BGH IV ZR 170/16
Die Begründung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen bei Grundbesitzübertragungen

06.09.2018

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
14.03.2018
IV ZR 170/16
RNotZ 2018, 332

Leitsatz | BGH IV ZR 170/16

Zum Pflichtteilsergänzungsanspruch hinsichtlich Finanzierungsleistungen für ein Hausgrundstück als unbenannte Zuwendung unter Ehegatten (amtl. Orientierungssatz)

Sachverhalt | BGH IV ZR 170/16

Die Söhne des Erblassers aus erster Ehe richten ihre Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen die zweite Ehefrau des Erblassers. Die Eheleute setzten sich gegenseitig als Alleinerben ein und schlossen somit die Kinder aus der ersten Ehe von der Erbfolge aus. Der Erblasser und seine zweite Ehefrau hatten auf einem Grundstück des Erblassers ein Haus errichtet. Zur Finanzierung hatten die Eheleute ein Darlehen i.H.v. 250.000 DM aufgenommen und als Sicherheit eine Grundschuld bestellt. Der Erblasser übertrug das hälftigen Miteigentum in Form einer „ehebedingte Zuwendung“ an seine zweite Ehefrau. Bei Ableben des Erblassers valutierte der Kredit noch in Höhe von 108.122,30 €. Der Erblasser alleine hatte Tilgungsleistungen in Höhe von 19.699,70 € und Zinszahlungen in Höhe von 112.666,12 € von seinem Konto vorgenommen. Die Söhne des Erblassers als Kläger sehen die Übertragung des Miteigentumsanteils und die Hälfte der geleisteten Darlehensraten als Schenkung ihres Vaters an die 2. Ehefrau als Beklagte. Das Landgericht gab der Klage bezogen auf die geforderten Pflichtteilergänzungsansprüche in Höhe von jeweils 17.733,08 € statt.

Das Oberlandesgericht wies den Pflichtteilsergänzungsanspruch bezüglich der gesonderten Betrachtung des Ansatzes der Finanzierungsleistungen aber zurück. Die Kläger legten Revision ein.

Entscheidung | BGH IV ZR 170/16

Die Begründung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen setzt eine Schenkung voraus, die den Empfänger aus dem Vermögen des Erblassers bereichert hat. Dabei muss Einigkeit über die ganz (oder zumindest teilweise) Unentgeltlichkeit vorliegen. Das gilt auch für ehebedingte Zuwendungen, da sonst der Schutz für die Pflichtteilsberechtigten oft nicht zum Tragen käme.

Zuerst ist zu klären, ob es sich bei der alleinigen Darlehenstilgung durch den Ehemann um eine zusätzliche, eigenständige Schenkung des Miteigentumsanteils an die Beklagte handle. Dies ist zu verneinen, die Schenkung ist zumindest insoweit nicht als gesonderte ergänzungspflichtige Schenkung anzusehen, wie sie den (Erbfall-) Wert erhöht, der für den Ausgleich der Grundbesitzübertragung maßgeblich ist. Die Tilgungsraten sind so bereits im Nachlasswert berücksichtigt, da sie den Grundstückwert erhöhen.

Anders ist die Lage bei den Zinsleistungen. Die Bereicherung der Beklagten ist durch die Abnahme der Zinslast durch den Erblasser hier gegeben, ihr sonstiges Vermögen wurde dadurch erhöht. Da sie gemeinsam mit dem Erblasser das Darlehen aufgenommen hatte, hätten sie auch zusammen als Gesamtschuldner für die Zinszahlungen aufkommen sollen. Die Zuwendung war in diesem Fall auch nicht unterhaltsrechtlich geschuldet.

Ob tatsächlich eine Bereicherung vorliegt, richtet sich nach den Abreden der Gesamtschuldner untereinander.

Praxishinweis | BGH IV ZR 170/16

Um Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche zu vermeiden, müssen die Abreden zwischen Schenker und Empfänger möglichst genau besprochen und alles was geeignet erscheint, die Unentgeltlichkeit zu verneinen, im Vertrag festgehalten werden.