LG München I 5 HK O 6378/20
Kein Anspruch auf Untersagung einer virtuellen Hauptversammlung

30.10.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

LG München I
26.05.2020
5 HK O 6378/20
ZIP 2020, 1241 = EWiR 2020, 429 (Linnerz)

Leitsatz | LG München I 5 HK O 6378/20

Ein Aktionär kann nicht per einstweiliger Verfügung eine Untersagung einer virtuellen Hauptversammlung entsprechend § 1 Abs. 2 COVID-19-Gesetz verlangen, wenn er nicht glaubhaft macht, dass die dort anstehenden Beschlüsse nichtig seien.

Sachverhalt | LG München I 5 HK O 6378/20

Die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft soll im Wege der virtuellen Hauptversammlung stattfinden. Tagesordnungspunkte waren die Verwendung des Bilanzgewinns und die Zustimmung zu Verschmelzungsverträgen. Der Antragsteller will per einstweiliger Verfügung die Abhaltung der Hauptversammlung untersagen lassen. Er beabsichtigt darüber hinaus die einstweilige Verfügung gegen einen weiteren Aktionär, dem er untersagen lassen wollte, am Zustandekommen des Beschlusses mitzuwirken.

Entscheidung | LG München I 5 HK O 6378/20

Das LG München I wies die einstweilige Verfügung mit überzeugenden Argumenten zurück. Die Untersagung einer Hauptversammlung könne ebenso wie die Untersagung jeder Gesellschafterversammlung per einstweiliger Verfügung nur dann durchgesetzt werden, wenn die zu fassenden Beschlüsse an einem besonders gravierenden Mangel leiden und nichtig seien. Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn die Einladung zur Hauptversammlung unwirksam sei. Darüber hinaus sei es erforderlich, dass dem Antragsteller kein anderer wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung stehe. Das LG München I verweist insoweit auf die Entscheidung des OLG München v. 13.09.2006 – 7 U 2912/06, BeckRS 2006, 12096. Das LG München I hatte nun insbesondere zu prüfen, ob der Gesetzgeber wirksam die Möglichkeit einer virtuellen Hauptversammlung über das COVID-19-Gesetz eröffnet hat und bejaht dies. Der Vorstand habe die Voraussetzungen, die für eine derartige virtuelle Hauptversammlung erforderlich seien, erfüllt. Ein Nichtigkeitsgrund sei allein deswegen, weil die Teilnahmemöglichkeiten eingeschränkt seien, das Fragerecht begrenzt sei und die Rechtschutzmöglichkeiten gemindert seien, nicht gegeben. Es verweist im Übrigen darauf, dass es dem Aktionär möglich sei, gegen die Beschlüsse dennoch Widerspruch einzulegen und es insbesondere hinsichtlich der zur Beschlussfassung anstehenden Verschmelzungsbeschlüsse dabei verbleibe, dass die Klage grundsätzlich die Eintragung der Verschmelzung gem. § 16 UmwG verhindere.

Praxishinweis | LG München I 5 HK O 6378/20

Der Entscheidung kommt angesichts des Umstandes, dass im durch die Corona-Pandemie bestimmten Jahr 2020 zumindest die große Mehrheit der börsennotierten Gesellschaften sich der Möglichkeiten des COVID-19-Gesetzes bedient, große Bedeutung zu. Der Entscheidung ist in vollem Umfang zuzustimmen. Die Verwaltungsorgane der Gesellschaft müssen sich lediglich an den Voraussetzungen, die das COVID-19-Gesetz aufgestellt hat, messen lassen. Derzeit wird von der Möglichkeit einer verkürzten Einladung, die das Gesetz ebenfalls vorsieht (drei Wochen), wenig Gebrauch gemacht. Dies dürfte sich allerdings zum Jahresende hin ändern. Zentrale Bedeutung kommt bei diesen virtuellen Hauptversammlungen der Mitwirkung professioneller und routinierter Dienstleister, die für die technisch einwandfreie Übertragung, Aufnahme der Widersprüche und Wiedergabe der Hauptversammlung sorgen, zu.