KG 22 W 27/18
Gerichtliche Bestellung von Nachtragsliquidatoren bei der OHG nur im Ausnahmefall

08.03.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
20.04.2020
22 W 27/18
AG 2020, 719

Leitsatz | KG 22 W 27/18

Die gerichtliche Bestellung von Nachtragsliquidatoren für eine nach Beendigung gelöschte Personenhandelsgesellschaft entsprechend § 273 Abs. 4 AktG kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, die jedenfalls bei einer aus drei Gesellschaftern bestehenden OHG nicht gegeben sind.

Sachverhalt | KG 22 W 27/18

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war ein Antrag der Beteiligten zu 2 auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators für die Beteiligte zu 1. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Nach dem Tod des einzigen Kommanditisten im Jahr 1932 wurde die X-OHG (Beteiligte zu 1) von einer Kommanditgesellschaft in eine OHG umgewandelt. Im Jahr 1936 meldeten die drei Gesellschafter der X-OHG die Auflösung der Gesellschaft zum Register an, welche daraufhin auch erfolgte.

Die X-OHG blieb jedoch weiterhin unter der Bezeichnung „XYZ KG“ als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen, welches vollständig durch die im Eigentum der Beteiligten zu 2 stehenden Flurstücke umschlossen wird.

Die Beteiligte zu 2 beantragte daher die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators für die X-OHG. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück und half auch der daraufhin eingelegten Beschwerde der Beteiligten zu 2 nicht ab. Somit wurde die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Entscheidung | KG 22 W 27/18

Die Beschwerde blieb auch im Weiteren ohne Erfolg. Der Senat verneinte für Personenhandelsgesellschaften einen gesetzlichen Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators.

Im Falle nachträglichen Abwicklungsbedarfs lebe die Vertretungsbefugnis der ursprünglichen Liquidatoren gem. §§ 146 ff., 157 iVm. § 161 Abs. 2 HGB wieder auf. Damit seien grundsätzlich die Erben der drei letzten Gesellschafter gem. § 145 Abs. 1 HGB Liquidatoren der Beteiligten zu 1 geworden.

Weiterhin bestehe grundsätzlich kein Raum für eine Analogie zu § 273 Abs. 4 AktG, daher lasse sich auch hieraus kein Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators herleiten.

Während bei der OHG die Vertretungsbefugnis der Liquidatoren bei zusätzlichem Abwicklungsbedarf auch nach Beendigung der Liquidation automatisch fortbestehe, liege der wesentliche Unterschied zu AG und GmbH darin, dass es hier gerade nicht zu einem Wiederaufleben der Vertretungsbefugnis der früheren Abwickler komme. Der Rechtsverkehr sei daher bei Personenhandelsgesellschaften nicht im gleichen Maße schutzbedürftig wie bei Kapitalgesellschaften. Eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften scheide schließlich auch aus dem Grund aus, dass die OHG im Unterschied zur GmbH und AG keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt.

Zwar sei grundsätzlich bei Publikumskommanditgesellschaften aufgrund ihrer Ausrichtung als Kapitalanlage- und Finanzierungsinstrument eine entsprechende Anwendung des § 273 IV AktG anerkannt, ein solcher Fall sei indes vorliegend nicht zu entscheiden gewesen.

Schließlich sah der Senat auch sonst keine besonderen Umstände gegeben, die ausnahmsweise unter analoger Anwendung des § 273 IV AktG die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators zugelassen hätten. Eine solche Ausnahme komme nur unter strengen Voraussetzungen in Betracht, wenn seit der Löschung im Register sehr lange Zeit (etwa 100 Jahre) vergangen ist, die Gesellschafter oder deren Erben nicht auffindbar sind, keine Interessen der Gesellschaft entgegen stehen und offensichtlich kein Interesse der Gesellschafter an der Liquidation besteht.

In dem vorliegenden Fall wäre die Analogie allein aus Praktikabilitätsgründen im Hinblick auf die erforderliche Ermittlung der Erben der verstorbenen Gesellschafter zu stützen gewesen. Dies – so stellte der Senat klar – sei jedoch für die Annahme einer Analogie unzureichend.

Praxishinweis | KG 22 W 27/18

Angesichts der strengen Voraussetzungen an eine analoge Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG dürfte die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators für Personengesellschaften eine absolute Ausnahme bleiben.