BGH V ZR 4/19
Mangelhaftigkeit eines verkauften Hauses wegen muffigen Kellergeruchs

27.11.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
10.10.2019
V ZR 4/19
NJW-RR 2020, 121

Leitsatz | BGH V ZR 4/19

Die Mangelhaftigkeit eines verkauften Hauses wegen seines Kellers kann sich auch dann ergeben, wenn es zu einer Zeit errichtet wurde, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren. Nach den Umständen des Einzelfalls kann sich ein Mangel auch aus einem durch den Keller bedingten muffigen beziehungsweise modrig-feuchten Geruch ergeben, der im Haus wahrnehmbar ist.

Sachverhalt | BGH V ZR 4/19

Die Kläger erwarben unter jeglichem Gewährleistungsausschluss ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück aus dem Jahr 1914. Im Maklerexposé war es beworben worden als „aufwendig saniertes Einfamilienhaus“ und als „vollständig renoviert“. Bei der Besichtigung vor Vertragsschluss waren keine Feuchtigkeitsschäden im Keller erkennbar. Nach ihrem Einzug stellte ein Sachverständiger fest, dass bereits zum Zeitpunkt der Übergabe an die Kläger die Kellerwände durchfeuchtet waren. Grund hierfür war, dass die Kellerwände entsprechend dem im Baujahr 1914 üblichen technischen Standard – nicht bzw. nicht ausreichend abgedichtet waren.

Das LG verurteilte die Beklagte zur teilweisen Zahlung aufgrund der Feuchtigkeit als Mangel, über den die Beklagte arglistig getäuscht habe. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidung | BGH V ZR 4/19

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör sei verletzt, da das Berufungsgericht seiner Hinweispflicht für den Fall, dass es in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen wolle und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich halte, nicht nachgekommen sei.

Denn während das LG in der Durchfeuchtung der Kellerwände einen Mangel erblickte, hatten die Kläger bereits in der Klageschrift zu einer aus der Kellerfeuchtigkeit herrührenden Geruchsbelastung im Haus vorgetragen, den sie bei der Besichtigung nicht feststellen konnten. Weil grundsätzlich davon auszugehen sei, dass Gerichte das Parteivorbringen zur Kenntnis nehmen, könnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht dies unerwähnt gelassen habe.

Dieser Verfahrensfehler sei auch entscheidungserheblich, da nicht auszuschließen sei, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses durch Beweisantritt unterlegten Vortrags zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.

Nach der Rechtsprechung begründe bei Häusern, die zu einer Zeit errichtet wurden, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel. Es komme vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, namentlich darauf, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, der Keller Wohnzwecken diene, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen seien. Dabei gehörten zur Sollbeschaffenheit auch die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten dürfe, also auch Angaben im Exposé. Hier hätten die Käufer also aus objektiver Sicht erwarten können, dass die Räumlichkeiten keine Feuchtigkeit aufweisen, soweit sie zu Wohnzwecken dienten.

Praxishinweis | BGH V ZR 4/19

Die Entscheidung legt die Frage offen, was als übliche Beschaffenheit eines einhundert Jahre alten Hauses angenommen werden könne. Da auch diese Frage sich an den Umständen des Einzelfalls messen lassen muss, bleibt vor Vertragsschluss insbesondere mit den Erwerbern zu klären, welche Erwartungen der Veräußerer aufgrund des Maklerexposés überhaupt erfüllen kann.