BGH II ZB 8/21
Keine Fortsetzung einer GmbH nach Auflösung durch Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse

24.06.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
25.01.2022
II ZB 8/21
ZIP 2022, 839

Leitsatz | BGH II ZB 8/21

Wird eine GmbH durch die rechtskräftige Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst, kann sie nicht fortgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über ein das satzungsgemäße Stammkapital übersteigendes Vermögen verfügt und die Insolvenzgründe beseitigt wurden.

Sachverhalt | BGH II ZB 8/21

Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister eingetragene GmbH mit einem ursprünglichen Stammkapital i.H.v. 50.000 DM. Ihr Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse mit Beschluss vom Februar 2007 zurückgewiesen und dieses im April 2007 in das Handelsregister eingetragen. Später, am 29.05.2020, wurde mit Gesellschafterbeschluss die Fortsetzung der Gesellschaft, die Verlegung ihres Sitzes und die Änderungen des Unternehmensgegenstands beschlossen. Noch am selben Tag meldete der zum Geschäftsführer bestellte Liquidator, der gleichzeitig der Alleingesellschafter der Antragstellerin ist, alle in dem Gesellschafterbeschluss gefassten Beschlüsse und seine Bestellung zum Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an. Er versicherte zudem, dass noch nicht mit der Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter begonnen worden sei, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen nicht übersteigen und keine wirtschaftliche Neugründung vorliege.

Der Geschäftsführer erklärte im Februar 2021 den Rangrücktritt eines der Gesellschaft gewährten Darlehens i.H.v. 2.897.361,63 Euro und überwies der Gesellschaft im April 2021 25.000 Euro mit dem Verwendungszweck „Einzahlung Stammkapital“. Die gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg. Die Antragstellerin erhob Rechtsbeschwerde.

Entscheidung | BGH II ZB 8/21

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.

Die Gesellschaft könne nicht durch Gesellschafterbeschluss fortgesetzt werden, nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse durch rechtskräftigen Beschluss abgelehnt wurde. Denn die Gesellschaft werde in einem solchen Fall gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst, unabhängig davon, ob die Insolvenzgründe beseitigt wurden. Der Gesetzgeber begehrt gerade im öffentlichen Interesse und zum Schutz der Gläubiger eine rasche Beendigung der Gesellschaft, wenn diese nicht einmal die finanziellen Mittel zur Durchführung des Insolvenzverfahrens besitzt. Daran habe sich mit dem Inkrafttreten der InsO und der Einführung des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nichts geändert, denn es wurde gerade im Gegensatz zu § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG keine Fortsetzungsmöglichkeit vorgesehen. An einer Erweiterung der gesetzlich genannten Fortsetzungsmöglichkeit bestehe kein Bedürfnis. Insbesondere spreche gegen eine Fortsetzung auch, dass keine gesetzliche Prüfung stattfindet, ob die Insolvenzreife tatsächlich überwunden ist, weshalb eine Fortsetzung nicht einfach durch einen Gesellschafterbeschluss beschlossen werden kann. Unerheblich sei dabei, ob die Unzulänglichkeit der Masse zur Deckung der Kosten erst im Laufe des Insolvenzverfahrens erkennbar wird oder ob dieser Umstand bereits zur Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei es ebenfalls unerheblich, ob alle Auflösungsgründe für die Gesellschaft beseitigt seien und die Insolvenz der GmbH durch Zuführung neuer Mittel nachhaltig überwunden wurde.

Praxishinweis | BGH II ZB 8/21

Der Gesetzgeber hat den Gesellschaftern mit § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG die Möglichkeit eingeräumt, die Gesellschaft mit finanziellen Mitteln zu versorgen und so die Auflösung der Gesellschaft zu verhindern und deren Fortführung zu beschließen. Dies gilt so lange, wie das Insolvenzverfahren läuft. Sobald das Gericht jedoch das Verfahren mangels Masse zur Deckung der Kosten für das Verfahren rechtskräftig ablehnt bzw. einstellt, ist eine Fortführung unter keinen Umständen möglich. Die Gesellschafter haben dann die Möglichkeit der Fortsetzung der Gesellschaft verpasst. Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sollten die Gesellschafter somit versuchen, die Gesellschaft mit Vermögen auszustatten, sofern eine Fortführung gewollt ist.