BFH II R 49/17
Berücksichtigung der Instandhaltungsrückstellung bei der Grunderwerbsteuer

19.03.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
16.09.2020
II R 49/17
BeckRS 2020, 38681

Leitsatz | BFH II R 49/17

Beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum ist der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.

(amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | BFH II R 49/17

Die Klägerin erwarb mit einem notariellem Kaufvertrag Sondereigentum an vier Gewerbeeinheiten und neun Tiefgaragenstellplätzen iVm den Miteigentumsanteilen an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu denen sie gehörten (Teileigentumsrechte). Laut Kaufvertrag sollen die Anteile des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern (Vorschüsse, Instandhaltungsrücklage usw.) bei Besitzübergang an den Käufer übergehen. Der Kaufpreis betrug 40.000 €.

Das beklagte Finanzamt setzte, unter Berücksichtigung des Kaufpreises, die Grunderwerbssteuer in Höhe von 2.600 € fest. In ihrem Einspruch behauptet die Klägerin, die Bemessungsgrundlage sei um die Instandhaltungsrücklage von insgesamt 14.815,19 € zu mindern. Damit würden die Einzelkaufpreise der 13 Objekte unter die Wertgrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG, von 2.500 €, fallen. Der Einspruch war erfolglos.

Laut der Klägerin soll sich die Instandhaltungsrücklage kaufpreismindernd auswirken. Außerdem beruft sie sich auf deren ertragsteuerrechtliche Behandlung als Wirtschaftsgut. Obwohl die Wohnungseigentümergesellschaft nach § 10 WEG teilrechtsfähig ist und Eigentümerin des Verwaltungsvermögens sei, stelle die Beteiligung des Wohnungseigentümers an der Instandhaltungsrücklage ein bilanzierungspflichtiges Wirtschaftsgut dar. Als Geldforderung, die auf den Erwerber übergehe, müsse sie aus der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ausgeschieden werden.

Das FG wies die Klage ab. Die Klägerin beantragt in der Revision die Vorentscheidung des FG, die Einspruchsentscheidung und den Grunderwerbsteuerbescheid, aufgrund einer Verletzung der §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, aufzuheben.

Entscheidung | BFH II R 49/17

Die Revision ist unbegründet und ist daher nach § 126 Abs. 1 FGO zurückzuweisen. Bei Erwerb von Teileigentum ist der Kaufpreis, als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.

Das Teileigentum unterfällt dem Grundstücksbegriff des GrEStG. Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbssteuer ist nach § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG handelt es sich dabei um den Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Die anteilige Instandhaltungsrückstellung ist nach § 10 Abs. 7 Satz 1 WEG Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist ein vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängiger teilrechtsfähiger und parteifähiger Verband sui generis. Die Instandhaltungsrückstellung bleibt auch bei einem Wohnungseigentümerwechsel im Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der mit dem Eigentumsübergang des Teileigentums verbundene gesetzliche Übergang der Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtfertigt nicht die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um die Instandhaltungsrückstellung zu mindern.

Praxishinweis | BFH II R 49/17

Die Grunderwerbssteuer lässt sich nicht durch die Instandhaltungsrückstellung mindern. Eine betragsmäßige Ausweisung der Erhaltungsrücklage sollte unterbleiben. Eine Aufschlüsselung des Kaufpreisanteils ist sinnvoll, wenn neben dem Grundstück noch bewegliche Sachen verkauft werden, denn sonst müsste der Gesamtkaufpreis im Kaufvertrag nach dem Verhältnis der Boruttau’schen Formel verteilt werden.