BFH II R 38/16
Nachbesteuerung trotz Wohnrecht bei Grundstückserwerb eines Ehegatten von Todes wegen

04.12.2019

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
11.07.2019
II R 38/16
BeckRS 2019, 29295

Leitsatz | BFH II R 38/16

Die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt. (amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | BFH II R 38/16

Die Klägerin ist Alleinerbin eines Grundstücks, welches sie bis zum Tode ihres Ehemannes mit diesem gemeinsam bewohnte. Sie wendet sich gegen einen Bescheid des beklagten Finanzamtes, welches per Steuerbescheid für den Eigentumserwerb der Klägerin Erbschaftssteuer festgesetzt hat.

Hintergrund ist eine schenkweise Übertragung des Grundstücks von der Klägerin an ihre Tochter unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchrechtes.

Die Klägerin begehrt nun die Abänderung des Steuerbescheides dahingehend, dass die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung der Steuerbefreiung aus § 13 I Nr. 4b ErbStG festzusetzen ist.

Entscheidung | BFH II R 38/16

Der BFH hat der Klägerin in seiner Entscheidung die Gewährung einer Steuerbefreiung verwehrt.

Nach § 13 I Nr. 4b ErbStG kann der Eigentumserwerb eines Ehegatten von Todes wegen an einem bebauten Grundstück im Inland steuerlich privilegiert werden, wenn dieser das Grundstück nicht innerhalb von zehn Jahren anderweitig als zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist daran aus zwingenden Gründen gehindert.

Dieser Nachversteuerungstatbestand greift auch dann, wenn der erwerbende Ehegatte das Familienheim weiterhin bewohnt, aber nicht mehr Eigentümer dessen ist.

Eine derartige Auslegung der Norm, die dies jedenfalls nicht ausdrücklich erkennen lässt, sei jedenfalls daraus abzuleiten, dass sich Satz 5 der Norm gerade auf den Erwerb in Satz 1 bezieht, sodass damit die Eigentümerstellung des erwerbenden Ehegatten vorausgesetzt werde.

Weiterhin formuliert der Gesetzgeber mit der erforderlichen „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ eine Dopplung, die keine anderweitige Schlussfolgerung zulasse. Denn hätte es dem gesetzgeberischen Willen entsprochen, eine Selbstnutzung zu Wohnzwecken genügen zu lassen, unabhängig von einer Eigentümerstellung, so hätte dies unmittelbar im Wortlaut Niederschlag gefunden.

Diese Auslegung werde auch dadurch gestützt, dass in Satz 2 der Norm gerade der Fall geregelt ist, dass der Ehegatte mit der Auflage belastet ist, das Eigentum unter einem Nutzungsvorbehalt an das Kind zu übertragen. Es solle dann gerade keine Steuerbefreiung gewährt werden. Steuerrechtlich entspricht diese Situation somit der streitgegenständlichen Konstellation.

Zudem fehle es in der gesetzlichen Regelung gerade an einer Privilegierung von Zuwendungen an die Kinder. Die Norm schütze nach ihrem Sinn und Zweck lediglich die Substanz des Familienvermögens innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft und diene insoweit der Lenkung des Grundvermögens des Erblassers.

Die Gewährung von Steuerbefreiungen in derart engen Grenzen sei nach Auffassung des BFH gerade Ausdruck der gesetzgeberischen Wertung, dass die Veräußerung des Familienheims als schädlich anzusehen ist, selbst wenn der Ehegatte dieses weiterhin bewohnt. Die Stellung eines Mieters komme derjenigen eines Eigentümers nicht gleich und verdiene daher keine steuerlichen Vorteile.

Praxishinweis | BFH II R 38/16

Auch wenn die Entscheidung des Bundesfinanzhofes Ausdruck einer konsequenten Anwendung und Umsetzung der steuerlichen Normen ist, so wird im Zuge steuersparender Erwägungen mit erneutem Beratungsbedarf zu rechnen sein.