BGH V ZR 7/19
Maklerprovision und Aufgabe der Verkaufsabsicht

11.11.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
11.10.2019
V ZR 7/19
NJW 2020, 2792

Leitsatz | BGH V ZR 7/19

Eine Vereinbarung, mit der die Parteien eines Grundstückskaufvertrags die Möglichkeit zur Nutzung des Grundstücks beschränken (hier: Verbot der Milchverarbeitung), führt nicht zu einer Änderung oder Neubegründung von Erwerbs- oder Veräußerungspflichten und ist daher nach bindend erklärter Auflassung formlos möglich.

Sachverhalt | BGH V ZR 7/19

Mit notariellem Vertrag verkaufte die Beklagte der Klägerin zwei Grundstücke, auf denen diese ein Werk zur Produktion von Milchpulver unterhielt. In der notariellen Urkunde erklärten die Parteien sogleich die Auflassung. Nach Abschluss des Vertrages wünschte die Beklagte, dass die Klägerin sich verpflichte, auf den gekauften Grundstücken keine Milch zu verarbeiten. Sie übersandte der Klägerin eine E-Mail mit folgendem Formulierungsvorschlag für die Vereinbarung:

„Der Käufer verpflichtet sich, auf dem Kaufgrundstück zeitlich unbeschränkt keine Verarbeitung von Milch vorzunehmen. Dieses Verbot gilt für die Milch von Kühen, Schafen und Ziegen. Das Verbot trifft den Käufer als Eigentümer dieses Grundstücks und das Verbot gilt insbesondere auch für etwaige Mieter oder Pächter des Grundstückes sowie für jeden Rechtsnachfolger des Käufers.“

Die Klägerin bestätigte das Verbot. Ein Jahr später verkaufte sie das Grundstück an die Drittwiderbeklagte, bewilligte die Eintragung von Auflassungsvormerkungen und trat den Käufern ihre Ansprüche gegen die Beklagte auf Verschaffung des Eigentums ab. Ein Milchverarbeitungsverbot vereinbarte sie nicht. Im November erklärte die Beklagte deshalb den Rücktritt vom Vertrag.

Die Klägerin verlangt Übergabe der Grundstücke. Die Beklagte erstrebt durch Widerklage unter anderem die Bewilligungen zur Löschung der Auflassungsvormerkungen Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Von der Drittwiderbeklagten verlangt sie Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage und Drittwiderklage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung führte dazu, dass das OLG der Klage stattgab und die Widerklage und Drittwiderklage abwies. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidung | BGH V ZR 7/19

Die Revision blieb ohne Erfolg.

Die nach der Auflassung getroffene Vereinbarung war zwar formlos möglich (1.), der Rechtsfehler habe sich allerdings nicht ausgewirkt (2.)

1. Änderungen des Grundstückskaufvertrages seien nach der Auflassung formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden sei. Die Ausnahme dieses Grundsatzes für Fälle, durch die die Erwerbs- oder Veräußerungspflichten geändert oder neu begründet werden, greife hier nicht.

Denn die Parteien hätten hier eine Nutzungsbeschränkung vereinbart, mit der sie die Möglichkeit zur Nutzung des Grundstücks beschränken. Selbst wenn also bei einem Verstoß gegen das Verbot, das Grundstück in einer bestimmten Weise nicht genutzt werden dürfe auch ein Rücktrittsrecht entstünde, bliebe die Verpflichtung zur dinglichen Rechtsänderung aus dem Kaufvertrag unberührt. Es trete auch keine neue Rückübertragungsverpflichtung hinzu. Zwar hätten die Parteien infolge des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Dabei handele es sich jedoch um eine gesetzlich angeordnete Rechtsfolge, eine solche stelle keine Änderung oder Neubegründung von Erwerbs- oder Veräußerungspflichten dar. An der Formfreiheit ändere es auch nichts, wenn die Nutzungsbeschränkung mit einer Minderung des Grundstückswerts einhergeht. Denn auch eine nach der Auflassung getroffene Vereinbarung, durch die der Kaufpreis erhöht oder ermäßigt werde, also ebenfalls das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung verändert werde, sei nach bindend erklärter Auflassung formfrei möglich.

2. Der Rechtsfehler habe sich allerdings nicht ausgewirkt, da die Auslegung der Vereinbarung ergab, dass der Klägerin nicht der Weiterverkauf des Grundstücks ohne Weitergabe des Milchverarbeitungsverbots untersagt worden sei. Aus dem Wortlaut, wonach das Verbot auch für etwaige Rechtsnachfolger gelten solle, ergebe sich bloß die Übernahme einer Nebenpflicht, nach der die Klägerin dafür Sorge zu tragen habe, dass das Milchverarbeitungsverbot bei Vermietung, Verpachtung und bei einem Weiterverkauf eingehalten werde. Auf welche Weise dies sicherzustellen sei, blieb offen. So sei auch nicht erkennbar, ob die Beklagte in jedem Fall an der Durchsetzung des Verbots gelegen war; denkbar war auch, dass ihre Interessen durch eine Schadenersatzverpflichtung der Klägerin hinreichend gewahrt war.

Praxishinweis | BGH V ZR 7/19

Der BGH bestätigt durch das Urteil seine alte Rechtsprechung, nach der Änderungen nach erklärter Auflassung keiner Form bedürfen, wenn sie nicht neue selbstständige Veräußerungs- oder Erwerbsverpflichtungen begründen. Dabei zeigt die dem Urteil zugrunde liegende Konstellation, dass die Warnfunktion des § 311b BGB auch nach § 873 Abs. 2 BGB von höchster Bedeutung sein kann. Hierauf wird auch in Zukunft in der Beratungspraxis hinzuweisen sein.