BGH I ZR 152/17
Nebenpflicht des Maklers zur Prüfung steuerrechtlicher Fragen

29.01.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
12.07.2018
I ZR 152/17
NJW 2019, 1223

Leitsatz | BGH I ZR 152/17

  1. Einen Makler trifft beim Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung grundsätzlich keine vertragliche Nebenpflicht, steuerrechtliche Fragen zu prüfen, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag stellen, den er vermittelt oder für dessen Abschluss er eine Gelegenheit nachweist, und seinen Auftraggeber über die in diesem Zusammenhang relevanten Umstände aufzuklären.
  2. Abweichendes gilt im Einzelfall ausnahmsweise etwa dann, wenn der Makler sich hinsichtlich bestimmter Steuerfragen als Fachmann geriert, wenn er sich beispielsweise in seiner Werbung einer langjährigen Tätigkeit und Erfahrung berühmt, wenn der Auftraggeber hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf oder wenn der Makler den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsschluss verleitet.
  3. Ein Makler, der einen Grundstückskauf vermittelt, ist nur dann gehalten, auf mögliche steuerrechtliche Folgen des vermittelten Geschäfts hinzuweisen, wenn er aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls Anlass zu der Vermutung haben muss, seinem Kunden drohe ein Schaden, weil er sich der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht wie etwa gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht bewusst ist.

(amtl. Leitsätze)

Sachverhalt | BGH I ZR 152/17

Der Kläger hatte sein Mehrfamilienhaus Anfang August für 2004 für rd. 170.000 € erworben. Im Jahr 2013 beauftragte er den beklagten Makler mit dem Verkauf der Immobilie. Der Makler drängte dabei auf einen schnellen Vertragsabschluss, um zu verhindern, dass die Interessenten wieder abspringen könnten. Im Juli 2013, somit vor Ablauf der steuerlichen Zehnjahresfrist i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wurde der notarielle Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von rd. 295.000 € beurkundet. Es wurde keinerlei steuerrechtliche Beratung vom Makler übernommen, was auch im Kaufvertrag vermerkt wurde.

Darauffolgend verlangte das Finanzamt vom Kläger als Verkäufer für den steuerlichen Veräußerungsgewinn Einkommenssteuer i.H.v. rd. 50.000 € (§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Überrascht von dieser Aufforderung, sah er sich überzeugt von der vertraglichen Nebenpflicht des Maklers, ihn auf die Steuerpflicht hinweisen zu müssen und verklagte diesen auf Schadensersatz. Dass die Zehnjahresfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, hätte dieser zumindest aus dem Grundbuch entnehmen können.

Entscheidung | BGH I ZR 152/17

Rechtsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch ergäbe sich ausschließlich aus der schuldhaften Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht aus dem Maklervertrag (§§ 652, 280 BGB).

Der BGH stellt zunächst klar, dass für den Makler grundsätzlich keine vertragliche Nebenpflicht besteht, seinen Auftraggeber hinsichtlich steuerlicher Fragen zu beraten. Eine vollumfängliche steuerrechtliche Prüfung besteht nur unter Hinzutreten besonderer Umstände, beispielsweise bei Anlass des Maklers zu der Vermutung, dass seinem Auftraggeber ein Steuerschaden drohe.

Praxishinweis | BGH I ZR 152/17

Eine vollumfängliche Prüfung der steuerrechtlichen Sachlage kann aufgrund der Komplexität des deutschen Steuerrechts von einem Makler nicht erwartet werden. Allerdings können sich Umstände ergeben, die ihn anhalten sollten, seinen Auftraggeber vor einem Steuerschaden durch Unkenntnis zu schützen. Wirbt er für sich als steuerrechtlicher Experte und verpflichtet sich innerhalb einer gesonderten Vereinbarung zu einer solchen Beratung, muss er eine solche auch ordnungsgemäß erfüllen.