LG Meiningen 4 T 119/20
Absage einer nicht durchführbaren Eigentümerversammlung

09.04.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

LG Meiningen
04.08.2020
4 T 119/20
BeckRS 2020, 29217

Leitsatz | LG Meiningen 4 T 119/20

Noch in der vorläufigen Thüringer Grundverordnung zur Eindämmung der Corona Pandemie vom 24.03.2020 wurde die Teilnahme an Sitzungen weiterhin für möglich erklärt. Ein rechtliches Hindernis zur Ladung zur Eigentümerversammlung existierte deshalb vor diesem Zeitpunkt nicht.

(redaktioneller Leitsatz)

Sachverhalt | LG Meiningen 4 T 119/20

Der Beschwerdeführer reichte am 18.03.2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein, welche die von der Antragsgegnerin einberufene Eigentümerversammlung für den 04.04.2020, absagen sollte. Die Eigentümerversammlung sei mit der Allgemeinverfügung der Stadt E. vom 13.03.2020 verboten worden. Sitzungen, die einer beruflichen Veranlassung entspringen und/oder zur Erfüllung der beruflichen Arbeitsverpflichtung dienen, sind aufgrund der Coronapandemie zu unterlassen. Die Abhaltung der Eigentümerversammlung sei nicht notwendig für den Erhalt des Arbeitsmarkts und sei daher auch nicht zwingend abzuhalten. Das Amt für Gesundheit bestätigte, dass die Eigentümerversammlung aufgrund der Allgemeinverfügung vom 13.04.2020 abzusagen sei, gerade in Anbetracht dessen, dass 90 Miteigentümer aus dem gesamten Bundesgebiet anreisen müssten. Die Antragsgegnerin wurde im Vorfeld dieses Antrags bereits aufgefordert, die Eigentümerversammlung abzusagen.

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das AG Suhl hat dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung auferlegt. Dagegen legte der Beschwerdeführer vor dem AG Suhl Beschwerde ein, welche ablehnt wurde. Nun legte der Beschwerdeführer vor dem Landgericht Beschwerde gegen den Beschluss der Kostenübernahme des AG Suhl ein.

Entscheidung | LG Meiningen 4 T 119/20

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet und hat somit keine Aussicht auf Erfolg. Bei Erledigung des Hauptsacheverfahrens entscheidet nach § 91a I 1 ZPO das Gericht per Beschluss nach billigem Ermessen über Kostentragung des Rechtsstreits. Dabei sind der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Davon umfasst sind auch die Umstände und die Motive, die zur Abgabe der Erledigungserklärung geführt haben. Daher wird als Folge der, ohne Erledigung, zu erwartende Verfahrensausgang als ausschlaggebendes Mittel herangezogen.

Damit eine Erledigungserklärung wirksam wird, bedarf sie der Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde mit der Zustellung an die Antragsgegnerin rechtshängig. Die Erledigungserklärung traf am gleichen Tag beim AG Suhl ein. In der Regel wird die förmliche Klagezustellung mit der Zustimmungserklärung der Antragsgegnerin geheilt, weil in dieser ein Verzicht liegt. Die Antragsgegnerin gab die Einladungen zur Eigentümerversammlung am 13.03.2020 in die Post, am selben Tag, an dem die Allgemeinverfügung der Stadt E. erlassen wurde. In der Allgemeinverfügung ist noch keine Rede von der „öffentlichen Veranstaltung“. Davon war erst alleinig im offiziellen Stadtportal die Rede. Die Allgemeinverfügung galt ab dem 14.03.2020. Die Antragsgegnerin konnte beim Schreiben davon ausgehen, dass die Eigentümerversammlung, welche nicht unter den Begriff der öffentlichen Veranstaltung fällt, stattfinden kann.

Die Antragstellerin sagte die Eigentümerversammlung am 19.03.2020 ab, während der Antrag des Beschwerdeführers bereits eingereicht war. Der Antrag, welcher der Antragsgegnerin am 26.03.2020 zugestellt wurde, war zu diesem Zeitpunkt bereits unbegründet.

Zum Zeitpunkt der Erstellung der Einladung am 11.03.2020 lagen keine rechtlichen Hindernisse vor. Auch die Thüringer Grundverordnung zur Eindämmung der Coronapandemie vom 24.03.2020 hielt die Möglichkeit von Sitzungen, wie eine Eigentümerversammlung, offen. Daher existierte auch am 13.03.2020 kein rechtliches Hindernis für die Eigentümerversammlung.

Zwar sind die gesundheitlichen Erwägungen des Beschwerdeführers nachvollziehbar, führen in letzter Konsequenz aber nicht zu einem Anspruch auf Untersagung der Eigentümerversammlung. Ermessenfehler des AG sind nicht ersichtlich.

Daher wäre der Verfahrensausgang, ohne Erledigung, zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausgegangen. Die Kostenentscheidung ist damit rechtmäßig.

Praxishinweis | LG Meiningen 4 T 119/20

Die Entscheidung reiht sich ein in Entscheidungen, die den Anspruch auf Untersagung von Hauptversammlungen verneinen, so lange diese nicht öffentlich-rechtlich unzulässig sind (vgl. z.B. VG Frankfurt/M., Beschl. v. 26.03.2020 – 5 L 744/20.F, BeckRS 2020, 4736).