BFH II R 21/20
Schenkungsteuer bei Amortisation von Geschäftsanteilen

14.11.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
17.11.2021
II R 21/20
ZEV 2022, 424

Leitsatz | BFH II R 21/20

§ 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt.

Sachverhalt | BFH II R 21/20

Der Kläger sowie drei weitere Personen (A, B und C) waren im Jahre 2007 Gesellschafter einer GmbH. Mit notariell beurkundetem Vertrag beschlossen die vier Gesellschafter einstimmig die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum 31.12.2007 (entsprechende Regelungen dazu waren im Gesellschaftsvertrag enthalten). Die Nennbeträge der verbleibenden drei Geschäftsanteile wurden entsprechend aufgestockt.

Der Beklagte, das Finanzamt, erließ daraufhin gegenüber dem Kläger einen Schenkungssteuerbescheid aufgrund der Werterhöhung seines GmbH-Anteils.

Der Kläger machte in seiner Klage geltend, § 7 Abs. 1 ErbStG sei mangels Freigiebigkeit, § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG aufgrund der Freiwilligkeit der Einziehung nicht anwendbar.

Das FG hat die Klage abgewiesen und den Standpunkt vertreten, es habe keine rechtsgeschäftliche Anteilsübertragung sondern eine Einziehung stattgefunden, auf die § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG anwendbar sei. Der Begriff der Einziehung erfasse nicht nur die Zwangseinziehung nach § 34 Abs. 2 GmbHG, sondern auch die Einziehung mit Zustimmung des Anteilsberechtigten nach § 34 Abs. 1 GmbHG.

Entscheidung | BFH II R 21/20

Die Revision ist unbegründet und wird daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückgewiesen

Der schenkungssteuerrechtliche Grundtatbestand des §7 Abs. 1 ErbStG verlangt in objektiver Hinsicht eine Vermögensverschiebung der Vermögenssubstanz. In subjektiver Hinsicht bedarf es das Bewusstsein des Zuwendenden, die Leistung ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung zu erbringen. § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG stellt bestimmte gesellschaftsrechtlich veranlasste Wertverschiebungen durch Werterhöhung der anderen Anteile bei Ausscheiden eines Gesellschafters der Schenkung in §7 Abs. 1 ErbStG gleich. Das in § 7 Abs. 1 ErbStG geforderte subjektive Element der Unentgeltlichkeit ist hingegen kein Tatbestandsmerkmal des §7 Abs. 7 ErbStG.

§ 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG umfasst beide Formen der Einziehung nach § 34 Abs. 1 und 2 GmbHG und ist damit nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt. Dies folgt daraus, dass weder dem Wortlaut ("eingezogen") noch der Systematik oder dem Telos der Vorschrift eine Beschränkung auf die Einziehung allein nach § 34 Abs. 2 GmbHG zu entnehmen ist.

Bei enger Auslegung des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG verbliebe eine Gesetzeslücke für Wertverschiebungen durch das Ausscheiden eines Gesellschafters, die durch die Vorschrift gerade geschlossen werden soll. In solchen Fällen ist §7 Abs. 1 ErbStG nicht anwendbar, da es an einer Verschiebung hinsichtlich der Vermögenssubstanz fehlt. Bei einer Einziehung mit Zustimmung erfolgt aber auch kein Erwerb durch rechtsgeschäftliche Übertragung, da der Geschäftsanteil zunächst erlischt. Nichts anderes ergibt sich bei einem Aufstockungsbeschluss. Weiterhin ist auch der Umfang des aufgestockten Anteils in der Regel nicht identisch mit dem eingezogenen.

Auch aus einem Vergleich mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ErbStG folgt nichts Gegenteiliges, da die vorliegende Gestaltung ihrer Natur nach nur im Fall der Schenkung, nicht aber im Erbfall möglich ist. Zwar folgt aus dem Umstand, dass zwei Vorschriften bewusst als Parallelvorschriften in das Gesetz eingefügt wurden, ggf. eine deckungsgleiche Beurteilung paralleler Fragen. Dies sagt aber nichts über den notwendig differierenden Anwendungsbereich der Normen aus.

Schließlich wird die Reichweite des §7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG nicht durch die enthaltene Wendung "auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag" eingeschränkt. Diese enthält keine Begrenzung auf bestimmte Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Vielmehr ist die Wendung als Hinweis auf die Einziehungsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1, 2 GmbHG zu verstehen, da diese Normen gerade Regelungen im Gesellschaftsvertrag verlangen. Der Einschub macht folglich deutlich, dass mit "eingezogen" die Einziehung im Sinne des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG gemeint ist.

Nach diesen Maßstäben ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Einziehung des GmbH-Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters A nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt.

Praxishinweis | BFH II R 21/20

Der BFH stellt klar, dass § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG hinsichtlich der „Einziehung“ auf die Norm des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG Bezug nimmt und nicht nur die Zwangseinziehung umfasst. Die Gesellschafter der aufgestockten Anteile sollten sich folglich bewusst sein, dass die erfolgte Werterhöhung ihrer Anteile auch nach einer freiwilligen Einziehung gem. § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG der Schenkungssteuer unterliegt.