OLG Düsseldorf 3 Wx 120/19
Gutgläubiger Erwerb eines Grundstücksrechts bei fehlender Eintragung eines Insolvenzvermerks trotz öffentlicher Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung

13.08.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
02.08.2019
3 Wx 120/19
ZIP 2020, 476

Leitsatz | OLG Düsseldorf 3 Wx 120/19

  1. Ein zur Insolvenzmasse gehörender Nießbrauch kann unter den Voraussetzungen der §§ 893, 892 BGB durch Aufhebungserklärung des Schuldners und Löschung im Grundbuch erlöschen. Zu Gunsten des Grundstückseigentümers vollzieht sich ein gutgläubig lastenfreier Erwerb.
  2. Will der Insolvenzverwalter im Grundbuchverfahren nachweisen, dass der Nießbrauch nicht erloschen ist, muss er alle Tatbestandsvoraussetzungen, für welche er nach § 892 BGB beweispflichtig ist, durch öffentliche Urkunde nach § 22 I iVm § 29 I 2 GBO nachweisen. Dies gilt insbesondere für die Bösgläubigkeit des durch das Erlöschen begünstigten Grundstückseigentümers.

Sachverhalt | OLG Düsseldorf 3 Wx 120/19

Der Vater hatte im Rahmen eines Übertragungsvertrag seine Immobilien an seinen Sohn übertragen und sich dabei ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht sowie ein nicht vererbliches und nicht übertragbares Rücktrittsrecht vorbehalten. Nach dem Tod des Vaters, sollten diese Rechte der Ehefrau zustehen. Zwei Jahre später wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Anschließend bewilligten und beantragten er und sein Sohn die Löschung des Nießbrauchsrechts und der Vormerkung; daneben sollten der Mutter die Rechte sofort zustehen. Der Insolvenzverwalter beantragte, im Wege der Grundbuchberichtigung die Löschungen rückgängig zu machen. Das Grundbuchamt hält sie jedoch wegen des Gutglaubensschutzes aufgrund des nicht eingetragenen Insolvenzvermerks für wirksam. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Insolvenzverwalters.

Entscheidung | OLG Düsseldorf 3 Wx 120/19

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Insolvenzverwalter hat den Nachweis, dass die im Grundbuch gelöschten Rechte nicht erloschen sind, nämlich nicht in der gem. § 29 GBO vorgeschriebenen Form geführt. Der Vater sei zum Zeitpunkt der Abgabe der Löschungsbewilligung zwar nicht mehr hinsichtlich der vom Insolvenzverfahren erfassten Rechte (§ 25 Abs. 1 InsO) verfügungsbefugt gewesen (§ 81 Abs. 1 Satz 1 InsO). Allerdings sei der Gutglaubensschutz nach § 893 BGB i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 2 InsO zu Gunsten des Sohnes zu beachten, da im Grundbuch kein Insolvenzvermerk eingetragen war. Somit hat der Insolvenzverwalter zu beweisen, dass der Eigentümer Kenntnis vom Insolvenzverfahren hatte, auch dann, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens öffentlich bekannt gemacht worden war. Es liegt in der Hand des Insolvenzverwalters, die positive Kenntnis des Eigentümers in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Ein guter Glaube kann sogar bei grob fahrlässiger Unkenntnis vom Insolvenzverfahren angenommen werden.

Praxishinweis | OLG Düsseldorf 3 Wx 120/19

Die Entscheidung zeigt, dass aus der Anfechtung des Insolvenzverwalters nicht automatisch auf die positive Kenntnis des Familienangehörigen von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen werden kann. Hierfür und zum Ausschluss des Gutglaubensschutzes bedarf es eines Insolvenzvermerks. Sie macht klar, dass ein Streit im Grundbuchverfahren über die Wirksamkeit der Löschung eines eingetragenen Rechts wegen § 29 GBO erheblichen Beweisschwierigkeiten unterliegen kann. Gegebenenfalls sollte die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs nach § 894 BGB in Betracht gezogen werden.