BFH II R 34/16
Schenkung eines Kommanditanteils unter Vorbehaltsnießbrauch

18.12.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
06.11.2019
II R 34/16
DStR 2020, 382

Leitsatz | BFH II R 34/16

Die Begünstigung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG idF des Jahres 2007 setzt voraus, dass der Gegenstand des Erwerbs bei dem bisherigen Rechtsträger Betriebsvermögen war und dem neuen Rechtsträger Betriebsvermögen wird.

Ist Gegenstand des Erwerbs eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, muss der Erwerber Mitunternehmer werden.

Der Eigentümer eines nießbrauchsbelasteten Kommanditanteils kann Mitunternehmer sein.

Die Übertragung des Steuerberechnung auf das FA im Tenor der finanzgerichtlichen Entscheidung setzt voraus, dass dem FA nur noch die Berechnung der Steuer verbleibt. Wertungs-, Beurteilungs- oder Entscheidungsspielräume sind unzulässig. Ein Zuwarten auf eine gesonderte Feststellung geht über die Steuerberechnung hinaus.

Sachverhalt | BFH II R 34/16

Der Kläger ist neben der Schwester zu jeweils 50 % Kommanditist der A KG. Am 28.12.2006 wurde mit einem notariellen Übertragungsvertrag unentgeltlich ein Teilkommanditanteil des Klägers an dessen Sohn B übertragen, welcher 4 % des Kommanditeinlage entsprach. Die Übertragung sollte erst ab Eintragung, welche am 01.10.2007 stattfinden sollte, im Außenverhältnis wirksam werden. Der Kläger übernahm dabei etwa anfallende Schenkungssteuer.

Bei Übertragung wurde ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht für den Kläger eingeräumt und er behält sich finanzielle Kommanditistenrechte vor, insbesondere den Anspruch auf Sondereinlagen und Rücklagen, aber auch Lasten und Aufwendungen sowie ein Stimmrecht mittels lebenslänglicher Stimmrechtsvollmacht. für die Gesellschafterversammlungen. Durch eine Verpflichtung des Sohnes B, der dabei von der Ausübung seines Stimmrechts keinen Gebrauch machen durfte, wurde ein Widerruf der Vollmacht durch diesen, an einen Widerruf des Klägers hinsichtlich der Schenkung nach dessen Ermessen gebunden.

Am 29.10.2007 erklärte der B in seiner Steuererklärung, den Freibetrag nach § 13a ErbStG idF des HBeglG 2004 v. 29.12.2003 (ErbStG aF) in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte und Revisionskläger lehnte das Finanzamt (FA) die Steuerbegünstigung ab, da der B kein Betriebsvermögen erworben habe, es an Mitunternehmerinitiative mangele sowie aufgrund des Nießbrauchsrechts und der auf den Kläger übertragenen Stimm- und Verwaltungsrechte sowie des auf ein Minimum reduzierte Unternehmerrisikos. B seien somit zwar Kommanditanteile übertragen worden, er könne jedoch keine Mitunternehmerschaft begründen. Das angerufenen FG gab dem Kläger Recht.

Das FA rügt in der Revision die Verletzung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG aF iVm § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EstG und § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG aF. Zwar seien die Feststellungen auf den zutreffenden Stichtag 01.10.2007 nachzuholen, der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtmäßig.

Der Kläger erwidert, der Bescheid sei schon nach § 124 Abs. 3 AO iVm § 125 Abs. 1 AO wegen fehlender Erkennbarkeit mangels inhaltlicher Bestimmtheit, § 119 Abs. 1 AO nichtig, er habe wenig später einem weiteren Sohn einen Kommanditanteil übertragen.

Entscheidung | BFH II R 34/16

Die Revision wird als begründet angesehen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, § 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FGO.

Hinsichtlich der Bestimmtheit des Schenkungssteuerbescheids trotz fehlerhafter Angabe des Schenkungszeitpunktes entscheidet der BFH, dass dies hier hinreichend vorliege, iSd § 119 Abs. 1 AO. Dabei müssen der Wille der Behörde sowie der objektive Erklärungsinhalt des Betroffenen durch Auslegung ermittelt werden. Auch das Revisionsgericht ist befugt, diese Auslegung durchzuführen, insbesondere dann, wenn das FG sich mit dieser Thematik nicht befasst hat. Der angefochtene Bescheid benennt die Schenkung des Klägers an B vom 31.12.2006, womit er den formellen Anforderungen genügt.

Bezüglich der Übertragung des Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt als schenkungssteuerbarer Vorgang entscheidet das Revisionsgericht, dass die Steuerbegünstigung zu gewähren sein kann, da der B Mitunternehmer geworden ist.

Die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG vor 2009 sind dabei nur erfüllt, wenn das betreffende Vermögen sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG aF erfüllt. Der Gesellschaftsbegriff ist in dieser Hinsicht nicht zivilrechtlich, sondern erbschaftssteuerrechtlich zu verstehen.

So muss das Vermögen also weiterhin als Betriebsvermögen beim neuen Rechtsträger gelten. Der Erwerber des Kommanditanteils ist grundsätzlich mit diesem Mitunternehmer der KG geworden. Daran ändere auch der vorbehaltene Nießbrauch des Schenkers nichts. Die Steuervergünstigung sei jedoch lediglich dann zu gewähren, wenn er dem Bedachten die Stellung eines Mitunternehmers gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gewährt.

Dafür bedarf es einem Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative, wobei Mitunternehmer auch ausnahmsweise eine Person sein kann, die eine, dem Mitunternehmer wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat. Beide oben genannten Merkmale müssen - wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – vorliegen. Das Mitunternehmerrisiko setze eine gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens voraus. Regelmäßig wird dies durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie den stillen Reserven einschließlich eines Geschäftswertes induziert. Mitunternehmerinitiative benötigt die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend sei schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens die Annäherung an die vom HGB geforderten Stimm-, Kontroll-, und Widerspruchsrechten des Kommanditisten.

Grundsätzlich ist der Mitunternehmer iSd § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EstG nach § 39 Abs. 1 AO der zivilrechtliche Gesellschafter. Steuerrechtlich kann der Gesellschaftsanteil jedoch einem anderen zuzurechnen sein, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.

Auch ein eingeräumtes Nießbrauchsrecht bildet schadet der Qualifikation als Mitunternehmer regelmäßig nicht. Allerdings mangele es schädlich an Mitunternehmerinitiative, wenn der Kommanditist die Ausübung der Stimm- und Mitverwaltungsrechte dem Nießbraucher umfassend überlassen hat und dies auch für die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft gilt.

Vorliegend sei B ein Mitunternehmerrisiko verblieben, da er an den stillen Reserven sowie den Verlusten beteiligt ist. Auch eine Mitunternehmerinitiative wird ihm vom BFH zugeschrieben, da er grundsätzlich an der Ausübung seines Stimmrechts nicht gehindert ist. Selbst in einem konkreten Konfliktfall genieße die Stimmrechtsbefugnis des B im Innen- und Außenverhältnis Vorrang. Ob er deshalb Widerruf der Schenkung oder eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Kläger befürchten muss, sei unerheblich. Bis der Widerruf tatsächlich erfolgt, was nicht prognostiziert werden könne, hätte sein Stimmrecht allenfalls Bestand.

Praxishinweis | BFH II R 34/16

Für die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbsStG aF, aber auch für eine Qualifizierung als Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind laut dieser Rechtsprechung des BFH Nießbrauchrechte am Kommanditanteil sowie eine gewisse eingeschränkte Mitunternehmerinitiative unschädlich und können durch andere, gleichwertige Faktoren ausgeglichen werden.