BGH VIII ZR 104/17
Dreijährige Sperrfrist für Eigenbedarfs- bzw. Verwertungskündigung bei Erwerb von vermietetem Wohnraum durch eine GbR

17.04.2018

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
21.03.2018
VIII ZR 104/17
Pressemitteilung des BGH v. 21.03.2018 - Nr. 60/2018

Leitsatz | BGH VIII ZR 104/17

Erwirbt eine Personengesellschaft vermieteten Wohnraum, kann sie frühestens nach dem Ablauf der Sperrfrist aus § 577a Abs. 1 BGB i.V.m. § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB wegen Eigenbedarfs bzw. Verwertung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BGB kündigen. Nicht erforderlich ist, dass die Absicht besteht, Wohnungseigentum zu begründen.

Sachverhalt | BGH VIII ZR 104/17

Die Klägerin ist eine aus drei Personen bestehende GbR. Diese erwarb im Januar 2015 eine vermietete Wohnung in Frankfurt a. M., die die beklagten Eheleute mit ihrer Tochter bewohnen. Im Mai 2015 kündigte die GbR wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter. Der Beklagte zu 1 (der Ehemann) widersprach der Kündigung. Die GbR klagte daraufhin auf Räumung und Herausgabe.

Entscheidung | BGH VIII ZR 104/17

Die in allen Instanzen bereits erfolglose Klage wies auch der BGH wegen Unwirksamkeit der Kündigung zurück.

Die GbR könne zwar grundsätzlich wegen Eigenbedarfs gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kündigen (so der Senat im Urteil v. 14.12.2016 – VIII ZR 232/15), allerdings müsse die dreijährige Sperrfrist des § 577a Abs. 1 BGB i.V.m. § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB eingehalten werden. Die einzigen Voraussetzungen seien, dass eine Personengesellschaft vermieteten Wohnraum erwirbt. Darüber hinaus sei nicht erforderlich, dass Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll. Der Gesetzgeber hatte mit der Einführung des § 577a Abs. 1a BGB insbesondere den Zweck verfolgt, die Umwandlung von Mietwohnungen nach dem sog. „Münchener Modell“ und die Umgehung des § 577a Abs. 1 BGB zu verhindern. Dies sei jedoch nicht der alleinige Zweck. Der Schutz der Mieter sollte allgemein erhöht werden, so dass auch andere Umgehungstatbestände erfasst werden sollten. Beim Erwerb durch Personengesellschaften oder durch mehrere Erwerber sei das Verdrängungsrisiko für den Mieter hoch.

Der § 577a Abs. 1a BGB verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Zum einen kollidieren hier die Eigentumsgarantien der Parteien, denn auch das abgeleitete Besitzrecht der beklagten Mieter sei durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Deshalb sei der Eingriff in das Eigentum der GbR gerechtfertigt. Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG sei auch nicht dadurch verletzt, dass der Erwerb durch eine Einzelperson nicht die Sperrfrist auslöse. Beim Erwerb durch eine Personengesellschaft oder mehrere Erwerber sei die Gefahr für den Mieter, wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden, potenziell höher als bei einem einzelnen Erwerber.

Praxishinweis | BGH VIII ZR 104/17

Nachdem der BGH der GbR das Recht zur Eigenbedarfskündigung zugestand und damit die Rechte der Vermieter stärkte, schränkt er dies mit der vorliegenden Entscheidung wieder ein. Auch der Erwerb über eine GbR ist nicht geeignet, die Kündigungsbeschränkung im Falle des Eigenbedarfs zu umgehen.