OLG Hamm 22 U 82/16
Angabe des Baujahres im notariellen Kaufvertrag als Beschaffenheitsvereinbarung

24.11.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Hamm
02.03.2017
22 U 82/16
NJW-RR 2017, 1013

Leitsatz | OLG Hamm 22 U 82/16

Ein Grundstückskaufvertrag kann auf Verlangen des Käufers rückabzuwickeln sein, wenn das im notariellen Kaufvertrag genannte Baujahr des Wohnhauses als vereinbarte Beschaffenheit des Kaufgegenstandes auszulegen ist und das Wohnhaus tatsächlich zwei Jahre früher - als im notariellen Kaufvertrag angegeben - bezugsfertig fertiggestellt war.

Sachverhalt | OLG Hamm 22 U 82/16

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Fertigstellung eines Gebäudes. Die Beklagte wird 2008 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Eigentümerin des streitgegenständlichen Hausgrundstücks, welches sie 2013 an die Kläger veräußert. Der Kaufpreis wird aufgrund bestehender Mängel reduziert. Als sich herausstellt, dass das Haus nicht wie im notariellen Kaufvertrag angegeben 1997 errichtet wurde, sondern bereits Anfang 1995, begehren die Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Entscheidung | OLG Hamm 22 U 82/16

Das OLG Hamm bejahte den Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und schloss sich damit der Entscheidung des LG Bielefeld an. Der frühere Errichtungszeitpunkt stelle einen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB dar, da die Angabe des Baujahres im notariellen Kaufvertrag bewusst erfolgt sei und somit eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Durch die Angabe eines Baujahres sollen sich die Kläger darauf verlassen können, dass das Haus dem technischen Standard des Jahres 1997 entspricht. Die Kaufsache werde durch ein um zwei Jahre abweichendes Baujahr erheblich beeinträchtigt. Die Beklagte muss somit für diesen Mangel einstehen, auch wenn ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde. Denn Letzterer gilt nicht für eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit. Im vorliegenden Fall hat der an den Kaufpreisverhandlungen beteiligte Vater der Beklagten die Kläger bezüglich des Baujahres arglistig getäuscht, aber die Beklagte muss sich sein Verhalten zurechnen lassen. Bei der Entscheidung wurde zudem berücksichtigt, dass noch weitere Mängel bestanden, welche bereits zu einem geringeren Kaufpreis geführt haben. Den Klägern kann die Unkenntnis über das falsch angegebene Baujahr nicht zugerechnet werden. Der Kaufvertrag kann somit rückabgewickelt werden, wenn das im Kaufvertrag angegebene Baujahr als vereinbarte Beschaffenheit des Kaufgegenstandes auszulegen ist.

Praxishinweis | OLG Hamm 22 U 82/16

Diese Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit von korrekten Angaben bei Vertragsverhandlungen und vor allem auch bei der Aufnahme dieser in den notariellen Kaufvertrag. Aus diesem Grund sollte das angegebene Baujahr unbedingt vorher geprüft werden, bevor es als Bestandteil des Kaufvertrags zu einer Beschaffenheitsvereinbarung wird. Auf – ggf. unrichtige – Angaben von anderen Personen sollte man sich nicht immer verlassen, da man sich ihr Verhalten u.U. zurechnen lassen muss. Denn bei einem falsch angegebenen Baujahr kann auch der Vorwurf der arglistigen Täuschung im Raum stehen.