der Rechte der GbR bewirken sollte. In entsprechender Folgeentscheidung ist als Ausnahmen vom Trennungsprinzip beispielsweise die Möglichkeit der Ausübung von Eigenbedarfskündigungen, sofern die GbR Vermieter ist, anerkannt worden. Im Innenverhältnis ist bei der GbR zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft weiterhin von einer besonderen Nähe und keiner absoluten Trennung auszugehen. Insoweit verändere diese Entscheidung nichts am schenkungsteuerrechtlichen Grundsatz einer eigenständigen Prüfung der Bereicherung.

Im konkreten Fall hat der einbringende Gesellschafter für seine disquotale Einlage keine Gegenleistung erhalten. Auch bestand keine Verpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrag zu Erbringung der disquotalen Einlage.

Praxishinweis | BFH II R 9/17

Der BFH weicht mit dieser Entscheidung jedenfalls für Personengesellschaften von seiner langjährigen Rechtsprechung ab, der Beschenkte sei ausschließlich nach Zivilrecht zu bestimmen.

Die steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind weiterhin vielfältig. Beispielsweise wäre die für die Schenkung maßgebliche Bereicherung des anderen Gesellschafters nicht eingetreten, wenn dieser ebenfalls eine entsprechende Einlage in das Gesellschaftsvermögen getätigt hätte. Dem Zweck des Geschäfts - Aufbau des Gesellschaftsvermögen zur Immobilienfinanzierung - wäre auch in dieser Gestaltung genüge getan.

Es ist insoweit dringend anzuraten hinsichtlich der steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten frühzeitig mit spezialisierten Notaren und Steuerberatern in enger Zusammenarbeit ein langfristiges Konzept zu entwickeln.