OLG Brandenburg 7 W 57/19
Nachweis der Erbenstellung im Handelsregisterverfahren durch Erbvertrag

01.02.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
03.03.2020
7 W 57/19
GWR 2020, 4925

Leitsatz | OLG Brandenburg 7 W 57/19

  1. Im Handelsregisterverfahren reicht bei der Anmeldung der Miterben anstelle des verstorbenen Kommanditisten die Vorlage eines notariell beurkundeten Erbvertrages aus, wenn sich aus diesem keine Zweifel an der Erbenstellung ergeben.
  2. Inwieweit im Registerverfahren zum Nachweis der Erbenstellung eigenhändige Testamente genügen, kann offenbleiben, wenn öffentliche und eigenhändige Verfügungen nebeneinander bestehen und die Erbfolge auf den öffentlich errichteten Verfügungen beruht oder von ihnen wiederholt wird.

(n. amtl. Ls.)

Sachverhalt | OLG Brandenburg 7 W 57/19

Zur Eintragung in das Handelsregister wurde angemeldet, dass eine Kommanditistin durch Tod aus der Gesellschaft ausgeschieden war. Ihre Einlage sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge („Sondererbfolge“) auf ihre Erben übergegangen, die Beschwerdeführerin und deren zwei Geschwister zu je einem Drittel. Die Gesellschaft und auch die Beschwerdeführerin legten eine Niederschrift der Eröffnungsverhandlung des Nachlassgerichts und die eröffneten Verfügungen von Todes wegen vor:

Ein gemeinschaftliches notarielles Testament, ein notarielles, einen Erbvertrag und ein zweimal ergänztes eigenhändiges Testament.

Daraufhin wies das Registergericht die Anmeldung zurück. Auf die Vorlage eines Erbscheins könne es nicht verzichten, da ihm die Feststellung der Erbfolge nicht obliege. Somit sei innerhalb von sechs Monaten ein Erbschein vorzulegen. Dem entgegnete die Beschwerdeführerin, dass der Nachweis der erbrechtlichen Rechtsnachfolge ausreichend sei und legte Beschwerde gegen die Entscheidung des Handelsregisters ein.

Entscheidung | OLG Brandenburg 7 W 57/19

Das OLG Brandenburg hielt die Beschwerde für begründet. Zwar sei grundsätzlich ein Erbschein zum Nachweis der Rechtsfolge erforderlich. Allerdings betreffe dies nur vorgelegte letztwillige Verfügungen, die der Auslegung bedürfen und damit einhergehende Zweifel an der Erbenstellung der zur Eintragung angemeldeten hinzutretenden Gesellschafter begründen.

Solche Zweifel seien im vorliegenden Falle nicht gegeben, es bedürfe keiner ergänzenden Testamentsauslegung. Die Erbenstellung der Beschwerdeführerin ergebe sich klar durch den notariell beurkundeten Erbvertrag. Die darauffolgenden eigenhändigen Testamente hatte die Erblasserin allein zur „Erklärung und Klarstellung“ angefügt. Zwar ordnete die Erblasserin weitere Auflagen und Vermächtnisse in diesen Testamenten an, allerdings berühre dies nicht die Erbenstellung der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Kommanditanteils. Selbst wenn die Erblasserin durch diese Anordnungen die Erben beschwert hätte, würden diese in ihrer Rechtsstellung dadurch nicht beeinträchtigt werden, vgl. §§ 2147, 2174.

Das OLG lies damit offen, ob sich grundsätzlich eigenhändige Testamente zum Nachweis einer Erbenstellung eignen. Denn das eigenhändige Testament genügt nicht den Anforderungen des § 35 I 2 GBO, wie es aber überwiegend gefordert wird.

Ergänzt oder wiederholt das eigenhändige Testament jedoch lediglich die Anordnungen der öffentlich errichteten Verfügungen, können diese nebeneinander bestehen, ohne sich zu beeinträchtigen.

Praxishinweis | OLG Brandenburg 7 W 57/19

Das OLG Brandenburg weist darauf hin, dass das Handelsregister grundsätzlich zurecht einen Erbschein verlangen kann. Dies gilt allerdings nur für auslegungsbedürftige Fälle. Erneut zeigt dies die Bedeutung von notariellen Testamenten bzw. Erbverträgen auf. Insbesondere bei letztwilligen Verfügungen, die im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge stehen, sollte eine umfassende notarielle Beratung vorgenommen werden und ist nahezu unverzichtbar, um eine eine genaue Abstimmung mit den Gesellschaftsverträgen zu gewährleisten.

Offen lässt das OLG Brandenburg jedoch die Streitfrage, ob der von § 12 Abs. 1 S. 4 HGB geforderte Nachweis der Erbfolge der Erbfolge durch „öffentliche Urkunde“ nur entweder durch einen Erbschein oder durch das Eröffnungsprotokoll für eine notariell beurkundete Verfügung von Todes wegen geführt werden kann.