KG 1 W 161/19
Nachweis der Rechtsnachfolge anhand eines Europäischen Nachlasszeugnisses

10.04.2020

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
03.09.2019
1 W 161/19
NJW-RR 2019, 1413

Leitsatz | KG 1 W 161/19

Die Bewilligungsbefugnis eines Erben kann nur anhand eines Europäischen Nachlasszeugnis-ses nachgewiesen werden, dessen Gültigkeitsfrist zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch noch nicht abgelaufen ist.

Sachverhalt | KG 1 W 161/19

Im Wohnungsgrundbuch ist seit dem 10.2.2016 eine Eigentumsvormerkung zugunsten des B und des C eingetragen. Am 9.11.2018 erfolgten die Auflassung an die Beteiligten „in Miteigentum jeweils zu ½“ durch die damalige Eigentümerin sowie die Löschungsbewilligung- und Beantragung der Vormerkung durch die Rechtsnachfolger B und C. Als Nachweis derer Bewilligungsbefugnis wurden der Urkunde des Notars als Anhang zwei den Beteiligten ausgestellte und beglaubigte Abschriften des Europäischen Nachlasszeugnisses vom 14.5.2018 sowie vom 8.6.2017 beigelegt. Der beurkundende Notar hat mit Schriftsatz vom 9.11.2018 die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligten sowie die Löschung der Vormerkung beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 8.1.2019 auf die Ungültigkeit des vorgelegten Nachlasszeugnisses hingewiesen und sodann die Vorlage neuer beglaubigter Abschriften gefordert. In einer weiteren Zwischenverfügung vom 28.2.2019 hat das Grundbuchamt festgestellt, dass es der Vorlage eines Erbscheins oder eines gültigen Europäischen Nachlasszeugnisses nur für die Löschung der Vormerkung bedarf. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Entscheidung | KG 1 W 161/19

Das KG erachtet die Beschwerde als unbegründet.

Die Zwischenverfügung des Grundbuchamts sei insoweit zu Recht ergangen, als dass das ungültige Europäische Nachlasszeugnis ein der beantragten Eintragung entgegenstehendes Hindernis darstelle, welches das Grundbuchamt insoweit nach § 18 I 1 GBO dazu verpflichte, den Antrag zurückzuweisen oder den Antragsteller alternativ zur Hebung des Hindernisses binnen einer angemessenen Frist anzuweisen. Zu beachten seien alle bis zum Zeitpunkt der Eintragung auftretenden Hindernisse.

Erfolge die Bewilligung zur Löschung der Vormerkung durch den Rechtsnachfolger des Vormerkungsberechtigten, so sei ein Nachweis der Rechtsnachfolge in Form eines Erbscheins oder eines gültigen Europäischen Nachlasszeugnisses in beglaubigter Abschrift gem. § 35 I 1 GBO erforderlich. Nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer beglaubigter Abschriften von regelmäßig sechs Monaten müsse die beglaubigte Abschrift verlängert oder eine neue beglaubigte Abschrift beantragt werden.

Die dem Grundbuchamt vorgelegten beglaubigten Abschriften des Europäischen Nachlasszeugnisses mit einer Gültigkeit bis zum 14.11.2018 bzw. bis zum 29.12.2018 waren bei Eingang des Antrags noch gültig, verloren ihre Wirksamkeit allerdings noch vor der Eintragung ins Grundbuch.

Einer Ansicht nach ist der Ablauf der Gültigkeitsfrist nach der Antragstellung beim Grundbuchamt mangels Einwirkungsmöglichkeit des Antragstellers auf die Bearbeitungszeiten als unschädlich anzusehen. Das KG schließt sich hingegen einer anderen Ansicht an, wonach für die Gültigkeitsdauer der beglaubigten Abschriften der Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch maßgeblich ist. Das Europäische Nachlasszeugnis stelle ein dem Erbschein gleichgestelltes Beweismittel im Grundbuchverfahren dar, welches seine Beweiskraft zum Schutz des Rechtverkehrs nach Ablauf der Gültigkeitsfrist von sechs Monaten verliere. Insoweit fehle es an einer entsprechenden Beweiswirkung unabhängig davon, ob der Fristablauf vor oder nach der Antragstellung beim Grundbuchamt erfolge. Vielmehr sei die Frist mangels einer vorgesehenen Einziehung des Nachlasszeugnisses bewusst kurz bemessen worden, um die Kontrolle über die von der Ausstellungsbehörde ausgestellten beglaubigten Abschriften gewährleisten zu können. An dem Bedürfnis der Gültigkeit des Nachlasszeugnisses bis zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch ändere auch die fehlende Einwirkungsmöglichkeit des Antragstellers auf die Dauer des Eintragungsvorgangs nichts. Zudem würden auch die Wertungen des § 878 BGB nicht übergangen, da der Wirksamkeit der Verfügungserklärung nicht solche Verfügungsbeschränkungen entgegenstünden, deren Eintritt erst nach Antragstellung erfolgt sei.

Folglich bedürfe es im vorliegenden Fall mangels eines gültigen Nachlasszeugnisses zum Zeitpunkt der Eintragung ins Grundbuch einer Verlängerung der Gültigkeitsfrist oder alternativ der Ausstellung einer neuen beglaubigten Abschrift durch die Ausstellungsbehörde.

Praxishinweis | KG 1 W 161/19

Aufgrund der teils langen Dauer eines Eintragungsverfahrens ist bei der Beantragung einer Grundbuchänderung unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses als Nachweis der Bewilligungsbefugnis eines Erben insbesondere auf die hinreichende Gültigkeitsfrist der Abschrift zu achten, um ein etwaiges Eintragungshindernis zu vermeiden.