OLG Brandenburg 7 U 44/19
Keine Firmenfortführung durch Etablissementbezeichnung

14.04.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
24.06.2020
7 U 44/19
ZIP 2020, 1412

Leitsatz | OLG Brandenburg 7 U 44/19

  1. § 25 I 1 HGB ist auf Geschäftsbezeichnungen nicht analog anzuwenden.
  2. Neben dem Namen des Inhabers erlangt eine Geschäftsbezeichnung nicht ein so überragendes Gewicht, dass der Name als prägender Teil der Firma nicht mehr in Betracht käme.
  3. Während das bloße Weglassen des Vornamens in der neuen Firma, die daneben den Gegenstand des Unternehmens unverändert bezeichnet, die Kontinuität des Unternehmens hervorheben kann, unterstreicht das Ersetzen eines Vornamens durch einen anderen nicht nur den Wechsel der Unternehmensträgers, sondern stellt auch die Kontinuität des Unternehmens infrage.

Sachverhalt | OLG Brandenburg 7 U 44/19

Die Kl. begehrt von der Bekl. Zahlung von 8.244,67 Euro. Die Kl. hatte der Bekl. Rechnungen für Steuerberaterleistungen von dem Ehemann der Kl., Herrn …, vorgelegt. Dieser hatte mit unter seinem Namen hinzugesetzter Bezeichnung „Hotel Stutenhaus“ mit der Kl. einen „Steuerberatungsvertrag“ geschlossen. Streitig ist, ob die Bekl. für die von ihrem Ehemann als früherem Geschäftsinhaber vereinbarten Zahlungsverpflichtungen haftet. Die Berufung hatte Erfolg.

Entscheidung | OLG Brandenburg 7 U 44/19

Die Fortführung der Bezeichnung „Berghotel und Restaurant, Stutenhaus‘„ oder von Teilen davon begründet die Haftung der Bekl. nicht. Die Fortführung allein einer Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung begründet die Haftung des neuen Inhabers nach § 25 I 1 HGB nicht. Geschäftsbezeichnungen in der Form der Etablissementbezeichnung sind gerade bei Hotels und Gaststätten seit jeher verbreitet. Der Rechtsverkehr versteht solche Namen regelmäßig als Bezeichnung eines bestimmten Geschäfts und nicht als Firma, die das Unternehmen kennzeichnet. Geschäftsbezeichnungen von Hotels und Gaststätten unterscheiden sich von einer Firma dadurch, dass sie nicht auf den Inhaber des Unternehmens, sondern nur auf das Unternehmen hinweisen. Der Senat bleibt dabei, eine analoge Anwendung des § 25 I 1 HGB auf Geschäftsbezeichnungen abzulehnen. Eine Regelungslücke besteht nicht. Bei der umfassenden Neuregelung des Firmenrechts (§§ 17 ff. HGB) 1998 bestand die Gelegenheit, die bekannten Meinungsverschiedenheiten zu bereinigen, ob der Tatbestand § 25 I HGB den Grund der Haftung des Unternehmenserwerbers zutreffend und vollständig abbilde. Der Tatbestand ist indes auf die Fortführung der Firma beschränkt geblieben und nicht auf Geschäftsbezeichnungen erweitert worden.

Dass sowohl der alte Inhaber als auch die Bekl. der Geschäftsbezeichnung ihre bürgerlichen Namen hinzugesetzt haben, führt nicht zu einer der Kl. günstigeren Beurteilung. Ob auch bei Verwendung einer Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung eine Haftung gem. § 25 I 1 HGB in Betracht kommen kann, wenn der Erwerber nicht allein die vom früheren Inhaber genutzte Geschäftsbezeichnung fortführt, sondern sie als Kern seiner eigenen, neuen Firma verwendet, braucht nicht vertieft zu werden. Sowohl der alte Inhaber als auch die Bekl. haben der Geschäftsbezeichnung ihren bürgerlichen Namen hinzugefügt. Neben dem Namen des Inhabers erlangt eine Geschäftsbezeichnung nicht ein so überragendes Gewicht, dass der Name als prägender Teil der Firma oder – wenn § 19 I Nr. 1 HGB missachtet wird – firmenähnlichen Bezeichnung nicht mehr in Betracht käme. Die Verkehrskreise, nämlich diejenigen Teilnehmer am Geschäftsverkehr, die Vertragsbeziehungen mit dem Unternehmensträger eingehen, werden bei einer Namensverschiedenheit, die auf eine Personenverschiedenheit hinweist, gerade Zweifel an der Unternehmenskontinuität hegen. Es liegt nämlich nicht fern, dass ein neuer Inhaber mit der Verwendung seines und nicht mehr des Namens des alten Inhabers darauf hinweisen will, dass das Unternehmen nun nach anderen, neuen Grundsätzen und eventuell sogar mit anderem Geschäftsgegenstand betrieben werden soll. Deshalb reicht für eine solche Namensverschiedenheit die Verschiedenheit im Vornamen bei gleichem Familiennamen aus, denn auch so wird eine Personenverschiedenheit deutlich. Während das bloße Weglassen des Vornamens in der neuen Firma, die daneben den Gegenstand des Unternehmens unverändert bezeichnet, die Kontinuität des Unternehmens hervorheben kann, unterstreicht das Ersetzen eines Vornamens durch einen anderen nicht nur den Wechsel der Unternehmensträgers, sondern stellt auch die Kontinuität des Unternehmens infrage.

Praxishinweis | OLG Brandenburg 7 U 44/19

Die überzeugende Entscheidung des Senats reiht sich in die ständige Rechtsprechung zur Fortführung einer bloßen Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung ein.