KG 21 U 144/18
Terminanpassungsklausel in Bauträgervertrag

23.11.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
27.06.2019
21 U 144/18
MittBayNot 2020, 128

Leitsatz | KG 21 U 144/18

  1. Als von einem Bauträger gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen eines Bauträgervertrag benachteiligt die folgende Regelung den Erwerber unangemessen und ist daher unwirksam: „Der Termin für die bezugsfertige Herstellung der Wohneinheit verschiebt sich immer dann, wenn der Käufer eine Kaufpreisrate zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt hat, und zwar um denjenigen Zeitraum, der zwischen dem Tage der Fälligkeit der Kaufpreisrate und ihrer Zahlung liegt.“
  2. Beauftragt der Erwerber beim Bauträger nachträglich Sonderwünsche für die Ausstattung seiner Wohneinheit, die über den im Bauträger hierfür eine zusätzliche Vergütung, richtet sich deren Fälligkeit im Zweifel auch nach einer vertraglichen auf § 3 Abs. 2 MaBV gestützten Regelung.
  3. Auch wenn ein Bauträger dem Erwerber die versprochene Wohneinheit nicht zum vereinbarten Termin übergeben hat, ist er mit der Erfüllung dieser Vertragspflicht nicht in Verzug, solange er die Wohneinheit bezugsfertig hergestellt hat und sich auf die Einrede des § 320 BGB berufen kann. Dazu ist er berechtigt, solange er die Erfüllung des Vertrages mit dem Erwerber nicht abschlie0end verweigert hat und zugleich den Erwerber die Zug um Zug gegen Übergabe geschuldeten Zahlungen nicht geleistet oder in Annahmeverzug begründender Form angeboten hat.
  4. Die Dauer dieser verzugsfreien Einredephasen während der Durchführung eines Bauträgervertrags ist notfalls anhand des Verlaufs der vertraglichen Leistungsbilanz chronologisch zu ermitteln.

Sachverhalt | KG 21 U 144/18

Mit notariellem Vertrag vom April 2013 verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin noch zu errichtendes Wohnungseigentum zu verschaffen. Der Bauträgervertrag enthielt unter andere, die folgende Regelung: Im September desselben Jahres verkaufte die Beklagte der Klägerin ferner Sondereigentum an Tiefgaragenstellplätzen, woraufhin der Kaufpreis nachträglich angepasst und erhöht wurde.

§ 2a.3.: „Die Bezugsfertigkeit des Sondereigentums der kaufgegenständlichen Wohnung (..) muss bis zum 30.06.2014 erfolgen.“

§ 2.a.3.a.: „Schließlich verschiebt sich der Bezugsfertigstellungstermin immer dann, wenn der Käufer eine Kaufpreisrate zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt hat, und zwar um denjenigen Zeitraum, der zwischen dem Tage der Fälligkeit der Kaufpreisrate und ihrer Zahlung liegt.“

§ 2a.3.b.: „Der Kaufpreis ist in sechs raten zu zahlen, wobei die Klägerin Zug um Zug gegen Übergabe der bezugsfertigen Wohnung einen Zahlungsstand von 96,5 % schuldet und ihr ein Anspruch auf Sicherheitsleistung in Höhe von 5 % des Kaufpreises gem. § 632a BGB zugebilligt wird.“

Die Wohnung wurde von der Beklagten erst zum 20.05.2016 bezugsfertig gestellt. An diesem Tag erklärte die Klägerin die Abnahme des Sondereigentums. Die Beklagte übergab die Wohnung der Klägerin nicht, weil sie meinte sie habe keine ausreichenden Zahlungen geleistet. Die Klägerin machte insoweit ihren Sicherheitseinbehalt und ihren Anspruch auf Schadenersatz wegen der verspäteten Fertigstellung der Wohnung geltend. Tatsächlich übergab die Beklagte die Wohnung im Jahr 2019.

Die Klägerin verlangt nunmehr Schadenersatz wegen nicht terminsgerechter Übergabe der Wohnung. Das Landgericht wies die Klage ab.

Entscheidung | KG 21 U 144/18

Die zulässige Berufung erachtete der BGH als teilweise begründet.

Für den auf § 286 BGB beruhenden Anspruch führt das Gericht aus, in welcher Reihenfolge ein Verzugsschaden gegen den Bauträger während der Einredephase nach § 320 BGB, nach der sein Verzug entfallen soll, wenn die Voraussetzungen der Vorschrift aus objektiver Sicht vorliegen, zu prüfen ist.

Denn auch wenn ein Bauträger dem Erwerber die versprochene Wohneinheit nicht zum vereinbarten Termin übergeben habe, sei er mit der Erfüllung nicht in Verzug, solange er die Wohneinheit bezugsfertig hergestellt habe und sich auf die Einrede des § 320 BGB berufen könne. Dazu sei er berechtigt, solange er die Erfüllung des Vertrages mit dem Erwerber nicht abschließend verweigert habe und zugleich der Erwerber die Zug um Zug gegen Übergabe geschuldeten Zahlungen nicht geleistet oder in Annahmeverzug begründender Form angeboten habe.

Zunächst solle der maßgebliche rechtsverbindliche Übergabetermin ermittelt werden, sodann bis zu welchem Datum der Anspruch des Erwerbers auf Übergabe der Wohneinheit unerfüllt blieb. Schlussendlich sei festzustellen, ob und wenn ja wie lange ich der Bauträger während der Bruttodauer der Nichterfüllung auf die Einrede des § 320 BGB berufen könne.

Vorliegend habe sich das zeitliche Leistungssoll (Schritt 1) nicht aufgrund der Bestimmung in § 2a.3a. des Bauträgervertrags verschoben („Terminanpassungsklausel“). Diese Bestimmung, bei der es sich ebenfalls im Zweifel um eine AGB-Klausel handele, sei gem. § 306 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Regelung stelle eine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung für den Erwerber dar. Sie führe dazu, dass der Erwerber für jeden Tag, den er mit der Kaufpreisrate in Verzug war, dem Bauträger einen Tag Aufschub mit der Pflicht zur Übergabe der Wohnung gewähren müsste. Diese zusätzliche überproportionale Sanktionierung seines Zahlungsverzuges sei nicht zuletzt deshalb unangemessen, da er für eine verspätet gezahlte Kaufpreisrate auch Verzugszinsen zahlen müsse. Hierbei orientiert sich das Gericht an der Rechtsprechung des BGH zur Pönalisierung von Zwischenfristen in Bauverträgen.

Im zweiten Schritt sei zu klären, bis zu welchem Datum der Anspruch des Erwerbers auf Übergabe der Wohneinheit unerfüllt bliebe, was längstens bis zum Tag der tatsächlichen Übergabe der Fall sein könne.

Für die Leistungsbilanz als letztem Schritt galt hier, dass der Leistungsstand der Beklagten höher war als der Leistungs- bzw. Zahlungsstand der Klägerin. Bemessungsgrundlage für den Aktivposten des Bauträgers sei der letztendlich fällige Zahlungsanspruch von 96,5 % des Kaufpreises. Denn beauftrage der Erwerber beim Bauträger nachträglich Sonderwünsche für die Ausstattung seiner Wohneinheit, die über den vertraglich vereinbarten Standard hinausgehen und vereinbare er mit dem Bauträger hierfür eine zusätzliche Vergütung, richte sich deren Fälligkeit im Zweifel auch nach der vertraglichen, auf § 3 Abs. 2 MaBV gestützten Fälligkeitsregelung.

Praxishinweis | KG 21 U 144/18

Das Urteil behandelt die Wirksamkeit von Terminanpassungsklauseln und kommt zu dem Ergebnis, dass sie als AGB den Erwerber unangemessen benachteiligen. Da es – soweit ersichtlich – kaum höchstrichterliche Rechtsprechung zu solchen Klauseln gibt, ist diese Entscheidung bei der Vertragsgestaltung dringend zu berücksichtigen.