23.11.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Brandenburg
29.06.2022
7 U 133/21
ZIP 2022, 1975
Der Geschäftsführer einer GmbH hatte sich vorliegend über Jahre hinweg eine Geschäftsführervergütung ausgezahlt, die nicht den Vereinbarungen mit der GmbH entsprach und deutlich darüber lag. Die erhöhte Vergütung war in den Bilanzen der Jahresabschlüsse aufgeführt worden und für alle Gesellschafter der GmbH ersichtlich. Die Gesellschafterversammlung stellte die Jahresabschlüsse fest und erteilte dem Geschäftsführer zunächst Entlastung. Damit billigt die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung und die Gesellschaft kann gegenüber dem Geschäftsführer keine Ansprüche mehr geltend machen, die für Gesellschafter erkennbar gewesen sind anhand der vorgelegten Unterlagen und Berichterstattung.
Nachdem nun einige der Gesellschafter von den erhöhten Zahlungen des Geschäftsführers Kenntnis erlangten, nahm die Gesellschaft ihn persönlich auf Rückzahlung der überhöhten Vergütung in Anspruch. Der Geschäftsführer setzte dem entgegen, dass ihm Entlastung erteilt worden sei und die Gesellschaft durch die Feststellung der Jahresabschlüsse auch die Höhe der ausbezahlten Vergütung anerkannt habe.
Das OLG Brandenburg entschied, dass ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer für die Jahre in denen ihm Entlastung erteilt worden war nicht bestünde. Seine Vergütung sei in den Bilanzen aufgeführt worden und für die übrigen Gesellschafter erkennbar gewesen.
Allerdings, so das OLG, führe die bloße Feststellung des Jahresabschlusses noch nicht zu einem Haftungsausschluss. Die erhöhte Vergütung sei zwar für die Gesellschafter aus den Bilanzen der festgestellten Jahresabschlüsse erkennbar gewesen, diese würden jedoch keine entlastende Wirkung entfalten iSd dass sie nicht zurückgefordert werden könnten wie die Tätigkeitsvergütung des Geschäftsführers eine sog. Drittverbindlichkeit ist.
Drittverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten außerhalb des internen Verhältnisses von Gesellschaft und Gesellschaftern. Vorliegend war der Geschäftsführer von der GmbH angestellt worden, weshalb eine solche Drittverbindlichkeit vorliegt. Bei Drittverbindlichkeiten sei nicht automatisch davon auszugehen, dass die Höhe der Verbindlichkeit (hier also der Vergütung des Geschäftsführers) die in der Bilanz aufgeführt wird von den Gesellschaftern geprüft und dann als angemessen eingestuft wird. Eine Entlastungswirkung kann hier nur angenommen werden, wenn die Parteien es vereinbaren oder allen bewusst ist, dass Uneinigkeit besteht.
Demnach hatten die Feststellungsbeschlüsse vorliegend keine Entlastungswirkung. Die Gesellschafter der GmbH hatten bei der Feststellung der Jahresabschlüsse noch keine Kenntnis von der eigenmächtig erhöhten Geschäftsführervergütung. Eine Billigung derer hätte jedoch zumindest das Kennen der Umstände vorausgesetzt oder das für möglich halten – dies lag nicht vor.
Ein Geschäftsführer sollte nur entlastet werden nach gründlicher Prüfung, wenn keine begründeten Zweifel an seiner Geschäftsführung bestehen. Von dem Haftungsausschluss umfasst sind dabei alle Geschäftsvorgänge, die für die Gesellschafter durch die Unterlagen des Geschäftsführers bei sorgfältiger Prüfung erkennbar waren, die sie nachrechnen oder nachfragen konnten.
Auch der Jahresabschluss sollte nicht zu voreilig festgestellt werden. Gesellschaftsinterne Forderungen und Verbindlichkeiten (eben gerade keine Drittverbindlichkeiten) werden nämlich regelmäßig mit dem Jahresabschluss festgestellt, sodass spätere Nachzahlungs- und/oder Rückforderungsansprüche ausgeschlossen sind.