OGH Wien 6 Ob 59/20z
Zur Notariatsaktpflicht bei Abtretung von österreichischen GmbH-Geschäftsanteilen und Auslandsbeurkundung nach dem deutschen Konsulargesetz

18.03.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OGH Wien
23.04.2020
6 Ob 59/20z
notar 2021, 95

Leitsatz | OGH Wien 6 Ob 59/20z

Die Beurkundung der Übertragung von Geschäftsanteilen einer österreichischen GmbH nach dem deutschen Konsulargesetz entspricht qualitativ nicht dem Zweck des Formgebots nach § 76 Abs. 2 öGmbHG.

(redaktioneller Leitsatz notar 2021, 95)

Sachverhalt | OGH Wien 6 Ob 59/20z

Die Gesellschafter einer österreichischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung haben die Übertragung von Geschäftsanteilen von einem deutschen Konsularbeamten nach dem deutschen Konsulargesetz, beurkunden lassen. Die Vorinstanzen ließen die Eintragung der Änderung der Eigentumsverhältnisse der Geschäftsanteile in das Firmenbuch wieder löschen, weil sie in der Beurkundung durch den deutschen Konsularbeamten einen unheilbaren Formfehler sahen. Aufgrund dieses Formfehlers sei die Übertragung der Geschäftsanteile unwirksam.

Die Kläger begehren die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und die Wiedereintragung des Übergangs der Geschäftsanteile in das Firmenbuch.

Entscheidung | OGH Wien 6 Ob 59/20z

Die Revision ist zurückzuweisen.

Das Formgebot des § 76 Abs. 2 öGmbHG besteht sowohl beim Verpflichtungs- als auch beim Verfügungsgeschäft der Abtretung der Geschäftsanteile. Beide Geschäfte können jedoch zusammenfallen, wenn bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts ein aktueller Übertragungswille der Parteien vorliegt. Dabei ist die Formulierung des Vertragstextes zur Feststellung der Parteiwillen entscheidend.

Aus der Formulierung der Gesellschaftsvereinbarung, wonach „spätestens am 31. März 2016 die folgenden Geschäftsanteile … übertragen werden“, ergibt sich der Schluss, dass bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts noch kein Wille zur sofortigen Abtretung bei den Parteien vorlag. Daher bedarf es einer weiteren Beurkundung des Verfügungsgeschäfts, welche nicht erfolgte. Dieser Formfehler ist unheilbar.

Bei einer Beurkundung im Ausland ist zu prüfen, ob diese Beurkundung qualitativ dem Zweck der Formgebots des § 76 II öGmbHG gerecht wird. Der Zweck des § 76 II öGmbHG ist u.a. die Belehrung von Risiken und Gefahren, die bei dem Erwerb von Geschäftsanteilen auftreten können. Eine solche Belehrung durch einen deutschen Konsularbeamten findet trotz der Gleichstellung der Beurkundung mit der eines deutschen Notars nach § 10 Abs. 2 KonsularG, in der Regel nicht statt.

Daher war die Löschung einer unrichtigen Eintragung in das Firmenbuch durch das Firmenbuchgericht rechtmäßig.

Praxishinweis | OGH Wien 6 Ob 59/20z

Der OGH Wien stellt fest, dass eine Beurkundung eines deutschen Konsularbeamten nicht der eines österreichischen Notars gleichwertig ist. Nicht festgestellt wird hingegen, ob die Beurkundung eines deutschen Notars der eines österreichischen Notars gleichwertig ist. Jedoch ist davon auszugehen, dass bei einer Beurkundung der Übertragung von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft, der deutsche Notar auf die Risiken und Gefahren eines Erwerbs aufmerksam macht. Daher sollte die Beurkundung durch einen deutschen Notar dem Sinn und Zweck des Formgebots des § 76 Abs. 2 öGmbHG entsprechen.