OLG Jena 2 W 159/19
Keine Blitzlöschung bei offenen Steuerverfahren

01.05.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Jena
15.05.2019
2 W 159/19
NotBZ 2019, 391

Leitsatz | OLG Jena 2 W 159/19

Die Liquidation einer GmbH kann während eines noch laufenden Steuerverfahrens nicht beendet werden.

Sachverhalt | OLG Jena 2 W 159/19

Mit Gesellschafterbeschluss wurde die Antragstellerin aufgelöst und ihr bisheriger Geschäftsführer zum Liquidator bestellt. Mit der Anmeldung wurde die Auflösung der Gesellschaft, die Bestellung des Liquidators und zugleich das Erlöschen der Antragstellerin ohne Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Registergericht wies die Anmeldung unter anderem deshalb zurück, weil kein vorheriger Gläubigeraufruf erfolgt ist und offene Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen waren.

Entscheidung | OLG Jena 2 W 159/19

Das OLG schließt sich der Entscheidung des Registergerichts insoweit an, als der Antrag wegen der noch nicht abgeschlossenen Steuerverfahren zurückgewiesen wurde. Gemäß § 74 Abs. 1 GmbHG haben die Liquidatoren den Schluss der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, wenn die Liquidation beendet und Schlussrechnung gelegt ist. Die Liquidation sei beendet, wenn das verwertbare Gesellschaftsvermögen verteilt und auch keine sonstigen Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich seien. Daran würde es aber bei noch offenen Steuerverfahren fehlen, da sich durch Steuererstattungen oder -rückforderungen noch Auswirkungen auf das Gesellschaftsvermögen ergeben können. Es würde keine Veranlassung bestehen, eine Gesellschaft durch Löschung einem noch laufenden Steuerverfahren zu entziehen. Hierfür würde vor allem auch sprechen, dass es dann keiner Nachtragsliquidation bedürfe, wenn die Gesellschaft auch steuerlich vor Löschung abgewickelt werde. Die Voraussetzungen der Nachtragsliquidation bei noch laufenden Steuerverfahren seien nämlich im Einzelnen umstritten, weshalb sich deren Vermeidung anbiete.

Soweit das Registergericht allerdings die Veröffentlichung des Gläubigeraufrufs und die Einhaltung des Sperrjahres auch bei einer vermögenslosen Gesellschaft für erforderlich halte, könne dem nicht gefolgt werden. Nach dem Sinn und Zweck von Gläubigeraufruf und Sperrjahr sollen auf diese Weise Gläubiger, deren Forderungen der Gesellschaft nicht bekannt sind, vor der Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter noch Befriedigung erlangen können. Wo eine solche Verteilung an die Gesellschafter mangels Vermögens aber von vornherein nicht in Betracht komme, greife auch der Schutz der Gläubiger nicht.

Praxishinweis | OLG Jena 2 W 159/19

In diesen beiden Punkten – Abschluss von offenen Steuerverfahren und Einhaltung des Sperrjahres bei Vermögenslosigkeit – bleibt die obergerichtliche Rechtsprechung weiter gespalten, die Zulässigkeit der sog. Blitzlöschung also von der Praxis des jeweiligen Registergerichts abhängig.