KG Berlin 1 W 227/19
Eintragung eines Nießbrauchsrechts zulasten eines Minderjährigen

27.04.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG Berlin
05.09.2019
1 W 227/19
juris

Leitsatz | KG Berlin 1 W 227/19

Die Bewilligung zur Eintragung eines Nießbrauchsrechts zulasten einer einem Minderjährigen übereigneten Wohnungseinheit bedarf einer familiengerichtlichen Genehmigung, sofern die Eintragung des Nießbrauchs erst nach der Umschreibung des Eigentums im Grundbuch erfolgt ist.

Sachverhalt | KG Berlin 1 W 227/19

Die Beteiligte zu 2 war als Eigentümerin einer Wohnungseinheit in Abt. 1 des Wohnungsgrundbuchs eingetragen. Das Wohnungseigentum ließ sie unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts an den minderjährigen Beteiligten zu 1 auf und bewilligte sodann dessen Eintragung im Grundbuch. Mit dem grundbuchrechtlichen Vollzug der Urkunde wurde ein Notar beauftragt, der ggf. auch zur separaten Antragstellung im Hinblick auf die Einträge berechtigt sein sollte. Die Eltern des Beteiligten zu 1 genehmigten die vorab getätigten Erklärungen, woraufhin der Notar die Eintragung des Nießbrauchrechts beantragte. Das Grundbuchamt setzte daraufhin mit Verfügung vom 29. Mai 2019 eine Frist zur Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung. Einer Beschwerde wurde nicht abgeholfen.

Entscheidung | KG Berlin 1 W 227/19

Das KG Berlin erachtet die Beschwerde als zulässig, aber als unbegründet. Die Eintragung des Nießbrauchs stelle ein Eintragungshindernis dar, welches nach § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO einen Anlass für den Erlass der angefochtenen Zwischenverfügung darstelle.

Für die Eintragung eines Nießbrauchs sei ein Antrag nach § 13 Abs. 1 S. 1 GBO erforderlich. Dieser müsse formgerecht durch den in seinen Rechten Betroffenen gem. §§ 29 Abs. 1 S. 1, 19 GBO oder durch einen Vertreter unter Nachweis dessen Vertretungsmacht bewilligt werden. Die Vertretungsmacht sei allerdings eingeschränkt, wenn der Vertreter zur wirksamen Abgabe der Eintragungsbewilligung der Zustimmung eines Dritten bedürfe. Dem Grundbuchamt sei dann auch die Zustimmung des Dritten nachzuweisen. Für die wie vorliegend beabsichtigte Belastung von Wohnungseigentum eines Minderjährigen mit einem Nießbrauch sei gem. §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1643 Abs. 1, 1629 Abs. 1 S. 1 BGB eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Auf die familiengerichtliche Genehmigung könne lediglich dann verzichtet werden, wenn Belastung und Erwerb des Grundstücks zeitgleich erfolgen. Vorliegend sei die Belastung des Wohnungseigentums erst nach der Eigentumsumschreibung erfolgt. Es fehle daher an einem entsprechenden unmittelbaren Zusammenhang, sodass der Schutzbereich des § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB eröffnet sei. Irrelevant sei insoweit, dass die gleichzeitige Beantragung und Eintragung der Eigentumsumschreibung und des Nießbrauchs versehentlich unterblieben ist. Im Gegenteil sei der Notar durch die Beteiligten sogar zur getrennten Antragstellung ermächtigt worden. Auch auf etwaige schuldrechtliche Vereinbarungen der Beteiligten in Bezug auf die der Beteiligten zu 2 vorbehaltene Bestellung eines Nießbrauchrechts vermag es dem KG Berlin nach nicht anzukommen.

Insoweit schließt sich der Senat nicht der bisherigen Rechtsprechung an, wonach die nachträgliche Belastung eines zuvor durch einen Minderjährigen erworbenen Grundstücks als praktikabel erachtet wurde. Das KG Berlin weist insoweit auf die strikt einzuhaltende Trennung von Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft hin.

Praxishinweis | KG Berlin 1 W 227/19

Die Entscheidung des Senats ist äußerst praxisrelevant. Während bislang auch die separate Beantragung und Eintragung von (Wohnungs-)Eigentum und etwaigen Belastungen des Grundstückes möglich war, ist in der notariellen Praxis nunmehr auf die Gleichzeitigkeit der zu beantragenden Eintragungen zu achten.