BGH XI ZR 173/11
Arglistige Täuschung beim finanzierten Eigentumswohnungskauf im Steuersparmodell

24.04.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
05.06.2012
XI ZR 173/11
juris

Leitsatz | BGH XI ZR 173/11

Zur Frage, ob eine arglistige Täuschung darin zu sehen ist, dass in einem Verkaufsprospekt für eine Eigentumswohnung angegeben wird, dass für "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" 76,70% des kalkulierten Gesamtaufwandes aufzuwenden sind, ohne dass ausgewiesen wird, dass hierbei eine Innenprovision in Höhe von 18,24% eingepreist wurde.

(Orientierungssatz juris)

Sachverhalt | BGH XI ZR 173/11

Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem Erwerb zweier Eigentumswohnungen errichtet wurden.

Das Auftragsformular des Vermittlers und das von ihm verwendete Berechnungsbeispiel wiesen eine an den Vermittler zu zahlende Bearbeitungsgebühr von 3% des Gesamtaufwandes aus. Im Vermittlungsauftrag hieß es außerdem, dass der Vermittler seinerseits weitere Vermittler beauftragt habe, die etwa als Makler tätig werden und jeweils eine Bearbeitungsgebühr von 3% des Gesamtaufwandes verlangen könnten. Im Verkaufsprospekt für die Anleger war der Gesamtaufwand für den Erwerb angegeben, wobei auf den Posten „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ 76,70% dieses Gesamtaufwandes entfielen. Dieser Posten war nicht weiter aufgeschlüsselt; er enthielt jedoch eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24%. Darauf folgten weitere, jedoch vergleichsweise geringfügige Posten. Zum Zwecke des Erwerbs schloss die Treuhänderin des Klägers für diesen mehrere Darlehensverträge, die schließlich nicht mehr bedient wurden.

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Zwangsvollstreckung der Bank, gestützt auf Schadensersatzansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung.

Entscheidung | BGH XI ZR 173/11

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liege von Seiten der Bank keine arglistige Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovisionen vor, indem sie nicht über die tatsächliche Höhe der ihr bekannten Vertriebsprovisionen aufgeklärt habe.

Der Ausgangspunkt bei einer nicht beratenden, sondern lediglich kreditgebenden Bank sei, dass diese zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet sei. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer habe und dies auch erkennen kann.

Auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte „versteckte Innenprovision“ müsse die allein den Immobilienerwerb finanzierende, nicht beratende Bank von sich aus grundsätzlich nicht hinweisen. Das gelte schon deshalb, weil die Veräußerung einer Immobilie zu einem überteuerten Kaufpreis schon für den Verkäufer keinen aufklärungspflichtigen Umstand darstelle. Etwas anderes gelte erst bei sittenwidriger Übervorteilung. Das sei hier jedoch vom Berufungsgericht nicht festgestellt.

Allerdings liege ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung dann vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Prospekt über das finanzierte Geschäft gemäß § 123 BGB arglistig getäuscht wurde.

Das sei hier aber nicht der Fall. Beim Kläger sei nicht gezielt der unrichtige Eindruck von lediglich 3% Provision wie im Berechnungsbeispiel erweckt worden, während tatsächlich 18,24% Provision angefallen seien. Vielmehr sei der Kläger auf den Anfall weiterer Vertriebsprovision hingewiesen worden, ihm sei nur nicht deren Höhe offenbart worden. So sei im Verkaufsprospekt ein Posten mit „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ mit 76,70% ausgewiesen gewesen, woraus also ersichtlich gewesen sei, dass dieser Posten einen nicht näher aufgeschlüsselten Anteil an für den Vertrieb enthalte. Es können auch nicht aus der Höhe der anderen, niedrigeren Posten geschlossen werden, dass die Höhe eines Unterpostens diese nicht übersteigen würde. Zudem würde die Auffassung des Berufungsgerichts nicht hinreichend den Unterschied zwischen Außen- und Innenprovision berücksichtigen. So handele es sich bei den weiteren Posten um solche für Außenprovisionen, die die Treuhänderin konzeptionsgemäß und entsprechend ihrer Vollmacht an Dritte für zusätzliche Dienstleistungen zahlen sollte, demgegenüber der Posten „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ eben mit dem Kaufpreis auch die Innenprovision enthielte. Aus den an Dritte zu zahlenden Außenprovisionen könne aber nicht auf die Höhe der von dem Bauträger selbst zu zahlenden Innenprovisionen geschlossen werden, die in den Kaufpreis eingepreist seien.

Etwas anderes folge auch nicht aus dem im Auftragsformular verwendeten Berechnungsbeispiel, das eben nur die Außenprovision betreffe, aber keine abschließenden Aussagen über weitere Vertriebsprovisionen treffe. Im Gegenteil würde ausdrücklich auf die Tätigkeit und Vergütung weiterer Makler hingewiesen. Daraus werde insbesondere deutlich, dass weitere Makler für die zwischengeschaltete Vertriebsbeauftragte tätig werden.

Praxishinweis | BGH XI ZR 173/11

Allein die fehlende Aufschlüsselung des Kaufpreises führt nicht zu einer arglistigen Täuschung. Aus der Höhe der angegebenen Außenprovisionen für Dritte kann nicht auf die Höhe der Innenprovisionen geschlossen werden, die der Bauträger für die Vertriebsbeauftragten zu zahlen hat und die in den Kaufpreis eingepreist werden.