OLG Stuttgart 20 U 47/19
Juristische Person kann Mitglied eines fakultativen Beirats einer Personengesellschaft sein

03.05.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Stuttgart
15.07.2020
20 U 47/19
GWR 2020, 436

Leitsatz | OLG Stuttgart 20 U 47/19

Mitglied des fakultativen Beirats einer extern verwalteten geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft kann auch eine juristische Person sein.

(Leitsatz des Gerichts)

Sachverhalt | OLG Stuttgart 20 U 47/19

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die Beklagte eine extern verwaltete geschlossene Investment-KG.

Entsprechend der ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Möglichkeit hatte die Beklagte einen fakultativen Beirat eingerichtet. In diesen wurde die Klägerin im Rahmen einer Gesellschafterversammlung der Investment-KG einstimmig gewählt. Jedoch stellte der Versammlungsleiter unmittelbar nach der Wahl die Nichtigkeit des Beschlusses fest.

Die Klägerin begehrte daraufhin vor Gericht die Feststellung der Wirksamkeit ihrer Wahl in den Beirat.

Entscheidung | OLG Stuttgart 20 U 47/19

Die Berufung der Klägerin war erfolgreich.

Das OLG Stuttgart stellte zunächst fest, dass die Vorschriften der §§ 153 Abs. 3 S. 2, 18 Abs. 2 S. 4 KAGB und § 100 Abs. 1 S. 1 AktG, wonach nur natürliche Personen Mitglied eines Aufsichtsrats oder Beirats sein können, einer Mitgliedschaft der Klägerin im Beirat der Beklagten nicht entgegenstehen.

§ 153 Abs. 3 S. 1 KAGB sei nach seinem Wortlaut nur auf intern verwaltete geschlossene Investment-KGs anzuwenden. Eine Analogie komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. So habe der Gesetzgeber in Bezug auf den Beirat einer extern verwalteten Investment-KG und die an eine Mitgliedschaft in diesem Beirat zu stellenden persönlichen Anforderungen kein Regelungsbedürfnis gesehen.

Für die Frage der Zulässigkeit der Mitgliedschaft einer juristischen Person im Beirat einer extern verwalteten Investment-KG sei maßgeblich auf die Regelungen des Gesellschaftsvertrages abzustellen, wobei der Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft, wie der Beklagten, ausnahmsweise objektiv auszulegen ist.

Vor dem Hintergrund, dass juristische Personen sogar Geschäftsführungsorgan einer KG sein können (vgl. GmbH & Co. KG), könne auch die Mitgliedschaft einer juristischen Person in einem Beirat einer extern verwalteten Investment-KG nicht allgemein unzulässig sein.

Wenn eine juristische Person alleiniges Geschäftsführungsorgan einer KG sein kann, müsse sie erst recht Mitglied des fakultativen Beirats der Gesellschaft sein können. Denn die persönliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführungsorgans sei mindestens genauso wichtig wie diejenige des Überwachungsorgans.

Trotz der Ähnlichkeit zwischen den Aufgaben des Beirats und denjenigen eines Aufsichtsrats iSv. § 100 AktG sei auch eine Übertragung der an ein Aufsichtsratsmitglied zu stellenden persönlichen Anforderungen auf die Mitglieder des fakultativen Beirats einer extern verwalteten Investment-KG nicht geboten, da die persönliche Verantwortlichkeit und Amtswahrnehmung der Beiratsmitglieder im Vergleich von untergeordneter Bedeutung sei.

Darüber hinaus stehe der einstimmige Gesellschafterbeschluss, mit dem die Klägerin als Anlegerbeirat der Beklagten bestellt wurde, einer Zulassung juristischer Personen als Anlegerbeirat im Gesellschaftsvertrag gleich. Sodass, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag anders auszulegen gewesen wäre, hierin eine mit der erforderlichen Mehrheit beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages zu sehen sei.

Im Ergebnis stellt das OLG Stuttgart somit fest, dass mangels Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Vorschriften und mangels rechtzeitiger Anfechtung durch die Beklagte, die Wahl der Klägerin in den fakultativen Beirat der extern verwalteten Investment-KG nicht nichtig war.

Praxishinweis | OLG Stuttgart 20 U 47/19

Die Argumentation dieser Entscheidung ist grundsätzlich auf alle Personengesellschaften übertragbar.

Für die GmbH etwa hat diese Entscheidung hingegen keine weitere Bedeutung, da § 52 Abs. 1 GmbHG insofern ausdrücklich auf § 100 Abs. 1 AktG verweist. Jedoch können im Rahmen der GmbH-Satzung hiervon abweichende Regelungen getroffen werden.

Vor dem Hintergrund, dass wohl die wenigsten Personengesellschaften mit fakultativem Beirat eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Regelung darüber getroffen haben, ob nur natürliche oder auch juristische Personen Beiratsmitglieder sein können, kommt es maßgeblich auf die Auslegung des Gesellschaftsvertrags an. Eine objektive Auslegung erfolgt dabei nur in Sonderfällen, wie in dem durch das OLG Stuttgart entschiedenen Fall einer Publikumsgesellschaft. Ansonsten richtet sich die Auslegung des Gesellschaftsvertrages nach §§ 133, 157 BGB und dem wirklichen Willen der Parteien.

Unter Zugrundelegung des wirklichen Willens der Parteien wird der Gesellschaftsvertrag regelmäßig so auszulegen sein, dass sich der fakultative Beirat nur aus natürlichen Personen zusammensetzen soll. Um eine abweichende Auslegung zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zu regeln, wer Beiratsmitglied sein kann.

Gegen eine derartige Beschränkung des passiven Wahlrechts auf natürliche Personen bestehen im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen des KAGB keine Bedenken.