OLG Düsseldorf 3 Wx 3/22
Geltung des Halbaufbringungsgrundsatzes auch bei Kapitalerhöhung der UG und Änderung in GmbH

12.08.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
12.05.2022
3 Wx 3/22
ZIP 2022, 1387

Leitsatz | OLG Düsseldorf 3 Wx 3/22

  1. Bei der Kapitalerhöhung der UG (haftungsbeschränkt) auf das Mindeststammkapital der regulären GmbH von 25.000 € oder mehr müssen in analoger Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHG auf das Stammkapital insgesamt wenigstens 12.500 € eingezahlt sein.
  2. Eine Begünstigung der UG (haftungsbeschränkt) beim Übergang zur regulären GmbH gegenüber der Neugründung einer regulären GmbH hinsichtlich der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals findet nicht statt. Die Versicherung gem. § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG muss sich daher darauf beziehen, dass die Einlagen auf das neue Stammkapital bewirkt sind, dass sie im Zeitpunkt der Anmeldung wertmäßig noch vorhanden sind (Vorbehalt wertmäßiger Deckung) und dass sie in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden sind.

Sachverhalt | OLG Düsseldorf 3 Wx 3/22

Die UG (haftungsbeschränkt) wurde am 7. Mai 2013 von ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer, dem Beteiligten zu 1, mit einem Stammkapital in Höhe von 300 € gegründet. Im Mai 2021 wurde u.a. eine Erhöhung des Stammkapitals um 25.000 € beschlossen, wovon der Beteiligte zu 1 einen Anteil von weiteren 20.000 €, die Beteiligte zu 2 einen Anteil von 5.000 € übernahm, die jeweils zur Hälfte eingezahlt werden sollten. Die Handelsregisteranmeldung vom 15. Juni 2021 enthält die Versicherung des Beteiligten zu 1 als Geschäftsführer, dass die Leistungen entsprechend der Erhöhung des Stammkapitals von 300 € auf 25.300 € auf die Stammeinlagen bewirkt worden seien, die sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführung befänden, und zwar durch ihn auf seinen Geschäftsanteil Nr. 2 hälftig i.H. von 10.000 € und durch die Beteiligte zu 2 auf ihren Geschäftsanteil Nr. 3 hälftig i.H. von 2.500 €. Das Registergericht teilte mit Zwischenverfügung mit, dass der Anmeldung noch nicht entsprochen werden könne. Es bestünden Bedenken hinsichtlich der Verfügbarkeit des eingezahlten Stammkapitalerhöhungsbetrages i.H. von 12.500 €. Den Einzahlungen des Beteiligten zu 1 stünden die Auszahlung vom 8. Juni 2021 an der Beteiligten zu 1 i.H. von 4.000 € mit dem Verwendungszweck „Umbuchung Barkasse“ und die Überweisung an Obergerichtsvollzieher H i.H. von 6.156,15 € gegenüber. Diese Zweifel sah das Amtsgericht in der Folgezeit als nicht ausgeräumt an und wies die Eintragung zurück. Es wurde eine Bestätigung einer Steuerberatungsgesellschaft vorgelegt, dass die eingezahlten Geldbeträge zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Einzahlung der Gesellschaft zur uneingeschränkten Verfügung gestanden hätten.

Entscheidung | OLG Düsseldorf 3 Wx 3/22

Das OLG Düsseldorf wies die Beschwerde als unbegründet ab, da die Kapitalerhöhung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Kapitalerhöhung einer UG (haftungsbeschränkt) auf das Mindeststammkapital einer GmbH von 25.000 € richte sich gem. § 5 a Abs. 5 1. Hs. GmbHG nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 56 ff. GmbHG. Es reiche aus, dass auf jeden Geschäftsanteil ein Viertel des Nennbetrages, § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG, und insgesamt mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals, § 7 Abs. 2 S. 2 GmbHG, eingezahlt werde. Im zu entscheidenden Fall reiche die Einzahlung eines Viertels nicht aus, da die Summe der schon eingezahlten Einlagen und des Erhöhungsbetrages die Hälfte des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 GmbHG nicht erreiche. In analoger Anwendung des § 7 Abs. 2 S. 2 GmbHG müssten auf das Stammkapital insgesamt also wenigstens 12.500 € eingezahlt sein.

Gemäß § 57 Abs. 2 GmbHG sei in der Anmeldung die Versicherung abzugeben, dass die Einlagen auf das neue Stammkapital bewirkt sind und dass der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung des Geschäftsführers befinde. Gemäß § 57 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 2 GmbHG könne das Gericht bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung verlangen, was die registergerichtliche Prüfung gem. § 9c Abs. 1 GmbHG erleichtere.

Die hier nach Einzahlung erfolgten Buchungen hätten aber dazu geführt, dass der eingezahlte Betrag bereits bei Eingang der Anmeldung beim Registergericht nicht mehr vollständig vorhanden gewesen sei. Zwar liege eine Einlageleistung endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer grundsätzlich bereits dann vor, wenn die Geld- bzw. Sacheinlage effektiv aus dem Vermögen des Leistenden ausgegliedert und in den uneingeschränkten Verfügungsbereich der Gesellschaft gelangt sei. Bei einer Kapitalerhöhung komme es in zeitlicher Hinsicht darauf an, dass der eingezahlte Betrag – wie vorliegend - im Zeitpunkt des Erhöhungsbeschlusses als solcher noch im Vermögen der Gesellschaft vorhanden sei.

Bei der Neugründung einer GmbH sei aus Gründen des Gläubigerschutzes zusätzlich erforderlich, dass der Gesellschaft ein den aufgewandten Mitteln entsprechender Wert zugeflossen und im Zeitpunkt der Anmeldung noch vorhanden sei.

Das OLG Düsseldorf folgt der Auffassung der BGH, mach dem eine Benachteiligung der UG beim (gesetzlich intendierten) Übergang zur normalen GmbH gegenüber der Neugründung einer normalen GmbH den Zielen des Gesetzgebers widerspräche und die systembedingten Unterschiede zwischen UG und GmbH diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigten (vgl. BGH, Beschluss v. 19. April 2011 - II ZB 25/10, Rn. 18, juris). Das OLG Düsseldorf sieht demnach auch keine Gründe, warum die UG beim Übergang zur GmbH hinsichtlich der Aufbringung und anfänglichen zumindest wertmäßigen Erhaltung des Mindeststammkapitals gegenüber einer Neugründung begünstigt werden sollte.

Damit hätte sich die Versicherung des Beteiligten zu 1 darauf erstrecken müssen, dass ein Betrag von 12.200 € auch im Zeitpunkt der Anmeldung am 15. Juni 2021 wertmäßig noch vorhanden gewesen sei. Dies sei nicht der Fall.

Hinzu komme, dass im Falle jeder Kapitalerhöhung, die Versicherung des Geschäftsführers dahingehend zu lauten habe, dass der Betrag der Einlage zur freien Verfügung der Geschäftsführung für die Zwecke der Gesellschaft eingezahlt und auch in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden sei. Solch eine Erklärung fehle vollkommen. Eine teilweise Rückzahlung der Einlage des Beteiligten zu 1 erscheint zumindest möglich. Von der mehrfach durch das Registergericht eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme zu diesem ausdrücklich beanstandeten Aspekt hätten die Beteiligten keinen Gebrauch gemacht.

Praxishinweis | OLG Düsseldorf 3 Wx 3/22

Der Gesetzgeber wollte bei Einführung der UG (haftungsbeschränkt) nur eine „kleine GmbH“ schaffen, die Gründern den Weg in die Kapitalgesellschaft erleichtert. In keinem Fall wollte er Gesellschafter der UG (haftungsbeschränkt) gegenüber der GmbH bevorzugen. Dem Urteil des OLG Düsseldorf ist daher zuzustimmen.