LG Hamburg 415 T 5/09
Anforderungen an den Vertretungsnachweis bei Auslandsgesellschaften

09.04.2010

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

LG Hamburg
15.05.2009
415 T 5/09

Leitsatz | LG Hamburg 415 T 5/09

  1. Handelt es sich bei der Gesellschafterin einer GmbH um eine Auslandsgesellschaft, so muss diese nur bei im Einzellfall begründeten Zweifeln belegen, dass die für die ausländische Gesellschaft handelnde Person die beanspruchte Vertretungsmacht besitzt, wenn ein nicht in öffentlicher Urkunde einzureichender Gesellschafterbeschluss zum Handelsregister eingereicht werden soll.
  2. Bloße Vermutungen der Unrichtigkeit von Eintragungsunterlagen ins Blaue hinein oder gar ein routinemäßiges Abfragen durch das Registergericht ist nicht statthaft. Es hat vielmehr eine Ermessensentscheidung unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit gegen den möglicherweise entstehenden Schaden bei verspäteter Eintragung vorzunehmen.

Sachverhalt | LG Hamburg 415 T 5/09

Als Gesellschafter der X-GmbH waren T1 und T2 mit einem Geschäftsanteil von jeweils 12.600 € und die F-Ltd. mit einem Geschäftsanteil von 75.600 € eingetragen. Die F-Ltd. in Mauritius hatte die Stammeinlage anlässlich einer am selben Tag beschlossenen Kapitalerhöhung, zu der sie allein zugelassen war, übernommen. Für die F-Ltd. handelte damals bereits der P als – one of the directors – Vertreter. Bei der Anmeldung zur Eintragung der Kapitalerhöhung – am 14.11.2006 – hatte der damalige Geschäftsführer u.a. legalisierte Eintragungs- und Vertretungsbescheinigungen beigefügt.

Unter dem 16.08.2007 wurde die Änderung der Firma im Handelsregister eingetragen, welche mit Gesellschafterbeschluss vom 21.12.2006 beschlossen wurde.
Am 02.04.2008 fand zwischen den Gesellschaftern eine weitere Gesellschafterversammlung statt. Im Ergebnis dieser Versammlung wurde T1 als Geschäftsführer abberufen und P zum neuen Geschäftsführer bestellt sowie das Erlöschen der Prokura der M beschlossen. Auch bei dieser Versammlung wurde die F-Ltd. durch P vertreten, welcher sich auf eine schriftliche Vollmacht vom 17.03.2008 bezog, die ihn zu Abberufung des Geschäftsführers T1 und zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers sowie zu Wahrnehmung aller der F-Ltd. zustehenden Gesellschafterrecht ermächtigte.
Diese Änderungen meldete P unter 21.05.2008 zur Eintragung beim Handelsregister an.
Nachdem P die Auflagen einer Zwischenverfügung erfüllt hatte, verlangte die zuständige Rechtspflegerin nunmehr einen Vertretungsnachweis von P hinsichtlich der Vertretungsberechtigung der F-Ltd. Dieser Aufforderung kam P durch die Einreichung von Auszügen des „Register of Directos“ und des „Share Registers“ nach. Eine zusätzliche Vorlage einer Apostille lehnte P jedoch ab.

Aufgrund der fehlenden Apostille lehnte das Handelsregister die Eintragung letztlich ab. Hiergegen richtet die Beschwerde des mit der Antragsstellung beauftragten Notars. Mit Erfolg!

Entscheidung | LG Hamburg 415 T 5/09

Zunächst stellte der LG Hamburg fest, dass der Notar nach § 129 FGG zur Einlegung der Beschwerde berechtigt war, da er bereits zur Antragsstellung ermächtigt wurde.

Zur Begründetheit der Beschwerde hat die Kammer zunächst festgestellt, dass eine Beglaubigung in Form einer Apostille nach dem Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 05.11.1961 dann erforderlich ist, wenn es auf den formellen Nachweis der Stellung des P als vertretungsberechtigter Director der Gesellschafterin an kommt.
Da aber ein solcher Fall vorliegend nicht gegeben war, hatte das Registergericht die Grenzen des ihm nach § 12 FGG (jetzt § 26 FamFG) zustehenden Ermessen überschritten.

Für die Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung von GmbH-Geschäftsführern ist nämlich § 39 Abs. 2 GmbHG die Spezialnorm gegenüber § 12 FGG (jetzt § 26 FamFG). Diese Vorschrift schreibt vor, dass bei der Anmeldung der Eintragung im Hinblick auf die Änderung der Vertretungsbefugnis der GmbH die Urkunden über die Bestellung in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift beizufügen sind. Dieser Anforderung war die X-GmbH vorliegend nachgekommen, indem sie der Anmeldung das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 02.04.2008 vorgelegt hatte. Mehr wird vom Gesetz nicht gefordert.

Ob und unter welchen Umständen das Registergericht über § 39 Abs. 2 GmbHG hinaus auch die Wirksamkeit des Gremienbeschlusses nach § 12 FGG (jetzt § 26 FamFG) prüfen kann bzw. zu prüfen hat, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.
Das LG Hamburg hat hierzu entschieden, dass bloße Vermutungen der Unrichtigkeit von Eintragungsgrundlagen ins Blaue hinein oder gar rein routinemäßiges Abfragen hierbei nicht statthaft ist. Das Registergericht kann nur im Einzelfall und nur bei begründeten Zweifel einen Nachweis über die Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung verlangen. Derartige begründete Zweifel waren in dem vom LG Hamburg zu entscheidenden Fall aber nicht gegeben.
P war bereits seit knapp zwei Jahren für die Gesellschafterin F-Ltd. als Director aufgetreten. Bei der damaligen Satzungsänderung hatte er bereits eine lückenlose Legitimation nachgewiesen, aufgrund dessen die F-Ltd. als neue Gesellschafterin eingetragen wurde. Auch wurde im weiteren Verlauf durch die anderen Gesellschafter nicht nur die Teilnahme des P an den Gesellschafterversammlungen widerspruchslos hingenommen. Vielmehr wurden auch die Beschlüsse insbesondere im Hinblick auf die Abberufung des T1 als Geschäftsführers einstimmig gefasst.

Des Weiteren war das Registergericht auch nicht seiner Pflicht zu Güterabwägung bei seiner Ermessenentscheidung in ausreichendem Maße nachgekommen.
Aufgrund der seit der ersten Anmeldung verstrichenen Zeit (und der oben genannten Punkt) hätte es im Rahmen der Güterabwägung bedenken müssen, dass die Richtigkeit der angemeldeten Änderungen wahrscheinlicher ist als die bisherige Eintragung. Auch wenn die Eintragung letztlich nur deklaratorischer Art ist, so kann der X-GmbH hieraus aufgrund der Publizitätswirkung des § 15 Abs. 1 und 3 HGB ein erheblich Schaden entstehen.

Nach alledem hätte der Registergericht die angemeldeten Änderungen somit eintragen müssen.

Praxishinweis | LG Hamburg 415 T 5/09

Wie bereits schon das LG Berlin setzt nun auch das LG Hamburg mit seiner Entscheidung die herrschende Meinung fort, nach der bloße Vermutungen der Unrichtigkeit von Eintragungsunterlagen ins Blaue hinein oder gar rein routinemäßige Abfragen des Registergerichts unzulässig sind. Vielmehr müssen für Abbeforderung von weiteren Unterlagen begründete Zweifel im Einzelfall vorliegen. Darüber hinaus hat das Registergericht eine Ermessensentscheidung unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit gegen den möglicherweise entstehenden Schaden bei verspäteter Eintragung vorzunehmen.