LG Köln 82 O 53/20
Die Rechtmäßigkeit der Einschränkung von Aktionärsrechten in Online-Hauptversammlungen während des „Lockdowns“

11.01.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

LG Köln
26.02.2021
82 O 53/20
EWiR 2021, 555

Leitsatz | LG Köln 82 O 53/20

Die im „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ enthaltenen Anforderungen an die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung sind weder verfassungswidrig noch verstoßen sie gegen europarechtliche Vorgaben. (nichtamtl. Leitsatz)

Sachverhalt | LG Köln 82 O 53/20

Aus dem Beschluss geht der zugrunde liegende Sachverhalt nicht eindeutig hervor. Es geht wohl in der Sache um die Rechtmäßigkeit der erheblichen Einschränkung der Aktionärsrechte in virtuellen Hauptversammlungen während der Corona Pandemie, namentlich ein Stimmverbot gemäß § 44 WpHG. Vor allem begegnet der Beschluss geäußerten Zweifeln hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und der Europarechtskonformität des „Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie“ (Covid-19-Gesetz) vom 27.03.2020.

Entscheidung | LG Köln 82 O 53/20

Die Kammer geht im Ergebnis davon aus, dass das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie“ mit der Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften verfassungsgerecht sowie europarechtskonform sei.

Die zuvor geäußerten Zweifel basierten auf der Annahme, dass eine Zwei-Wege-Kommunikation für Online-Hauptversammlungen im Grundsatz technisch möglich sei. Dem entgegnet das Landgericht mit der Annahme, es fehle jedenfalls derzeit noch an standardisierten und rechtssicheren Plattformen für Online-Hauptversammlungen, die alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen und einen gleichwertigen Ersatz für Präsenz-Hauptversammlungen darstellen können. Folglich könne der Gesetzgeber davon absehen, eine nicht technisch bewährte Online-Hauptversammlung als Alternative zur Hauptversammlung in Präsenz anzubieten. Im Vordergrund stehe bei dieser Bewertung, dass der Zweck des Gesetzes, den Aktiengesellschaften während der Corona Pandemie eine Hauptversammlung mit Beschlussfassungen zu ermöglichen, mangels rechtssicherer Verfahren zur Durchführung von Online-Hauptversammlungen vereitelt werde.

Es komme darauf an, dass im Jahr 2020 noch keine sicheren elektronischen Kommunikationssysteme zur Abwicklung großer und komplexer Hauptversammlungen zur Verfügung standen. Folglich sei es nicht unverhältnismäßig, dass der Gesetzgeber lediglich eine virtuelle Hauptversammlung im Wege der technisch einfachen Bild- und Tonübertragung, mit vorübergehenden erheblichen Einschränkungen de Teilnahmerechte der Aktionäre, bereitgestellt hat.

Soweit es um die Rechtmäßigkeit des § 1 Abs. 2 S. 2 Covid-19-Gesetz geht, werde in der Literatur zu Recht angenommen, dass der Vorstand zur Beantwortung von Fragen verpflichtet ist, soweit die Durchführung der virtuellen Hauptversammlung hierdurch nicht beeinträchtigt ist. Damit werde Art. 9 Abs. 1 S. 2 der Aktionärsrechterichtlinie gewährleistet.

Zusammenfassend sei anzunehmen, dass vorübergehend zugelassene Online-Hauptversammlungen mit teils erheblichen Einschränkungen der Aktionärsrechte eine notwendige Reaktion des Gesetzgebers auf die Notlage des „Lockdowns“ und der anhaltenden Versammlungsrestriktionen war.

Praxishinweis | LG Köln 82 O 53/20

Es sei darauf hinzuweisen, dass für den Zeitpunkt der Bewertung der Verhältnismäßigkeit des Gesetzes auf Hauptversammlungen abgestellt wird, die im Jahre 2020 aufgrund des Lockdowns virtuell durchgeführt werden mussten. Das Gericht trifft keine Entscheidungen darüber, ob diese Beurteilungen auch heute noch zutreffend sind. Es könnte nun zu einer abweichenden Entscheidung kommen, was jedoch von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt. Insbesondere müssten die Pandemie-Lage und ein gegebenenfalls vorliegender technischer Fortschritt bezüglich der Verfügung über entsprechend sichere Kommunikationssysteme zur Abhaltung von Online-Hauptversammlungen, berücksichtigt werden.