KG 22 W 54/22
Nur begründete Zweifel an einer Handelsregisteranmeldung begründen eine Pflicht zur Amtsermittlung

09.03.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
30.09.2022
22 W 54/22
GWR 2023, 57 (Kittner)

Leitsatz | KG 22 W 54/22

  1. Im Rahmen der Anmeldung eines Geschäftsführerwechsels nach § 39 Abs. 1 GmbHG prüft das Registergericht die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung, ob diese also formgerecht erfolgt ist und die begehrte Eintragung eintragungsfähig ist und ob erforderliche Urkunden beigefügt sind. Dabei muss sich aus den nach § 39 Abs. 2 GmbHG das Ausscheiden eines Geschäftsführers und die Neubestellung eines anderen Geschäftsführers schlüssig ergeben.
  2. Eine darüber hinausgehende Pflicht zur Amtsermittlung nach §§ 26, 382 FamFG besteht nur dann, wenn entweder die formalen Mindestanforderungen für eine Eintragung nicht erfüllt sind oder wenn begründete Zweifel an der Wirksamkeit der zur Eintragung angemeldeten Erklärungen oder an der Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen bestehen.

Sachverhalt | KG 22 W 54/22

Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH sah vor, dass formlos gefasste Beschlüsse den Gesellschaftern von der Geschäftsführung schriftlich zu bestätigen seien und eine weitere Ziffer des Gesellschaftsvertrages sinngemäß gelte. In dieser weiteren Ziffer hieß es, dass über jeden gefassten Beschluss unverzüglich eine Niederschrift, zu Beweiszwecken, anzufertigen ist, sofern keine notarielle Niederschrift aufgenommen wurde. Diese Niederschrift musste dann von dem Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung unterzeichnet werden und jedem Gesellschafter unverzüglich nach der Gesellschafterversammlung eine Abschrift der Niederschrift per Brief oder E-Mail zugesandt werden.

Im Juli meldete der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung die Abberufung von G1 als Geschäftsführer und seine Berufung als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer an. Der Anmeldung wurde ein Dokument beigefügt, das von G1 und dem Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung unterzeichnet war und mit „Niederschrift über einen Umlaufbeschluss“ tituliert war. Darin vermerkt war, dass die Geschäftsführung im Wege des Umlaufverfahrens einen Antrag zur Abstimmung hinsichtlich des Geschäftsführerwechsels gestellt habe, dass der Beschlussantrag allen Gesellschaftern übermittelt wurde, dass kein Gesellschafter der Art der Beschlussfassung widersprochen habe und sich alle beteiligt haben. Das Registergericht folgte der Anmeldung nicht und gab der Beteiligten auf, die Beteiligung aller Gesellschafter an der Beschlussfassung binnen sechs Wochen nachzuweisen. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Beteiligten.

Entscheidung | KG 22 W 54/22

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Das Eintragungshindernis besteht nicht, da durch die Vorlage der Niederschrift den Anforderungen des § 39 II GmbHG genügt. Das Registergericht prüft vor der Eintragung die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung, ob diese also formgerecht erfolgt ist und die begehrte Eintragung eintragungsfähig ist und ob erforderliche Urkunden beigefügt sind. In materieller Hinsicht hat das Registergericht bei einem Geschäftsführerwechsel jedenfalls zu prüfen, ob die angemeldete Änderung in der Person des Geschäftsführers durch die gem. § 39 Abs. 2 GmbHG einzureichende Urkunde nachgewiesen ist. Da Änderungen bei den Geschäftsführern in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung fallen wird dieser Nachweis mittels einer Dokumentation des Gesellschafterbeschlusses geführt. Unter Anlegung dieser Maßstäbe stehen der Eintragung des Geschäftsführerwechsels weder in formeller noch in materieller Hinsicht Eintragungshindernisse entgegen. Insbesondere dokumentiert die eingereichte Niederschrift den angemeldeten Geschäftsführerwechsel hinreichend. Weiterhin sind vorliegend auch die im Gesellschaftervertrag vereinbarten Anforderungen erfüllt gewesen und es kann anhand der Niederschrift nachvollzogen werden, ob der Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Somit bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der in der Niederschrift mitgeteilten Tatsachen.

Das Registergericht hat ohne besondere Veranlassung grundsätzlich von der Wahrheit der angemeldeten Tatsachen auszugehen. Einer Pflicht zur Amtsermittlung ist nur in Fällen nachzukommen, in denen die formalen Mindestanforderungen für eine Eintragung nicht erfüllt sind oder wenn begründete Zweifel an der Wirksamkeit der zur Eintragung angemeldeten Erklärungen oder an der Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen bestehen. Beides lag in diesem Fall nicht vor.

Die Zwischenverfügung ist somit aufzuheben.

Praxishinweis | KG 22 W 54/22

Einer Eintragung steht nichts entgegen, wenn die eingereichten Unterlagen sich an den Regeln des Gesellschaftervertrags orientieren. Das Registergericht empfängt und prüft die Dokumente, um eine falsche Eintragung beim Handelsregister zu vermeiden. Jedoch ist eine weitergehende Überprüfung nur bei begründeten Zweifeln an der Wirksamkeit der zur Eintragung angemeldeten Erklärung oder an der Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen nötig. Damit wird die materielle Prüffähigkeit des Registergericht zu Recht stark eingeschränkt und die Möglichkeit einer Eintragung erleichtert.