BGH II ZB 25/17
Anforderungen an die Eintragung einer Zweigniederlassung einer Limited

01.10.2019

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
14.05.2019
II ZB 25/17
GWR 2019, 267

Leitsatz | BGH II ZB 25/17

Dem EuGH wurden folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie (EU) 2017/1132 vorgelegt:

1. Steht Art. 30 einer Regelung entgegen, nach der für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer GmbH mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat in das Handelsregister die Angabe der Höhe des Stammkapitals erforderlich ist?

2.a) Steht Art. 30 eine Regelung entgegen, nach der der Geschäftsführer bei Anmeldung der Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister die Versicherung abgeben muss, dass kein Bestellungshindernis vorliegt und dass er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht belehrt worden ist?

2.b) Falls die Frage 2a) verneint wird: Stehen Art. 49, 54 AEUV einer nationalen Regelung entgegen, nach der der Geschäftsführer bei Anmeldung in das Handelsregister eine solche Versicherung abgeben muss? (Leitsätze des Verfassers)

Sachverhalt | BGH II ZB 25/17

Die Beteiligte ist eine in das englische Handelsregister des Companies House eingetragene Limited mit Satzungssitz in England. Im März 2014 hat sie beim Registergericht Frankfurt a.M. die Eintragung einer Zweigniederlassung angemeldet. Per Zwischenverfügung lehnte das Registergericht die Anmeldung ab. Zum einen fehle es an einer Angabe des Stammkapitals, zum anderen habe der director zwar versichert, dass kein Umstand vorliege, der seiner Bestellung entgegenstehe, aber nicht, dass er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sei.

Das OLG wies die Beschwerde zurück. Die Beteiligten erhoben Rechtsbeschwerde.

Entscheidung | BGH II ZB 25/17

Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die entscheidungserheblichen Fragen vor.

I. Zur ersten Vorlagefrage:

Ob die Angabe über die Höhe des Stammkapitals hätte erbracht werden müssen, hängt von der Auslegung des Art. 30 der Richtlinie ab. Dort wird weder in Absatz 1, der obligatorische Offenlegungstatbestände regelt, noch in Absatz 2 bei den fakultativen Offenlegungsgegenständen die Angabe der Höhe des Stammkapitals ausdrücklich genannt. Damit könnte die Offenlegung dieser Angaben gegenüber einem Mitgliedsstaat verwehrt sein. Der BGH neigt hingegen dazu, die Offenlegung des Stammkapitals als richtlinienkonform anzusehen, da die Angabe Bestandteil des Errichtungsakts ist, dessen vollständige Offenlegung verlangt werden kann (Art. 30 Abs. 2 b).

II. Zur zweiten Vorlagefrage:

Mit der zweiten Frage ist zu klären, ob die Richtlinie Raum für nationale Gesetzgebung lässt, die über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehen. Sei dies nicht möglich, wäre die deutsche Regelung richtlinienwidrig. Sie sehen vor, dass für die Anmeldung einer Zweigniederlassung eine Versicherung des Geschäftsführers über das Fehlen von Bestellungshindernissen und darüber, dass er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht belehrt wurde, abgegeben werden muss (§ 8 Abs. 3 GmbHG; § 13g Abs. 2 S. 2 HGB). Der Bundesgesetzgeber geht (wohl) davon aus, dass die deutschen Regelungen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

Wird entschieden, dass die Richtlinie Raum für nationale Gesetzgebung lässt, lautet die Anschlussfrage, ob strengere Voraussetzungen in der nationalen Gesetzgebung gerechtfertigt sind. Sie müssen sich anhand der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) messen lassen. Der BGH äußert Zweifel, da die Regelung ohne konkrete Anhaltspunkte allein einer präventiven Missbrauchsbekämpfung der Niederlassungsfreiheit diene.

Praxishinweis | BGH II ZB 25/17

Zunächst kann die Frage gestellt werden, weshalb jemand klagt, anstatt die Belehrung zur uneingeschränkten Auskunftspflicht über ein Bestellungshindernis abzugeben.

Im Falle einer Europarechtswidrigkeit wären Bestellungshindernisse nicht durchzusetzen. Dadurch würde auch eine Gesellschaftsgründung im Ausland mit Zweigniederlassung in Deutschland nicht angreifbar. Das Risiko ausländischer Organe (derzeit mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe belegt) sänke erheblich.